Corporate Finance Award:Die Preisträger

Fielmann erschließt weltgrößten Optikermarkt

Nach der Übernahme im vorigen Sommer weist die neue US-Tochter SVS Vision in den ersten Monaten dieses Jahres das stärkste Wachstum im Fielmann-Konzern vor. Deutschlands größte Optikerkette kann sich Wachstum im weltgrößten Optikermarkt auch durch weitere Zukäufe vorstellen.

Fielmann erschließt weltgrößten Optikermarkt

Corporate Finance Award: Die Preisträger (1)

Fielmann erschließt weltgrößten Optikermarkt

Hamburger Familienunternehmen setzt nach Einstieg in das US-Geschäft auf Kundenphilosophie und Online-Plattform – Neue Tochter mit größtem Wachstum

Von Carsten Steevens, Hamburg

Erstmals in der 52-jährigen Firmengeschichte hat Fielmann im vergangenen Sommer mit der Übernahme zweier amerikanischer Unternehmen einen außereuropäischen Markt betreten. Der Schritt folgt der 2019 vorgestellten Strategie „Vision 2025“, mit der der Optikerkonzern neben der Digitalisierung und dem Ausbau der Omnichannel-Plattform eine Expansion in neue Märkte anstrebt. In den vergangenen Jahren expandierten die Hamburger bereits mit der Übernahme des nationalen Marktführers Optika Clarus nach Slowenien (2019). Ende 2020 wurde mit dem Erwerb der damals drittgrößten spanischen Optikerkette Óptica & Audiología Universitaria der 15. europäische Markt erschlossen. Verbunden mit dem mittelfristigen Ziel der Marktführerschaft in Spanien, baute Fielmann die Präsenz durch die zwei Jahre später verkündete Akquisition der im Baskenland führenden Medical Óptica Audición aus.

Mit der forcierten Internationalisierung verbreitert die größte deutsche Optikerkette ihre Umsatzbasis: So hat sich der Auslandsanteil an den Konzernerlösen, die im vergangenen Geschäftsjahr vorläufigen Zahlen zufolge um 12% auf knapp 2 Mrd. Euro stiegen, von 21% im Jahr 2019 auf inzwischen 35% erhöht. Durch die Übernahme des US-Augenoptiker SVS Vision sowie des kanadischen Unternehmens Eyevious Style, das mit der Plattform Befitting den Online-Brillenkauf erleichtert, ist Fielmann künftig im weltgrößten Augenoptikmarkt präsent. Hier winken weitere Möglichkeiten zur Ertragsdiversifizierung, zumal mit 82 Geschäften in neun US-Bundesstaaten erst einmal der Grundstein für das US-Geschäft gelegt sein soll. Fielmann spricht vom ersten Schritt eines langfristigen Plans für mehr Kundenorientierung im weltgrößten Markt. Für die Transaktion erhält das Familienunternehmen den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung in der Kategorie M&A Mid & Small Caps.

Zehnmal so groß

Die Internationalisierung mache das Unternehmen zukunftssicher, sagt Finanzchef Steffen Bätjer. „Wir sind weniger abhängig von einzelnen Märkten, sondern können strategische Investitionen und Zentralfunktionen auf breitere Schultern verteilen und schwankende Konsumstimmungen abfedern.“ Zugleich verweist er auf großes wirtschaftliches Potenzial. Gemessen an der Einwohnerzahl Deutschlands sei der US-Markt viermal, mit Blick auf den Branchenumsatz hingegen mehr als zehnmal so groß wie der Heimatmarkt von Fielmann. In Deutschland betrieb das Unternehmen zum 30. September 615 von insgesamt 1.075 Niederlassungen.

Zugleich gilt der augenoptische Markt in den USA als weniger konsolidiert verglichen mit dem europäischen. Der Umsatzmarktanteil großer Optikerketten in den USA wird mit knapp 24% angegeben. „Das ist in Deutschland in etwa der Marktanteil von Fielmann allein“, ordnet Bätjer ein. Zugleich liege der Online-Brillenabsatz in den USA mit 14% deutlich über dem 2%-Anteil in Deutschland. „Deshalb ist der Markt für unser Omnichannel-Geschäftsmodell sehr interessant“, erklärt der Fielmann-CFO weiter.

