SERIE: AUTOKONZERNE AUF DEM PRÜFSTAND (7) - IAA

Ford fährt im F150 zurück auf die Überholspur

Robustes Geschäft mit Pick-up Trucks beschert der Nummer 2 in den USA das kräftigste Wachstum im August - Aktienkurs schwächelt

Ford fährt im F150 zurück auf die Überholspur

Die Straßen von Peking bis Paris halten für die Autobauer derzeit Schlaglöcher und Konjunkturdellen bereit. Dank der regen US-Nachfrage für den Pick-up Truck F150 hat Ford die Unebenheiten jenseits der Heimat zuletzt aber locker abgefedert. Dass die operative Marge in den USA dabei prozentual klar zweistellig ausfällt, verdankt Ford auch dem gesunkenen Ölpreis. Schwere Geländewagen sind wieder en vogue. Und dies zunehmend auch bei der betuchteren Klientel.Von Sebastian Schmid, New YorkTraditionell gelten Pick-up Trucks mit ihren großzügigen offenen Ladeflächen in Nordamerika als preiswertes Auto für Selbständige – etwa Bauarbeiterbetriebe oder Landschaftsgärtner. Kein Fahrzeugmodell ist dabei in den vergangenen Jahrzehnten in den USA so beliebt gewesen wie der F150 von Ford. Die jüngste Generation, deren Produktionsbeginn sich wegen ihrer komplexen Bauweise lange verzögert hatte, ist ab einer Länge von 5,90 Metern zu haben und damit über einen Dreiviertelmeter länger als etwa die aus europäischer Sicht bereits riesigen SUV Mercedes-Benz GL oder Audi Q7.Ein Vergleich zwischen den Luxusgeländewagen und dem Arbeitstier F150 wäre noch vor kurzem absurd gewesen. Doch im aktuellen, vom niedrigen Ölpreis ausgelösten Geländewagen-Boom in den USA fühlt sich auch die betuchtere Klientel ohne beruflich bedingten Bedarf an großen Ladeflächen von den Pick-up Trucks zunehmend angesprochen. Fords F150 mag für einen Einstiegspreis von rund 26 000 Dollar zu haben sein. Im Schnitt wurden im zweiten Quartal aber je F150 satte 44 000 Dollar bezahlt – fast ein Zehntel mehr als in der Vorjahresperiode und nur 4 000 Dollar weniger als der Einstiegspreis für den Q7. In der Spitze gab es sogar einige Modelle, die dank zahlreicher Extras auf bis zu 70 000 Dollar kamen. Für diesen Betrag gäbe es nicht nur einen Q7 mit schon recht beachtlicher Ausstattung, sondern alternativ auch den teureren Mercedes-Benz GL, der ab knapp 65 000 Dollar zu haben ist – wenn auch nur in der Basisversion. Türöffner Light-Truck-BoomDabei tut sich Ford wie Wettbewerber General Motors seit Jahrzehnten schwer, im Oberklassesegment Fuß zu fassen. Der Light-Truck-Boom scheint hier aber eine Tür geöffnet zu haben. Der operative Gewinn kratzte in den Vereinigten Staaten trotz leicht rückläufiger Marge mit 2,6 Mrd. Dollar am Rekordwert. Auch unter dem Strich hat der Konzern aus Dearborn (Michigan) im zweiten Quartal mit 1,9 Mrd. Dollar so viel verdient wie zuletzt im Jahr 2000 – und dies trotz Dollarstärke und Nachfrageschwäche in vielen wichtigen Märkten.So läuft Chinas Konjunkturmotor schon längst nicht mehr rund. Ein Vorteil für Ford ist allerdings, dass das Unternehmen dort bislang weit weniger erfolgreich war als Konkurrenten wie Volkswagen oder General Motors. Gerade mal 4,7 % Marktanteil hatte Ford im Reich der Mitte im ersten Halbjahr 2015. Vergangenes Jahr war es sogar noch weniger (siehe Grafik). Finanzchef Bob Shanks, der China auch in den nächsten Jahren Wachstum zutraut, sieht die Underdog-Rolle auch als Chance. Ungünstiger ist für Ford indes die Entwicklung im wichtigsten südamerikanischen Markt Brasilien. Dort schrumpfte