BRANCHEN IM KLIMAWANDEL

Für die grüne Zukunft greifen Autozulieferer zum Rotstift

Stellenabbau, Werksschließungen und Joint Ventures

Für die grüne Zukunft greifen Autozulieferer zum Rotstift

Von Sebastian Schmid, FrankfurtSpüren Autohersteller bereits starken Druck durch die Umstellung der Produktion auf Elektroautos, fällt dieser bei Zulieferern nicht geringer aus. Bosch, Brose, Continental, Leoni, Mahle, Mann+Hummel, Norma, Schaeffler, ZF Friedrichshafen – überall werden Sparprogramme aufgelegt. Und die Angst, dass auf die jüngsten Stellenstreichungen weitere folgen, ist zumindest in den Teilbereichen, die von einem Wechsel der Antriebstechnologie betroffen sind, unvermindert groß.Nur wenige Zulieferer sind so gut wie Bosch auf die anvisierte Energiewende vorbereitet. Ab 2020 werden die über 400 Bosch-Standorte weltweit – von der Entwicklung über die Produktion bis zur Verwaltung – keinen CO2-Fußabdruck mehr hinterlassen, kündigte das Unternehmen im November an. Und wenn selbst dieser Musterschüler der Branche letztlich nicht ohne Einschnitte durch das aktuelle Tal kommt, kann man sich vorstellen, wie viele der oft sehr viel kleineren Wettbewerber am Wegesrand unbemerkt liegen bleiben. Schon im abgelaufenen Jahr hat Euler Hermes einen Anstieg der Insolvenzen in der Automobilindustrie festgestellt. Dabei stehen die wirklich schwierigen Jahre erst noch bevor. Denn bislang ist die Nachfrage nach Technologie für Verbrennerautos noch weitgehend intakt.Und selbst wer in neue Technologien investiert, kann sich nicht sicher sein, bei wem die Produkte dann künftig noch abgesetzt werden können. Denn die Hersteller wägen selbst noch ab, was sie in Zukunft lieber selbst produzieren und was sie sich zuliefern lassen wollen. Das gilt für die Batterie ebenso wie für den elektrischen Antriebsstrang. So setzt Mercedes etwa für den EQC zwar noch voll auf E-Antriebe von ZF Friedrichshafen. Für künftige Modelle sollen indes in Untertürkheim auch eigene E-Antriebe produziert werden. Dabei geht es um das gesamte System mit E-Motor, Getriebe und Leistungselektronik – ein substanzieller Anteil an der Wertschöpfung also.Beim Verbrenner liegt der Wertschöpfungsanteil der Zulieferer je nach Auto bei bis zu 75 %. Mit dem Technologiewechsel gibt es also viel zu verlieren. Auch deshalb setzen Zulieferer alles daran, sich langfristig einen weiterhin bedeutenden Anteil an der Wertschöpfung zu sichern. ZF investiert in den nächsten Jahren einen zweistelligen Milliardenbetrag in E-Mobilität und autonomes Fahren. Der diesbezügliche Spielraum fällt in der Branche indes sehr unterschiedlich aus (siehe Grafik). Zudem können die Friedrichshafener darauf setzen, dass ihre global führenden Getriebe noch auf Jahre gebraucht werden – nicht nur im Verbrenner, sondern auch im Hybrid-Antrieb. Marge unter DruckDie Ratingagentur Moody’s geht derweil davon aus, dass die technologischen Herausforderungen längst nicht das drängendste Problem der Zulieferer sind. Die Schwäche in der globalen Autokonjunktur werde 2020 zusätzlichen Druck auf die Margen ausüben, so die Analysten. Bei geringeren Produktionsvolumina dürften alle Spar- und Effizienzpläne nicht ausreichen, um den Ergebnisrückgang zu kompensieren, heißt es in der jüngsten Einschätzung kurz vor Weihnachten. Die Margen der europäischen Zulieferer dürften sich nach dem Absturz um 100 bis 150 Basispunkte im abgelaufenen Jahr vorerst nicht erholen. Zumal sogar ein noch steilerer Absturz beim Autoabsatz denkbar sei, falls die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU oder den USA und China weiter eskalieren. Auch die Konsolidierung bei den Autoherstellern könne den Margendruck erhöhen, fürchten die Moody’s-Analysten.