Telekommunikationsbranche

Führungschaos bei Deutsche Glasfaser

Bei der Deutschen Glasfaser häuften sich 2022 Kundenbeschwerden. In der Führungsetage gaben die Manager sich die Klinke in die Hand.

Führungschaos bei Deutsche Glasfaser

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Beim größten deutschen Glasfaseranbieter nach der Deutschen Telekom rappelt es gewaltig hinter den Kulissen. Denn das zurückliegende Geschäftsjahr war bei der Deutsche Glasfaser wohl das turbulenteste in der Unternehmensgeschichte. Das operative Geschäft, der Ausbau der hochbitratigen Infrastruktur in ländlichen Regionen, erschien mitunter als eine Häufung von Pleiten, Pech und Pannen.

Häufiger Streitgegenstand ist die Bauausführung vor Ort. Das betrifft nach Aussagen von Verbraucherschützern keineswegs nur die Deutsche Glasfaser. Aber diese muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass man auf Beschwerden über mangelnde Verlegetiefe oder fehlende Leitungspläne nicht eingehe, heißt es zum Beispiel im August beim „Kreisboten“ im bayerischen Landsberg. Immer mehr Gemeinden würden klagen. Auch die Vermarktungsstrategie gibt Anlass zur Kritik. So berichtete die „Saarbrücker Zeitung“ jüngst über „Drückerkolonnen“ an der oberen Saar. Die Deutsche Glasfaser fahre nicht nur mit einem Infomobil in die Häuser, sondern gehe mit „aggressiver Werbung“ von Haustür zu Haustür; die Einwohner von Kleinblittersdorf berichteten von Fehlinformationen und Versuchen, die Kunden unter Druck zu setzen. Hier reagierte das Unternehmen nun immerhin mit Verständnis.

Glatter Fehlstart

Die Probleme können kaum überraschen, denn auch in der Führungsetage ging es drunter und drüber. Zeitweise schwer einzuschätzen, wo das Tempo höher war, beim Glasfaserausbau oder beim Stühlerücken im Management, heißt es spöttisch aus unternehmensnahen Kreisen. Fakt ist: Nach der Übernahme durch EQT, die Deutsche Glasfaser mit dem 2019 übernommenen kleineren Wettbewerber Inexio zusammengelegt hat, erwischte die Führung einen glatten Fehlstart. Inexio-Gründer David Zimmer wollte als CEO für eine Übergangszeit zur Verfügung stehen. Das wollte EQT nicht.

Matthias Fackler, Partner und Chef des Infrastruktur-Teams Europa bei dem schwedischen Finanzinvestor, bewies dann allerdings bei der Wahl der neuen Führungsriege eine unglückliche Hand. Uwe Nickl, langjähriger Chef der Deutschen Glasfaser, ging nach holprigen Verhandlungen von der Fahne und düpierte den Finanzinvestor, indem er den Spitzenposten der holländischen Open Dutch Fiber annahm, dem Konkurrenten der ebenfalls in den Niederlanden ansässigen Delta Fiber, die EQT gehört.

Auch die Verpflichtung des erfahrenen Telekommunikationsmanagers Thorsten Dirks erwies sich als Missgriff. Der warf nur eineinhalb Jahre nach seinem Antritt schon wieder das Handtuch, allerdings nachdem er im Board quasi coram publico von den Eigentümern demontiert wurde, wie vertrauliche Quellen bestätigen. Dirks unverhofftes Ausscheiden im August zog eine Reihe weiterer Abgänge nach sich, so dass der neue CEO Andreas Pfisterer nun praktisch mit einem Team in Auflösung beginnen musste.

David Zimmer, der offiziell noch dem Board angehört, räumt auf Anfrage ein, eine Integration sei „immer eine Herausforderung und in dieser Phase wurden sicherlich auch einige Fehler gemacht. Ich habe volles Vertrauen in das Management-Team um den neuen CEO Andreas Pfisterer, die Integration zu einem Erfolg zu machen.“ Aus unternehmensnahen Kreisen hört sich das anders an: Das gesamte strategische Set-up, das dem Unternehmen übergestülpt wurde, stößt auf herbe Kritik „Der Fisch stinkt vom Kopf“, heißt es. Wut richtet sich insbesondere gegen völlig überdimensionierte Entwicklungspläne, die „irgendwelche Berater ersonnen haben“.

Derzeit wäre man indes bei der Deutschen Glasfaser schon froh, wenn es überhaupt einigermaßen geräuschlos voranginge. Der lange von KKR geführte Branchenpionier spürt inzwischen mehr Vergleichsdruck, weil Konkurrenten in den Markt eingestiegen sind. Neben kleineren, ebenfalls von Private Equity kontrollierten Glasfaseranbietern gibt vor allem die Deutsche Telekom beim Ausbau mehr Gas, um ihren Marktanteil im zukünftigen Breitbandgeschäft zu sichern. Knappe Baukapazitäten, schwierige Genehmigungsverfahren und dergleichen machen allen Marktteilnehmern zu schaffen.

Die Deutsche Glasfaser hat sich indes vor Jahresfrist mit 6 Mrd. Euro eine der größten Fremdfinanzierungen im Glasfaserbereich gesichert, bei der 25 Kreditinstitute beteiligt sind. Nun muss das Unternehmen zeigen, ob es wirklich „alles andere als eine riskante Wette“ ist, wie Finanzchef Jens Müller damals im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte. Immerhin: Noch hält Müller die Wette. Er ist noch an Bord.

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