der Absatz im August bereits den achten Monat in Serie. Diesmal betrug das Minus zum Vorjahr fast ein Viertel. Und auch in Europa enttäuscht die Entwicklung seit Jahren. MarktanteilsgewinneDas negative internationale Umfeld hat Ford indes im Durchschnitt weniger stark betroffen als die meisten Wettbewerber. In Südamerika, wo die Pick-up Trucks ebenfalls sehr beliebt sind, wurde der Marktanteil im ersten Halbjahr um mehr als einen Prozentpunkt auf 9,8 % gesteigert. Auch in Europa sowie Nahost und Afrika holte Ford auf, während der Marktanteil in der Region Asien-Pazifik zumindest gehalten werden konnte. Lediglich in den USA gab es Rückschritte zu verkraften. Dies lag aber auch daran, dass die F150-Produktion zu Jahresbeginn noch nicht auf Normalniveau angekommen war. Seit das meistverkaufte Fahrzeugmodell der Vereinigten Staaten wieder in hohen Stückzahlen vom Band läuft, holt Ford auch in der Heimat wieder auf. Im August wuchs der Absatz konzernweit um 5,6 %, während der Gesamtmarkt um ein halbes Prozent nachgab. Ford glückte damit das kräftigste Wachstum aller Volumenanbieter in den USA.Neben dem F150 hatte der Autobauer im vergangenen Turnus 23 weitere neue Modelle angekündigt, so dass die Umrüstung der Produktionsanlagen die Kapazitäten über mehrere Quartale einschränkte. Künftig sollen Produktionsumstellungen schneller vorgenommen werden können. Ford hat im Rahmen der von Ex-Konzernchef Alan Mulally gestarteten “One Ford”-Strategie die Zahl der Modellplattformen von 27 um zwei Drittel auf neun reduziert. Damit hat der seit Juli 2014 amtierende CEO Mark Fields das Ziel von acht Plattformen fast erreicht. Die Konzentration auf weniger Plattformen hat laut Hau Thai-Tang, der für die globale Teilebeschaffung zuständig ist, bereits zu deutlichen Effizienzverbesserungen verholfen. US-Marge schrumpftUnter dem Strich ist davon noch wenig zu sehen. Zwar kletterte der Gewinn im zweiten Quartal um 44 %. Im US-Automobilgeschäft sank die Marge verglichen mit 2014 allerdings deutlich auf rund 11 %. Die Analysten von Credit Suisse empfehlen explizit, wegen der Kostenentwicklung GM gegenüber Ford in einem Umfeld schwachen Wachstums überzugewichten. Allerdings dürfte der Konzern die schlimmste Durststrecke bereits überwunden haben.Nachdem der Gewinn im vergangenen Jahr von 8,6 Mrd. auf 6,3 Mrd. Dollar eingebrochen war, wird für den laufenden Turnus bereits wieder ein Ergebnis zwischen 8,5 Mrd. und 9,5 Mrd. Dollar in Aussicht gestellt. Andere Analysten, darunter etwa Itay Michaeli von Citigroup, loben die Fortschritte von Ford. Ephraim Levy von S & P Capital IQ hat seine Kaufempfehlung auf “Strong Buy” hochgesetzt. Er rechnet damit, dass der Autobauer im kommenden Jahr für die Effizienzanstrengungen reichlich belohnt wird. Der Gewinn je Aktie werde 2016 um bis zu ein Fünftel anziehen, ist er überzeugt.Damit zählt er zu den größten Optimisten unter den Marktbeobachtern. Im Schnitt trauen diese Ford nur 13 % Wachstum zu. Noch überwiegt die Skepsis. Von 20 Marktbeobachtern empfehlen laut Thomson Reuters nur acht den Kauf der Aktie. Seit Jahresbeginn haben die Titel mit dem Börsenkürzel F gut 9 % an Wert eingebüßt – dreimal so viel wie der S & P 500. Eine gute Gelegenheit für den Konzern, auf der Internationalen Automesse IAA in Frankfurt etwas gegen die trübe Stimmung zu tun.—-Zuletzt erschienen:- General Motors, 4. September- Fiat Chrysler, 3. September