Finanzinvestor TPG erwirbt Aareal-Bank-IT-Tochter Aareon für 3,9 Mrd. Euro
Finanzinvestor TPG erwirbt IT-Firma Aareon
Texaner zahlen 3,9 Mrd. Euro an Aareal Bank und Advent – Private-Equity-Firma verleitete Müntefering zum Heuschreckenvergleich wegen Grohe-Deal
In Deutschland ist TPG seit der Übernahme des Armaturenherstellers Grohe durch den Heuschrecken-Vergleich des SPD-Politikers Franz Müntefering berüchtigt. Jetzt legen sich die Amerikaner erstmals seit längerer Zeit ein deutsches Unternehmen zu. Sie erwerben die Aareal-Bank-IT-Tochter Aareon für 3,9 Mrd. Euro.
cru Frankfurt
Der texanische Finanzinvestor TPG Capital hat den Zuschlag für den Kauf der Mehrheit der Anteile an der Aareal-Bank-Immobilien-IT-Tochter Aareon erhalten und macht damit den ersten großen Deal in Deutschland seit dem berüchtigten „Heuschrecken“-Streit mit dem SPD-Politiker Franz Müntefering. Aareon wird bei der Übernahme mit 3,9 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet, wie die Unternehmen mitteilten. Damit handelt es sich um den zweitgrößten M&A-Deal in Deutschland in diesem Jahr. TPG zieht die Transaktion gemeinsam mit dem kanadischen Pensionsfonds Caisse de dépôt et placement du Québec (CDPQ) durch.
Co-Investor aus Kanada
CDPQ wird neben TPG als Co-Investor eine Minderheitsbeteiligung an der Aareon erwerben. Die Private-Equity-Firma Advent wird ihre Beteiligung an Aareon fortsetzen und neues Eigenkapital für einen Minderheitsanteil an dem eigenständigen Unternehmen investieren. Als juristischer Berater der Aareal Bank in allen Corporate/M&A- und Governance-Angelegenheiten agierte die Kanzlei CMS Hasche Sigle.
Die in Mainz ansässige Aareon stellt Software-as-a-Service(SaaS)-Lösungen für die Immobilienwirtschaft her, unter anderem für den Zahlungsverkehr, das Vertragswesen und das Facility Management. Aareon gehörte bisher zu 70% der Aareal Bank und zu 30% Advent. Die börsennotierte Aareal Bank wiederum wird von Advent, Centerbridge Partners und dem Canada Pension Plan Investment Board kontrolliert.
Der Deal hat den Wiesbadener Immobilienfinanzierer veranlasst, seine Gewinnprognose für dieses Jahr anzuheben. Bisher hat die Aareal Bank einen operativen Gewinn von 300 Mill. bis 350 Mill. Euro in Aussicht gestellt. Nähere Details zur Prognoseerhöhung will das Unternehmen bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen Anfang August nennen.
Der Eigenkapitalwert der Beteiligung der Aareal Bank an Aareon beläuft sich auf rund 2,1 Mrd. Euro. Der am Montag bekannt gegebene Verkauf wird der Aareal Bank nach Abschluss der Transaktion, der für die zweite Jahreshälfte erwartet wird, einen Veräußerungsgewinn von rund 2 Mrd. Euro bringen.
Die Bank wird transaktionsbedingte Kosten in Höhe von etwa 150 Mill. Euro verbuchen, den größten Teil davon im zweiten Quartal. Auch das Bankgeschäft der Aareal ohne Aareon sei „auf einem guten Weg“, das operative Gewinnziel von 250 Mill. bis 300 Mill. Euro in diesem Jahr zu erreichen, erklärte das Unternehmen. Die Bank allein erwirtschaftete im ersten Quartal 2024 ein Konzernbetriebsergebnis von rund 92 Mill. Euro und im Geschäftsjahr 2023 ein Betriebsergebnis von 221 Mill. Euro.
Aktienkurs steigt
Der Kurs der Aareal-Bank-Aktie, die zu weniger als 5% in Streubesitz ist, reagierte am Montag mit einem Plus von zeitweise 5% auf 36,70 Euro. Der Börsenwert der Bank hat sich damit seit März 2020 auf 2,2 Mrd. Euro verdoppelt. Advent hatte im Jahr 2020 einen Anteil von 30% an Aareon für 260 Mill. Euro in bar erworben. Die gesamte IT-Firma wurde damals mit einem Eigenkapitalwert von rund 860 Mill. Euro bewertet.
Der neue Aareon-Eigentümer TPG verwaltet 224 Mrd. Dollar für seine Investoren in verschiedenen alternativen Anlageklassen. In Deutschland war er zuletzt als Bieter für den rund 7 Mrd. Euro schweren Heizungsabrechnungskonzern Techem aus dem Portfolio der Schweizer Partners Group aufgetreten, aber der Deal liegt schon lange auf Eis. Ansonsten war TPG (ehemals Texas Pacific Group) in Deutschland lange Zeit berüchtigt. Vor allem die Übernahme des Armaturenherstellers Grohe aus dem nordrhein-westfälischen Hemer im Jahr 2004 durch TPG und andere hatte damals den SPD-Chef Franz Müntefering zu seinem berühmt-berüchtigten Heuschrecken-Vergleich provoziert. Er verglich das Agieren mancher „anonymer Investoren“ mit Heuschreckenplagen.