Luftfahrtmesse

Flugtaxen stehlen in Le Bourget traditionellen Jets die Schau

Nach Konzepten und Modellen stehen bei eVTOL-Startups jetzt Prototypen und Testflüge auf dem Programm. Parallel heben auch die Vorbestellungen für Flugtaxen ab. Als erstes an den Start gehen dürfte Volocopter.

Flugtaxen stehlen in Le Bourget traditionellen Jets die Schau

Flugtaxen stehlen in Paris traditionellen Jets die Schau

Luftfahrtindustrie

Aufträge für Start-ups heben auf weltweit größtem Branchentreffen ab − Spezielle Ausstellungsfläche für eVTOLs

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Von Gesche Wüpper, Le Bourget

Sie sind die neuen Stars der Luftfahrtmesse von Le Bourget: eVTOLs (Electric Vertical Takeoff and Landing Aircrafts), umgangssprachlich oft als Flugtaxen bezeichnet. Das weltweit größte Branchentreffen, das noch bis Sonntag vor den Toren von Paris stattfindet, hat ihnen sogar eine eigene, “Air Mobility” genannte Ausstellungsfläche gewidmet, auf der die Modelle von Archer Aviation, Autoflight, City Airbus, EHang, Eve Air Mobility, Lilium und Volocopter zu sehen sind. Ein Bruchteil von weltweit rund 200 Projekten, dennoch ist es die größte Flugtaxi-Ausstellung der Welt.

Die eVTOLs hätten vor ein paar Monaten eine neue Phase erreicht, meint Jean-Baptiste Nau von Archery Strategy Consulting. Nach Konzepten und Modellen stehen bei ihnen jetzt Prototypen und Testflüge auf dem Programm. Parallel dazu heben auch die Aufträge ab, so dass die jungen Nachwuchsunternehmen in Le Bourget in den ersten Tagen zahlreiche Bestellungen und Kaufabsichtserklärungen einfliegen konnten.

Kaufinteressenten fühlen vor

Eve Air Mobility, ein Spin-off des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer, sammelte Kaufabsichtserklärungen von der Leasinggesellschaft Nordic Aviation Capital aus Irland, Voar Aviation aus Brasilien und Widerøe Zero aus Norwegen für zusammen 150 Maschinen ein. Ihr liegen damit insgesamt 2.770 Kaufabsichtserklärungen und Aufträge für ihr eVTOL vor, das 2026 zertifiziert und in Dienst gestellt werden soll.

Ascendance Flight Technologies aus Frankreich wiederum verbuchte Kaufabsichtserklärungen für 110 Exemplare ihres eVTOL Atea, so dass sich der noch zu bestätigende Auftragsbestand auf 505 erhöhte, obwohl die ersten Testflüge erst im nächsten Jahr stattfinden sollen.

Archer Aviation aus Kalifornien wiederum liegen bereits Vorbestellungen von United Airlines für 200 Exemplare ihres Viersitzers Midnight vor. Die amerikanische Fluggesellschaft, die in diesem Jahr auch 15 Mill. Dollar in Eve Air investiert hat, will damit ab 2025 Verbindungen vom O’Hare-Flughafen in Chicago zum Vertiport Chicago anbieten.

Stellantis investiert in Archer

Zu den Investoren von Archer gehört seit Beginn des Jahres der Automobilkonzern Stellantis, der sie mit 150 Mill. Dollar unterstützt. Das Modell von Archer mache im Mobilitätsportfolio von Stellantis Sinn, sagt Konzernchef Carlos Tavares. Die Beteiligung an dem Start-up sei auch eine gute Möglichkeit, einen Mobilitätstrend zu fördern, der Bewegungsfreiheit gewährleiste.

Noch vor Archer an den Start gehen will Volocopter. Das Start-up hat auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget jetzt die drei Routen vorgestellt, die es in Paris mit fünf Exemplaren seines Zweisitzers Volocity zu den Olympischen Spielen im nächsten Jahr anbieten will. Er soll Passagiere dann von Saint-Cyr in der Nähe von Versailles zum Heliport im Süden von Paris und von dort zum Urban Vertiport beim Gare Austerlitz bringen sowie vom Flughafen Charles de Gaulle-Roissy zum Flughafen Le Bourget.

Der Volocity ist das einzige eVTOL, das an den Flugvorführungen auf der Paris Air Show teilnimmt. Es wird künftig auch beim ADAC zum Einsatz kommen, denn Volocopter hat in Le Bourget gerade eine Kooperation mit dem ADAC vereinbart. Er hat zwei Exemplare des Volocity bestellt, um damit ab Ende 2024 einen Notarzt als Ergänzung zu den Rettungshubschraubern schnell zu Einsatzorten bringen zu können. Zusätzlich dazu hat der ADAC auf der Messe eine Absichtserklärung für 150 Volocopter für zukünftige Rettungsmissionen unterzeichnet.

Das Start-up aus Bruchsal, dessen C-Series-Finanzierungsrunde noch läuft, hat bereits weitere Projekte in Planung. So will es mit dem Volocity ab 2024 auch Verbindungen in Rom, Singapur und Saudi-Arabien anbieten. 2025 soll Osaka in Japan folgen, wenn dort die Weltausstellung stattfindet.

Doch zuvor benötigt Volocopter das Aircraft Operator Certificate. “Wir erwarten, dass wir es im September bekommen”, sagt Volocopter-Chef Dirk Hoke. “Wir haben gerade die Gesellschaft gegründet, die die Flüge betreiben wird, Volocopter Airservices”, erläutert Finanzvorstand und Chief Commercial Officer Christian Bauer.

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