Abstriche an Umsatzprognose

Fortgesetzter Lagerabbau bremst Gerresheimer

Obwohl sich der Lagerabbau bei den Gerresheimer-Kunden im zweiten Quartal unvermindert fortgesetzt hat, bestätigt der Verpackungshersteller für die Pharmaindustrie die Ergebnisprognose. Hinsichtlich der Umsatzerwartung wird allerdings zurückgerudert.

Fortgesetzter Lagerabbau bremst Gerresheimer

Gerresheimer ausgebremst

Fortgesetzter Lagerabbau – Umsatzziel eingedampft – Ergebnisziel bestätigt

ab Köln

Mit einer angepassten Umsatzprognose und vagen Aussagen zum Stand des Lagerabbaus im Bereich der Spezialverpackungen aus Glas hat Gerresheimer die eigene Aktie am Donnerstag auf eine Berg-und-Tal-Fahrt geschickt. Feierten die Investoren zunächst die Bestätigung der Jahresprognose, versetzte die Aussage zur erwarteten Umsatzentwicklung – angestrebt wird nur noch der untere Rand des von 5 bis 10% reichenden Wachstumskorridors – dem MDax-Wert einen Dämpfer.

Wenngleich der Vorstand im Investorencall mit der Resilienz des Geschäftsmodells warb, die es ermögliche, Volatilitäten in einzelnen Teilsegmenten auszugleichen, wurde die ambitionierte Zielsetzung im operativen Ergebnis hinterfragt. Denn trotz des geringeren Umsatzes im Konzern als ursprünglich erwartet soll das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) im Zielkorridor von 430 bis 450 Mill. Euro landen. Für das erste Halbjahr weist der Hersteller von Spezialverpackungen für die Pharma- und Kosmetikindustrie 188,2 Mill. Euro aus.

Entsprechend gehen die Düsseldorfer davon aus, im zweiten Halbjahr beschleunigt zu wachsen. Das ist angesichts der dürftigen Zuwachsraten, die im zweiten Quartal realisiert wurden, auch nötig. Der Umsatz kam im Berichtsquartal, das im Mai endet, um lediglich 0,6% voran, das bereinigte operative Ergebnis um 0,1%. Damit fiel das Wachstum nochmals geringer aus als im Auftaktquartal.

Geschäft mit Kunststoffverpackungen brummt

Die Wachstumsdelle sei einzig auf Lagerbestandseffekte bei den Kunden zurückzuführen, sagte Vorstandschef Dietmar Siemssen. Im dritten Quartal werde das Ergebnis besser ausfallen als im Berichtsquartal, und im Schlussquartal soll es eine weitere Steigerung geben. Von den nachlaufenden Corona-Effekten war ausschließlich die Sparte Primary Packaging Glass (PPG) betroffen. Hier gab der Umsatz im Berichtsquartal um fast 7% auf 218 Mill. Euro nach, das Segment-Ebitda vor Sondereffekten verringerte sich um ein Fünftel auf 40 Mill. Euro. Entsprechend gab die operative Umsatzrendite auf 18,1 (i.V. 21,1)% nach.

Ein völlig anderes Bild zeigte sich im Segment der Kunststoffverpackungen (Plastics & Devices), zu dem vorgefüllte Spritzen, Inhalatoren und Pens gehören. Der Segmentumsatz stieg im zweiten Quartal um fast 7% auf 283 Mill. Euro, das bereinigte Ebitda wuchs gar um über 13% auf 79 Mill. Euro, so dass die Marge auf fast 28% ausgeweitet wurde.

Darin spiegele sich der veränderte Produktmix mit einem höheren Anteil speziell zugeschnittener Lösungen, heißt es. Allen voran geht es dabei um die Diätspritze mit dem Hormonwirkstoff GLP-1. Speziell für diese Präparate rechnet Siemssen nicht nur Quartal für Quartal, sondern auch Jahr für Jahr mit deutlichen Zuwächsen.

Das kleinste Segment Advanced Technologies schrieb operativ weiterhin rote Zahlen bei einem wenig veränderten Umsatz von 2 Mill. Euro. Hier entwickelt Gerresheimer Projekte für digitale Plattformen zur Therapieunterstützung.

Große Erwartung

Große Erwartungen hegt Gerresheimer mit Blick auf die im Mai angekündigte Akquisition des Wettbewerbers Bormioli Pharma. Die Transaktion, mit deren Abschluss im vierten Quartal gerechnet werde, soll sich vom ersten Tag an auszahlen. Der Kaufpreis basiert auf einer Unternehmensbewertung von 800 Mill. Euro. Der Kaufpreis werde fremdfinanziert. Bis Ende 2025 soll der Verschuldungsgrad aber wieder auf das Dreifache des Ebitda oder weniger gedrückt werden, sagte Finanzchef Bernd Metzner.

Der Lagerabbau bei den Kunden von Gerresheimer hat sich im zweiten Quartal unvermindert fortgesetzt. Daraus zieht der Verpackungshersteller für die Pharmaindustrie Konsequenzen und verschiebt die Umsatzprognose an den unteren Rand des Zielkorridors. An der Ergebnisprognose wird jedoch nicht gerüttelt.

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