Flut am Schuldscheinmarkt

Mit 9 Mrd. Euro bisher stärkstes Quartal - Börsennotierte Unternehmen am Ball

Flut am Schuldscheinmarkt

Nach einem schon starken Jahr 2015 wurde von Januar bis März 2016 das höchste Schuldscheinvolumen in einem Quartal überhaupt begeben. “Kein Ende der Erfolgsstory Corporate Schuldscheindarlehen erkennbar”, sagen die Experten der BayernLB.Von Walther Becker, Frankfurt”German Schuldschein is back in fashion: Moving along the Silk Road to China”, meint Michael Lamla, Leiter Corporate Banking der Agricultural Bank of China. Er traut diesem traditionell deutschen Finanzierungsinstrument große Chancen als flexible Alternative in China zu, um Laufzeiten von Verbindlichkeiten mit korrespondierenden Assets zu “matchen”. Ist dies noch Zukunftsmusik, so boomt der Markt hierzulande. Die Begebung von Schuldscheinen kletterte im ersten Quartal 2016 laut den Experten von Capmarcon um fast 60 % auf 9,1 Mrd. Euro. Nach dem starken abgelaufenen Turnus wurde von Januar bis März dieses Jahres das bisher höchste Volumen in einem Quartal überhaupt begeben. Die in dem Markt sehr aktive BayernLB rechnet für das Gesamtjahr mit 16 Mrd. bis 18 Mrd. Euro nach 19,3 Mrd. Euro 2015. 75 Mrd. Euro stehen ausDie Zahl der Emissionen stieg von Januar bis Ende März von 28 auf 33. Das ausstehende Marktvolumen sei bis Ende März auf über 75 Mrd. Euro gewachsen. Die LBBW gilt als mit Abstand stärkster Arrangeur, gefolgt von BayernLB, Unicredit, Helaba und HSBC. In jüngerer Zeit sind auch BNP Paribas und ING rege in dem Segment.Emissionen mit Laufzeiten von fünf und sieben Jahren dominieren das Segment. Investoren suchen eine Kreditbeziehung und weniger ein klassisches Fixed-Income-Investment. Insofern ist auch der Sekundärmarkt illiquide.Auch wenn die Internationalisierung zunimmt, ist die Bedeutung deutscher Unternehmen im Emissionsgeschäft nach wie vor sehr hoch. Die Industrie ist die mit Abstand größte Emittentengruppe (vgl. Tabelle). “Es sind zahlreiche auch größere Transaktionen aktuell in der Vorbereitung”, weiß Hans-Werner Grunow von Capmarcon.Investment-Grade-Bonitäten zahlen ihm zufolge für sieben Jahre 0,9 % Zinsen, wobei die Konditionengestaltung flexibel sei und Risikoprämien sich an der individuellen Verfassung orientierten. Die Top-Deals nicht deutscher Emittenten waren 2015 Steinhoff aus Südafrika mit über 700 Mill. Euro, der französische Klinikbetreiber Orpea mit gut 300 Mill. Euro und der Schweizer Chemiekonzern Clariant.”Besonders fällt auf, dass Unternehmen, die früher bereits Schuldscheindarlehen genutzt haben, jetzt wieder auf dieses Finanzierungsinstrument zurückgreifen”, sagt Paul Kuhn, Leiter DCM Origination Corporates der BayernLB. Über die Emission mehrerer solcher Darlehen oder unterschiedlicher Tranchierungen verfügten Emittenten inzwischen über ausgewogene Fälligkeitsprofile ähnlich der Bond-Emittenten, sagt Kuhn. Schuldscheindarlehen gibt es ab 25 Mill. Euro, ein Rating ist nicht erforderlich, die Zinsen sind fest oder variabel. Die Laufzeiten liegen meist bei zwei bis sieben, aber auch bis zehn Jahren. Rückgezahlt wird in der Regel am Ende der Laufzeit, es sind aber auch Tilgungsstrukturen möglich. Die Dokumentation ist mit 15 bis 20 Seiten nach deutschem Recht sehr überschaubar, es werden keine dinglichen Sicherheiten gestellt. Der Schuldschein konkurriert mit Anleihe, syndiziertem Kredit und US-Privatplatzierung. Starke NachfrageDas positive Sentiment bewegt neben Mittelständlern zunehmend auch wieder Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen dazu, den Schuldschein zur Fremdfinanzierung zu nutzen. Mit dem Aufkommen sogenannter “Green Schuldscheine” hat auch Nordex aus dem TecDax dazu gegriffen. “Die nachfragebedingte Aufstockung des Emissionsvolumens ist an der Tagesordnung”, berichtet Kuhn aus der Praxis. So zielte K+S auf 300 Mill. Euro und verdoppelte dann. Aldi ging für die österreichische Tochter Hofer mit 500 Mill. Euro ins Rennen und besorgte sich mehr als das Dreifache dessen, heißt es im Markt.Sparkassen repräsentieren laut BayernLB mehr als ein Drittel der zeichnenden Investoren von Schuldscheinen. Dies sorge für eine soliden Sockel bei Ticketgrößen von im Schnitt je 2,7 Mill. Euro 2015.