Mehr Preiswürdigkeit

Das Unternehmen, dessen Anfänge auf die Eröffnung eines ersten Geschäfts in Cuxhaven durch den im Januar dieses Jahres verstorbenen langjährigen Firmenchef Günther Fielmann im September 1972 zurückgehen, rechnet sich mit seiner kundenorientierten Philosophie gute Wachstumschancen in den USA aus. Die USA seien ein Markt mit vielen unerfüllten Kundenwünschen, erläutert Bätjer. So müssten Kunden sehr lange auf einen Sehtest warten. Zugleich sei es in dem stark von Versicherungen geprägten US-Markt sehr komplex für Kunden zu verstehen, welchen Preis sie für eine Brille bezahlen müssten. „Hier wollen wir für mehr Transparenz und Preiswürdigkeit sorgen.“

Der Konzern baut hier auch auf die Marktexpertise von Lukas Rücker, der das US-Geschäft der Hamburger führt. Rücker war vor seinem Wechsel zu Fielmann mehr als ein Jahrzehnt für den Brillenhersteller Luxottica tätig. Unter seiner Führung habe sich Eyemed Vision Care zur am schnellsten wachsenden Augenversicherung entwickelt.

Andere Kundenerwartungen

Arrangieren muss sich Fielmann auch mit anderen Kundenerwartungen als im Heimatmarkt. „Während die Augenoptiker hierzulande bei ihren Kunden eine gute Reputation genießen, herrscht in den USA eine relativ große Unzufriedenheit mit der Branche“, erläutert Finanzchef Bätjer. Die Hamburger setzen darauf, dass sie mit ihrer Kundenphilosophie und der Integration des von der Plattform Befitting entwickelten Versicherungsangebots Kunden in den USA Mehrwert bieten können. Damit könne man Kunden den bestmöglichen Service, eine sehr gute Beratung und eine hohe Produktqualität bieten. Als Beleg führt der Fielmann-CFO den jüngsten Geschäftsverlauf an: „Unser US-Tochterunternehmen ist in den ersten zwei Monaten des Jahres bereits zweistellig im Vergleich zum Vorjahr gewachsen und hat damit die größte Wachstumsrate innerhalb der Fielmann-Gruppe.“

Zugleich weiß Bätjer, dass an der Profitabilität des US-Geschäfts gearbeitet werden muss. Zurzeit sei die operative Rendite niedriger als in Deutschland. In den kommenden zwei Jahren will Fielmann das US-Geschäft bei der Ebitda-Marge auf das mit der „Vision 2025“ verbundene Zielniveau von 25% bringen. „Das erreichen wir durch eine höhere Frequenz in den Niederlassungen, unser jahrzehntelanges Know-how in der Prozessoptimierung und unsere kundenorientierte Philosophie, die uns groß gemacht hat“, zeigt sich der Finanzvorstand optimistisch.

Einzigartige Plattform

Die Zuversicht verknüpft Bätjer auch mit dem Hinweis, dass Fielmann in den USA ein erfolgreiches Managementteam aufgebaut und in den vergangenen Monaten wertvolle Erfahrungen im US-Markt gesammelt habe. Mit dem Fortschritt der Integration von SVS Vision und der Plattform Befitting sei man sehr zufrieden. Ziel sei es, eine einzigartige, kundenfreundliche Ominichannel-Plattform zu schaffen – die Investitionen dafür will Fielmann zum größten Teil aus den USA heraus stemmen.

Zum Kaufpreis für SVS Vision wollen sich die Hamburger weiterhin nicht öffentlich äußern. Das sei so mit den Verkäufern des langjährig inhabergeführten Unternehmens vereinbart worden, sagt Bätjer. Die Transaktion hat Fielmann den Angaben zufolge aus dem operativen Cashflow beglichen. Man habe nur für einen kurzen Zeitraum einen Überbrückungskredit in Anspruch nehmen müssen, fügt der CFO hinzu. Der größte internationale Expansionsschritt in der Geschichte des SDax-Unternehmens war der Erwerb des im US-Bundesstaat Michigan ansässigen Unternehmens SVS Vision, das ab September 2023 mit rund 30 Mill. Euro zum letztjährigen Konzernumsatz beitrug, sowie von Befitting indes nicht. Hier verweist Bätjer auf die Zukäufe in Spanien in den vergangenen Jahren.

Weitere Zukäufe möglich

Wie sich Fielmann nach dem Einstieg in den US-Markt das weitere Wachstum konkret vorstellt, sagt der CFO nicht. Man schaue sich nun Möglichkeiten an, das US-Geschäft weiterzuentwickeln. Weitere Übernahmen seien denkbar. Zusätzliche Wachstumschancen sieht der Konzern, der seinen Ausblick für das laufende Geschäftsjahr im Rahmen des Jahresberichts 2023 am 30. April veröffentlichen will, derzeit neben den USA in Osteuropa und Spanien.

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