Freie Fahrt für Uber, Lyft und Co

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 5.11.2020 Die Gig Economy kann weitergehen. Anbieter von Fahr- und Lieferdiensten haben sich durchgesetzt und werden von einem zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Gesetz ausgenommen, das sie...

Freie Fahrt für Uber, Lyft und Co

Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Gig Economy kann weitergehen. Anbieter von Fahr- und Lieferdiensten haben sich durchgesetzt und werden von einem zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Gesetz ausgenommen, das sie verpflichtet hätte, ihren Fahrern in Kalifornien eine Festanstellung zu bieten. Stattdessen sollen diese weiter freie Vertragspartner bleiben, deren Einkommen und Gesundheitsvorsorge maßgeblich an ihrem Beschäftigungsgrad hängt. Denn die Bürger des Golden State haben am Dienstag nicht nur wie erwartet entschieden, dass sie lieber Joe Biden als Donald Trump im Weißen Haus sehen würden, sondern auch, dass Uber, Lyft, Doordash und deren Wettbewerber sich an ein Gesetz, das seit 1. Januar gilt, nicht halten müssen.Für die Unternehmen und deren Fahrer ändert sich dadurch zunächst wenig. Denn diese haben gegen das Gesetz nicht nur politisch opponiert, sondern es laut “Wall Street Journal” auch von Beginn an nicht befolgt. Statt mehr Geld für Mitarbeiter auszugeben, investierten die Firmen lieber rund 200 Mill. Dollar in Werbung für die “Proposition 22”, mit der die Kalifornier ihre Sonderstellung bestätigen sollten. Nie zuvor war eine vergleichbar hohe Summe von Unternehmen in eine solche Gesetzesabstimmung in Kalifornien investiert worden. Zum Vergleich: Die Ölindustrie steckte 2006 rund 60 Mill. Dollar in die Verhinderung von “Proposition 87”, die vorsah, die Ölproduktion in Kalifornien zu besteuern, um das eingenommene Geld in die Entwicklung alternativer Stromerzeugung zu stecken. Wie damals die Ölkonzerne haben sich nun allem Anschein nach auch die Fahr- und Lieferdienstvermittler durchgesetzt. Nach Auszählung von 72 % der abgegebenen Stimmen lag die Zustimmungsrate bei 58,4 %. Laut “Associated Press” ist der Vorsprung von rund 2 Millionen Stimmen nicht mehr einholbar.Damit hätte sich der Werbeaufwand mehr als gelohnt. Erst bei mindestens 15 Stunden Fahrleistung pro Woche sollen Fahrer Sonderleistungen wie Gesundheitsvorsorge erhalten. Vor allem die Investoren dürfte das freuen. Die Aktie von Uber legte bis Mittwochmittag um knapp 13 % auf 40,32 Dollar zu. Das entsprach einer Steigerung der Marktkapitalisierung um gut 7 Mrd. auf mehr als 70 Mrd. Euro. Die Lyft-Aktie legte um 11,7 % zu, womit der Marktwert bei knapp 9,2 Mrd. Dollar lag. Bei Doordash steht der Börsengang voraussichtlich in den kommenden Wochen erst noch an. Die Proposition-22-Entscheidung dürfte dem Unternehmen bei dem Vorhaben sicher gelegen kommen.Auf den ersten Blick profitiert Lyft am meisten von der Entscheidung. Der Fahrdienstleister macht rund 16 % seines Geschäfts im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat. Die internationaler aufgestellte Uber kommt nur auf 9 %. Allerdings wird von den Unternehmen und ihren Unterstützern angenommen, dass die Entscheidung als Blaupause für andere Bundesstaaten gilt. Das hieße freie Fahrt für die weitere Expansion im Heimatmarkt. Allerdings haben einige Abgeordnete in Kalifornien bereits Widerstand angekündigt.——In Kalifornien stand neben Biden und Trump auch das Recht für Uber-Fahrer auf eine Festanstellung zur Wahl.——