Wettbewerbsaufsicht

FTC-Klage gegen Amazon als harte Probe für US-Tech-Regulierung

Die Klage der US-Wettbewerbsaufsicht FTC gegen Amazon gilt als entscheidende Probe für die Regulierung von Big Tech in den Vereinigten Staaten. Die Zeichen für Behördenchefin Lina Khan stehen nicht gut: Gegen Meta und Microsoft hat sie zuletzt empfindliche Niederlagen einstecken müssen, und der politische Druck auf die Juristin wächst.

FTC-Klage gegen Amazon als harte Probe für US-Tech-Regulierung

Amazon-Klage als harte Probe für Tech-Regulierung

Chefin von Wettbewerbsaufsicht FTC hält trotz scharfem Gegenwind aus Kongress und Wirtschaft an Anti-Monopol-Kampagne fest

Die Klage der US-Wettbewerbsaufsicht FTC gegen Amazon gilt als entscheidende Probe für die Regulierung von Big Tech. Die Zeichen für Behördenchefin Lina Khan stehen nicht gut: Gegen Meta und Microsoft hat sie zuletzt herbe Niederlagen einstecken müssen, und der politische Druck auf die Juristin wächst.

xaw New York

In den Vereinigten Staaten steht ein entscheidender Test für die Regulierung großer Technologiekonzerne bevor. Denn mit Amazon sieht sich nun der nach Umsatz führende Branchenvertreter mit einer Klage der US-Wettbewerbsaufsicht FTC wegen einer mutmaßlich illegalen Monopolstellung konfrontiert. Die Behörde und 17 Bundesstaaten werfen dem E-Commerce-Giganten vor, dieser missbrauche seine Marktmacht, um Preise künstlich hochzuhalten und Händler an die eigene Plattform zu fesseln.

Beobachter in Washington und an der Wall Street hatten die Klage seit Monaten mit Spannung erwartet. Sie stellt einen der bislang aggressivsten Schritte in der Kampagne der demokratischen Regierung gegen wettbewerbsfeindliche Strukturen dar. Dabei nehmen die FTC und ihre seit Juni 2021 amtierende Vorsitzende Lina Khan einmal mehr die Schlüsselrolle ein. Die Juristin hat wiederholt ihre Meinung zum Ausdruck gebracht, dass ihre Amtsvorgänger die Marktmacht von Big Tech nicht ausreichend eingedämmt hätten.

Gerade Übernahmen stehen dabei im Fokus der FTC. Bereits im Jahr von Khans Amtsantritt stellte die Behörde zu solchen Deals 42 Untersuchungsschreiben aus und damit fast doppelt so viele wie 2020. Erst im Juli haben die FTC und das US-Justizministerium zudem neue Merger-Richtlinien in die Marktkonsultation gegeben. Laut der Kanzlei Latham & Watkins würden diese die Schwelle, ab der Behörden Zusammenschlüsse als wettbewerbsschädlich betrachten, deutlich senken.

Die Aufsicht ist indes auch unter dem aktuell gültigen Rahmenwerk schon mehrfach gegen Übernahmen großer Tech-Konzerne ins Feld gezogen. Das kartellrechtliche Vorgehen flankiert die FTC durch Verbraucherschutzklagen, im Juni warf sie Amazon illegale Vertriebstaktiken für den Abonnementdienst Prime vor.

Rückschläge häufen sich

Allerdings häufen sich in jüngster Zeit die juristischen Rückschläge. Im Februar wies ein Gericht eine Klage der FTC gegen die Übernahme des Virtual-Reality-Start-ups Within durch Meta Platforms ab. Im Juli wies ein Bundesgericht den Antrag der Behörde ab, die Übernahme des Spieleentwicklers Activision Blizzard durch Microsoft über eine einstweilige Verfügung zu blockieren. Darauf zog die FTC eine Klage, mit der sie den 69 Mrd. Dollar schweren Deal verhindern wollte, zurück.

Kritiker argumentieren, die Niederlagen schwächten die Autorität der Aufsicht beträchtlich. Zuletzt musste sich die FTC-Chefin deshalb kritischen Befragungen im Kongress stellen. Unterdessen werfen Tech-Konzerne Khan Befangenheit vor, weil diese schon zu Studienzeiten mit einem Aufsatz zu kartellrechtlichen Problemen um Amazon Bekanntheit erlangte. Die Bereitschaft der Juristin, auch in schwierigen wettbewerbsrechtlichen Fällen vor Gericht zu ziehen, dämpft der Druck aber offenbar nicht.

So startete im laufenden Monat ein Prozess gegen die Alphabet-Tochter Google, der die FTC vorwirft, durch illegale Absprachen mit und Zahlungen an Konkurrenten wie Apple die eigene Dominanz im Suchmaschinenmarkt gefestigt zu haben. Zudem strebt die Behörde eine Zerschlagung des Werbegeschäfts von Google an.

Vorwurf der Ausschlusspraktiken

Bei der Klage gegen Amazon stehen nun Geschäftspraktiken auf dem Online-Marktplatz des Konzerns im Fokus. Der E-Commerce-Riese schließe Konkurrenten von der Plattform aus. Die Behörde wirft Amazon zusätzlich vor, Händler dazu zu zwingen, die Logistikdienstleistungen sowie Werbeangebote des Tech-Konzerns zu nutzen, um auf der Plattform prominent platziert zu werden. Zudem strafe der Onlinehändler Verkäufer ab, die ihre Waren auf konkurrierenden Internetseiten günstiger anböten.

Die FTC strebt nun eine gerichtliche Anordnung an, gemäß derer Amazon die angeblich unlauteren Geschäftspraktiken unterlassen müsste. In der Klageschrift heißt es zudem, die Behörde könne "strukturelle Erleichterungen" verfolgen – diese Formulierung deutet häufig auf eine angestrebte Zerschlagung von Konzernen hin. Ob die FTC im Fall von Amazon aber entsprechende Pläne hegt, gab Khan zunächst nicht bekannt.

Der Konzern zeigt sich indes selbstbewusst, vor Gericht gegen die FTC-Klage bestehen zu können. Die eigenen Geschäftspraktiken hätten im Gegensatz zu den Vorwürfen der Behörde den Wettbewerb und die Innovation im US-Einzelhandel gestärkt, die Produktauswahl vergrößert und die Lieferzeiten für Kunden verkürzt, heißt es in einem Statement des Rechtsberaters von Amazon.

Anleger optimistisch

Tatsächlich hält sich der Pessimismus der Anleger in Grenzen, die Aktie des Tech-Riesen gab im frühen New Yorker Handel am Mittwoch lediglich um 1,4% nach. Analysten heben hervor, dass Amazon weniger als ein Drittel aller Online-Verkäufe in den USA generiere und die E-Commerce-Angebote von Konkurrenten wie Walmart stark wüchsen. Auch die vergleichsweise niedrigen operativen Margen des Tech-Konzerns passten kaum zum Vorwurf der Monopolstellung. Der FTC, so heißt es an der Wall Street, stehe damit ein harter Kampf bevor.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.