Fraport-Aktionären winkt spätestens für 2026 eine Dividende
Im Interview: Matthias Zieschang
Für 2025 ist eine kleine Dividendenzahlung möglich
Fraport-CFO: Für 2026 Payout Ratio von 40 bis 60 Prozent des Nettoergebnisses avisiert − Stadt Frankfurt und Land Hessen „haben durchaus Interesse“
Fraport-CFO Matthias Zieschang hält eine Dividende für 2025 für nicht ausgeschlossen, 2026 soll zur regulären Ausschüttungspolitik zurückgekehrt werden. Vor allem die staatlichen Investoren, die Stadt Frankfurt und das Land Hessen, haben „durchaus Interesse an der Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen“ geäußert.
Herr Zieschang, Deutschland rutscht im weltweiten Luftverkehr immer weiter ab, welches wären die wichtigsten Maßnahmen, um gegenzusteuern? Die hohen Standortkosten sind laut einer DLR-Studie nicht das einzige Problem.
Wir haben im Luftverkehr die staatlich verursachten hohen Standortkosten, aber eben auch die originären Standortkosten, d.h. insbesondere das hohe Lohnniveau in Deutschland. Zu Ersterem gehört die Luftverkehrsteuer, aber auch die Luftsicherheitsgebühr und die Kosten für die Flugsicherung. Die staatlich verursachten Kosten für einen Abflug eines Airbus A320 betragen für eine mittlere Strecke bei 80% Auslastung rund 4.800 Euro, im europäischen Ausland sind es meist deutlich weniger. In Istanbul und Madrid zum Beispiel sind es nur etwa 500 bis 700 Euro. Bei innereuropäischen Strecken vergleichen sich somit pro Passagier ca. 30 Euro staatliche Kosten in Deutschland mit durchschnittlich 10 Euro in den anderen europäischen Ländern. Das hört sich zunächst nach wenig an, aber im Low-Cost-Verkehr macht das viel aus. Denn diese Airlines generieren einen beträchtlichen Teil der Nachfrage über den Preis, und da sind 20 Euro Differenz bei „Produktionskosten“ pro Passagier bzw. Sitzplatz von ca. 60 Euro bei einer Flugstrecke von 1.000 Kilometern viel. Das führt dazu, dass Low-Cost-Carrier einen großen Teil ihrer Flugzeuge schnell aus einem Hochkostenstandort in andere Länder mit niedrigeren Standortkosten verlagern. Das haben wir in Deutschland gesehen, wo die Low-Cost-Airlines ihr Angebot stark ausgedünnt haben.
Im Jahr 2024 lag in Deutschland das Passagierniveau 17% unter den Werten von 2019, während in Europa insgesamt die Passagiermengen schon wieder leicht über dem Niveau von 2019 lagen.
Das ist aber doch gut für die verbleibenden Airlines.
Aber nicht für die Kunden. Denn wenn Low-Cost-Carrier den Markt verlassen, sorgt das für eine geringere Wettbewerbsintensität und dadurch für steigende Ticketpreise. Diese sind bereits hoch wegen der hohen staatlich bedingten Standortkosten und der hohen Lohnkosten und steigen durch die nachlassende Wettbewerbsintensität weiter. Das wirkt sich dann negativ auf die Nachfrage aus. Die Folge ist eine im Vergleich zum europäischen Ausland signifikant langsamere Erholung des Luftverkehrs in Deutschland. Zwischen Deutschland und dem Rest von Europa klafft eine Differenz von über 20 Prozentpunkten im Vergleich zur Ausgangssituation vor der Covid-Pandemie. Im Jahr 2024 lag in Deutschland das Passagierniveau 17% unter den Werten von 2019, während in Europa insgesamt die Passagiermengen schon wieder leicht über dem Niveau von 2019 lagen.
Das neue Terminal 3 wird im nächsten Jahr eröffnet. Das Terminal 2 schließt dann und wird saniert. Was bedeutet das für die Kapazität in Frankfurt?
Am T3 können wir ungefähr 10 Millionen Passagiere mehr abfertigen als im T2, durch diesen Tausch erhöht sich also die Kapazität über Nacht deutlich.
Ist ja die Frage, ob das der Flughafen tatsächlich braucht im Moment?
