Fluggesellschaften 2025 trotz Lieferengpässen vor neuem Rekordjahr
Luftfahrtbranche
Fluggesellschaften trotz Lieferengpässen vor neuem Rekordjahr
2025 erstmals mehr als 5 Milliarden Passagiere erwartet – Umsatz dürfte 1-Bill.-Dollar-Marke übertreffen
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Von Gesche Wüpper, Genf
Trotz geopolitischer Risiken, der drohenden Zunahme von Handelskonflikten und anhaltender Probleme in den Lieferketten startet die Airline-Industrie zuversichtlich in das neue Jahr. Ende 2024 sei die Nachfrage nicht nur stark, sondern habe auch ein neues Allzeithoch erreicht, erklärt der Branchenverband International Air Transport Association (Iata). „Wir erwarten, dass der Passagierverkehr 2025 weiter wachsen wird, wenn auch etwas weniger schnell.“ Alle Regionen dürften das Vor-Corona-Niveau übertreffen. Außerdem feiere das Luftfrachtgeschäft nach einer kurzen Durststrecke ein Comeback, erklärte Chefökonomin Marie Owens Thomsen.
Die Zahl der Passagiere dürfte 2025 mit 5,2 Milliarden erstmals in der Geschichte der Luftfahrt die 5-Milliarden-Grenze überspringen. Bereits dieses Jahr wird sie laut den Prognosen des Verbandes, der 340 Fluggesellschaften weltweit vertritt, mit 4,96 Milliarden deutlich über dem Rekordwert des Vorkrisenjahres 2019 liegen.
Auch der Umsatz dürfte im kommenden Jahr eine symbolische Schwelle überschreiten und nach 965 Mrd. Dollar 2024 mit 1,01 Bill. Dollar einen neuen Rekordwert erreichen.
Kosten steigen trotz gesunkener Kerosinpreise
Während die Iata ihre Umsatzprognose für 2024 im Vergleich zu Juni leicht gesenkt hat, hebt sie ihre Prognose für den Nettogewinn für das laufende Jahr inzwischen von 30,5 Mrd. Dollar auf 31,5 Mrd. Dollar an. Im nächsten Jahr dürften Fluggesellschaften dann weltweit unter dem Strich 36,6 Mrd. Dollar verdienen, erwartet Chefökonomin Owens Thomsen. Das operative Ergebnis und die Marge dürften sich im Vergleich zu 2024 ebenfalls verbessern, genau wie der Gewinn pro Passagier, der mit durchschnittlich 7 Dollar aber niedriger ausfallen werde als 2023, als er auf 7,9 Dollar gestiegen war.
Neben der starken Nachfrage profitieren Airlines von niedrigeren Ölpreisen, da parallel auch die Kerosinpreise fallen. Dennoch haben sie mit steigenden Kosten zu kämpfen. Schuld daran sind nicht nur höhere Löhne, sondern auch längere Routen, da Lufträume aufgrund von Konflikten gesperrt sind, und vor allem die Auswirkungen der Lieferprobleme der Flugzeugbauer und Zulieferer. „Airlines sind gezwungen, Flugzeuge in ihrer Flotte zu behalten, die sie eigentlich nicht mehr fliegen wollen“, sagt Iata-Chef Willie Walsh.
Iata kritisiert Lieferprobleme der Flugzeugbauer
Entsprechend hat sich das Durchschnittsalter der weltweiten Flugzeugflotte von 13,6 Jahren im Zeitraum 1990 bis 2024 inzwischen auf 14,8 Jahre erhöht. Die Zahl der Flugzeugauslieferungen dürfte in diesem Jahr laut Iata auf 1.254 einbrechen und damit 30% niedriger ausfallen als zunächst vorhergesagt. 2025 dürfte sie wieder auf 1.802 steigen, doch es sei wahrscheinlich, dass diese Prognose gesenkt werden müsse, erklärte der Verband. „Die Situation ist inakzeptabel", sagt Verbands-Chef Walsh. Die Branche sei lange genug geduldig gewesen, werde jetzt aber mehr Druck machen. Auch die Leistung der Triebwerke sei inzwischen niedrig, so dass diese häufiger gewartet werden müssten, beklagt er.
Trotz der Lieferprobleme hat Air India Airbus gerade einen neuen Rekordauftrag beschert und 100 zusätzliche Flugzeuge bestellt. Die indische Fluggesellschaft hatte bereits im letzten Jahr 250 Jets bei Airbus und 220 bei Boeing geordert. Die Bestellungen von Air India zeigen, dass sich Indien zu einem der größten Wachstumsträger der Luftfahrtindustrie entwickeln dürfte. Die Asien-Pazifik-Region sei derzeit von den Wachstumsraten her führend, sagt Chefökonomin Owens Thomsen. Die Zahl der Passagiere dort dürfte nächstes Jahr um 9,1% zulegen. Mit einem erwarteten Nettoergebnis von 3,2 Mrd. Dollar machen die Fluggesellschaften dort jedoch nicht den meisten Gewinn.
Profitieren vom gesperrten Luftraum
Mit 11,8 Mrd. Dollar dürften nordamerikanische Airlines 2025 erneut die höchsten Nettoergebnisse einfliegen, gefolgt von europäischen Fluggesellschaften mit 10 Mrd. Dollar und Airlines aus dem Nahen Osten mit 5,3 Mrd. Dollar. Der Nahe Osten profitiere auch davon, dass der russische Luftraum für westliche Fluggesellschaften gesperrt ist, meint Walsh.