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Finanzinvestor CVC greift nach Toshiba

Toshiba ist ins Visier eines europäischen Finanzinvestors geraten. Der traditionsreiche japanische Technologiekonzern bestätigt ein Übernahmeangebot der Beteiligungsfirma CVC Capital Partners.

Finanzinvestor CVC greift nach Toshiba

mf Tokio

In der 145 Jahre langen Geschichte von Toshiba beginnt womöglich ein neues Kapitel: Der Vorstand der traditionsreichen Industriegruppe hat am Mittwoch über ein Angebot des britischen Finanzinvestors CVC Capital Partners für eine Übernahme und ein Delisting von der Börse beraten.

Man werde das Angebot prüfen, erklärte Konzernchef Nobuaki Kurumatani. Das Ergebnis der Sitzung wurde nicht bekannt. An der Tokioter Börse sprangen die Titel mit dem Tageslimit um 18% auf ein Vierjahreshoch. Ein CVC-Vertreter in Japan bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Kyodo ein Angebot von 2 Bill. Yen (15,4 Mrd. Euro). Die Finanzzeitung „Nikkei“ hatte zuvor von einem Kaufpreis bis zu 2,3 Bill. Yen (17,7 Mrd. Euro) berichtet.

Konsortium möglich

Dafür könnte CVC ein Konsortium aus mehreren Investoren bilden. Es wäre die größte Übernahme eines japanischen Unternehmens durch einen Käufer aus dem Ausland, der weltweit größte Private-Equity-Deal seit 2013 – die Thyssenkrupp-Aufzüge kosteten das Advent-Konsortium im Jahr 2020 rund 17 Mrd. Euro – und die größte Transaktion von CVC.

Bevor die Offerte an die Anleger geht, müsste jedoch das japanische Finanzministerium zustimmen. To­shiba spielt eine führende Rolle in Japans Nuklear- und Elektronikindustrie und fällt damit unter ein neues Gesetz zur nationalen Sicherheit, das ausländische Investitionen in strategisch wichtige Wirtschaftsbereiche reguliert. Das Gesetz richtet sich allerdings hauptsächlich gegen China. Außerdem befindet sich die Mehrheit der Anteile bereits in ausländischer Hand, nachdem Toshiba Ende 2017 für 600 Mrd. Yen neue Aktien an ausländische Investoren ausgeben musste. Der Konzern war durch einen Bilanzskandal und die Insolvenz der US-Atomtochter Wes­tinghouse in eine solche finanzielle Schieflage geraten, dass ein zwangsweiser Abgang von der Börse drohte.

Kritik auf Hauptversammlung

Das Übernahmeangebot von CVC erfolgt nur knapp drei Wochen nach einer außerordentlichen Hauptversammlung. Auf Antrag des größten Anteilseigners Effissimo Capital Management aus Singapur mit 9,9% der Anteile beschlossen die Aktionäre eine Untersuchung, ob bei der Wiederwahl von Präsident Kurumatani im Juli 2020 alles rechtens war. Der 63-Jährige steht wegen seines wenig aktionärsfreundlichen Kurses in der Kritik.

Daher sehen einige Beobachter CVC als „weißen Ritter“ für Kurumatani, der um seine neuerliche Wiederwahl bei der Hauptversammlung im Juli bangen muss. Eine Übernahme würde ihn von seinen lästigen Kritikern befreien. Für diese Annahme spricht, dass der Manager vor seinem Wechsel zu Toshiba im April 2018 die japanische CVC-Tochter leitete. Zudem berät Yoshiaki Fujimori, ein unabhängiges Mitglied im Verwaltungsrat von Toshiba, den Japan-Ableger der Briten.

Genügend Finanzkraft

Die Beteiligungsgesellschaft mit Steuersitz in Luxemburg verwaltet ein Vermögen von knapp 118 Mrd. Dollar. Im Vorjahr sammelte CVC 21 Mrd. Euro für Deals in Europa ein und legte einen Asienfonds von 4,3 Mrd. Dollar auf. Im Februar erwarb der Finanzinvestor für 160 Mrd. Yen (1,2 Mrd. Euro) die Sparte für Körperpflege des Kosmetikkonzerns Shiseido.

Das Interesse von CVC an Toshiba könnte mit dem Börsengang der Chipsparte Kioxia in den nächsten Monaten zusammenhängen. Ihr Marktwert wird auf über 36 Mrd. Dollar geschätzt. Trotz Ausgliederung und Teilverkauf gehört Toshiba noch knapp die Hälfte von Kioxia.