Bei T1 und T2 liegen wir bei einer maximalen Kapazität von knapp über 70 Millionen, und wir hatten 2024 nur 61 Mill. Passagiere, d.h. fast 10 Mill. weniger Passagiere gegenüber dem Jahr 2019 vor der Covid-Pandemie. Die deutliche Kapazitätserhöhung nach oben ist gut für das langfristige Wachstum. Ab 2026 kann ein stabiler Nachfrageanstieg ins neue T3 reinwachsen. Man füllt ja so ein Terminal nicht von Tag 1 an, dann hätte man falsch geplant.
Wie lange dauert es, bis Terminal 2 wieder in Betrieb gehen kann?
Da haben wir glücklicherweise mal einen gewissen Freiheitsgrad, die zeitliche Dauer der Kernsanierung zu beeinflussen. Erstmalig werden wir nicht von zu knappen Kapazitäten getrieben. Die Bauarbeiten dauern nach Abschluss der umfassenden Planungsphase sicher zwischen 6 und 8 Jahre. Je höher die Wachstumsrate der Passagiere, desto schneller und damit kürzer steuern wir die Bauphase und umgekehrt.
Und mit welchem Investitionsvolumen planen Sie für die T2-Sanierung?
Das wird inklusive Planung über 1 Mrd. Euro liegen, gestreckt auf 8 bis 10 Jahre. Oberstes Gebot ist auch hier die Investitionsminimierung.
Selbst diese Investition eingerechnet, sinkt ja Ihr Investitionsbedarf deutlich, wenn das T3 nächstes Jahr fertig ist.
Genau. Wir haben jedes Jahr so eine Art investives Grundrauschen, vor allem für die Instandhaltung. Wenn man die Bauprojekte in Lima und Frankfurt rausnimmt, die endlich sind, liegen wir bei allen 30 Flughäfen im Portfolio immer so bei plus minus 500 Mill. Euro per annum. Und in dieses Grundrauschen fließt die T2-Sanierung ein und kann in den Jahren der Bauphase leicht über den 500 Mill. Euro liegen. Das ist kein Vergleich zu den über 4 Mrd. Euro für T3 und den rund 2 Mrd. Euro, die wir in Lima am Ende verbaut haben.
Für 2025 ist eine Dividendenzahlung nicht ausgeschlossen, wenn, dann dürfte sie aber unter 40% des Nettoergebnisses liegen.
Dann soll ja auch der freie Cashflow, der zuletzt negativ war, wieder positiv ausfallen und die Verschuldung sinken. Was bedeutet das für die Dividendenzahlungen, die seit der Pandemie ausgesetzt sind?
Ich denke, dass wir für das Geschäftsjahr 2026 wieder zu einer Payout Ratio von 40 bis 60% des Nettoergebnisses zurückkehren werden. Für 2025 ist eine Dividendenzahlung nicht ausgeschlossen, wenn, dann dürfte sie aber unter 40% des Nettoergebnisses liegen.
Voraussetzung dafür sei, so hieß es bisher, dass beim Verhältnis von Nettoverschuldung zu Ebitda 5 erreicht wird, wird das also spätestens 2026 der Fall sein?
Nein, dieses Verhältnis wird 2026 nicht erreicht. Wir werden uns allerdings jedes Jahr verbessern, aber wir werden nicht nächstes Jahr bei 5 sein.
Machen die Investoren Druck, dass wieder mal gezahlt wird?
Nein. Ein großer Teil unserer Investoren, die dem Free Float zugerechnet werden, sind institutionelle Investoren aus Australien und den USA. Alle wissen, dass Investitionen in Infrastrukturunternehmen langfristige Investments sind. Einem Teil ist die Dividende egal, da sie auf Wert- und Aktienkurssteigerungen setzen, aber ein Teil will alleine schon deshalb eine Dividende, weil sie das als Zeichen des Managements werten, dass man Vertrauen in die eigenen finanzwirtschaftlichen Ziele hat. Auch unsere staatlichen Investoren, die Stadt Frankfurt und das Land Hessen, haben durchaus Interesse an der Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen.
In unserem letzten CFO-Interview (2021) haben Sie für 2024 einen leicht positiven freien Cashflow vorausgesehen, warum hat das nicht geklappt?
Zum einen ist die Passagierentwicklung nicht so gelaufen, wie seinerzeit in der Branche erwartet wurde, über die Gründe haben wir gesprochen. Der zweite gewichtige Grund sind die Lohnkosten. In der Finanzplanung hatten wir in der Vergangenheit für den Standort Frankfurt pro Jahr immer im Schnitt knapp 3% Tarifsteigerungen inklusive Struktureffekt angenommen, und das hat über mehr als zehn Jahre fast immer gepasst. Dann kamen nach der Pandemie deutlich überproportionale Tarifsteigerungen, und das insbesondere in den unteren Tarifgruppierungen. Das heißt, wir mussten massive Personalkostensteigerungen stemmen, und das konnten wir nicht komplett auf der Preisseite weitergeben. Die tariflichen Steigerungen betrugen zuletzt rund 10% pro Jahr. Das bedeutet, jeweils rund 100 Mio. Euro mehr pro Jahr am Standort Frankfurt. Hinzu kamen Baupreissteigerungen, die in den letzten Jahren ebenfalls überproportional ausfielen und damit die Capex-Beträge erhöht haben.
Fraport ist mit einer Liquidität von 50% des Umsatzes in die Pandemie gegangen, ist das nach wie vor eine sinnvolle Größenordnung? 2021 haben Sie gesagt, „unter 2 Mrd. Euro werden wir nicht gehen“, da wäre ja noch viel Luft nach unten.
Wir haben während der Pandemie die Liquidität bis auf 5 Mrd. Euro hochgefahren und sind mittlerweile bei knapp 4 Mrd. Euro. Das wird weiter zurückgehen, aber ein bisschen langsamer als ursprünglich geplant. Grund ist die für uns positive Zinsstrukturkurve. Durch die Inversion der Zinsstrukturkurve hatten wir ein gutes Zinsergebnis aufgrund der relativ hohen Zinsen auf unsere Liquiditätsbestände. Wir werden diese aber perspektivisch auf bis zu 2 Mrd. Euro runterfahren. Das ist das Minimum, bei dem wir uns langfristig wohl fühlen.
Ist Fraport mit einem Ergebnisbeitrag von knapp 50% aus dem Auslandsgeschäft zufrieden oder soll das noch mehr werden?
Ein großer Teil der Ergebnisverbesserungen der vergangenen Zeit stammte aus dem Auslandsgeschäft. In den letzten 10 Jahren hat sich der jährliche Ebitda-Beitrag des internationalen Geschäfts um über 400 Mill. Euro verbessert. Hier werden wir durch relativ hohe Passagierwachstumsraten in unseren Beteiligungsflughäfen auch weiter organisch zulegen. Darüber hinaus kommen immer wieder zum Teil interessante Ausschreibungen auf den Markt, aber unsere Verschuldung ist eben so, dass sich diesbezüglich größere Investitionen verbieten. Das schließt kleinere Arrondierungen natürlich nicht aus.
Kann in Frankfurt so was passieren wie in Heathrow, wo der Brand in einem Umspannwerk Mitte März den Flughafen zum Stillstand brachte?
Theoretisch kann so was immer passieren, aber die Frage ist, wie wahrscheinlich es tatsächlich ist. Wir haben in Frankfurt ein Ringnetz, wir haben zwei Einspeiser – die Mainova und die Syna –, und wenn einer ausfallen sollte, greift eine weitestgehend automatische Umschaltung auf den anderen. Wir haben also volle Redundanz. Vor diesem Hintergrund haben wir eine sehr hohe Sicherheit. Bei uns gilt bei vielem, also etwa auch bei der IT, eine mindestens einfache Redundanz. Bei sehr sicherheitsrelevanten Dingen ist es sogar in der Regel eine doppelte Redundanz. Aber trotzdem gibt es niemals eine 100-prozentige Sicherheit.
Der Flughafen ist Teil der kritischen Infrastruktur. Beobachten Sie als Unternehmen in letzter Zeit mehr Cyberkriminalität?
Man wird jeden Tag attackiert. Und die Hochlaufkurve der Anzahl dieser Attacken ist steil. Das Bewusstsein der Gefahr ist bei den betroffenen Firmen vorhanden und es wird massiv dagegen aufgerüstet. Das sorgt natürlich für erhebliche Kosten. Wir haben dafür im IT-Bereich deutlich Personal aufgestockt. Diese Entwicklung beobachten wir im Übrigen nicht erst seit Beginn des Krieges in der Ukraine, das hat sich aber seitdem noch mal verstärkt.
Was könnte denn im schlimmsten Fall mit einem Flughafen passieren?
Ein Flughafen ist eine Prozesskette, und wenn jemand gezielt ein Kettenglied herausnimmt, sorgt das sofort für Betriebsbeeinträchtigungen.
Das Interview führte Lisa Schmelzer.
Das Interview führte Lisa Schmelzer.