Für die Rhön-Aktionäre kommt es zum Schwur

Klinikkonzern startet Aktienrückkauf - Innovatives Finanzinstrument im Einsatz - Neuordnung im Investorenkreis erwartet

Für die Rhön-Aktionäre kommt es zum Schwur

Mit Beilegung von Anfechtungsklagen ist der Weg für den milliardenschweren Aktienrückkauf des Rhön-Klinikums frei. Das Unternehmen greift für die Auskehr des Verkaufserlöses aus der Abgabe von 40 Kliniken an Fresenius auf ein innovatives Instrument zurück, das hierzulande bislang unbekannt ist. Die drei Paketaktionäre könnten nun Farbe bekennen, wer künftig Herr im Haus sein will.Von Sabine Wadewitz, FrankfurtDer Geldhahn wird aufgedreht. Nachdem die juristischen Hürden aus der Welt geschafft sind, startet das Rhön-Klinikum mit der Verteilung des Erlöses aus dem Klinikverkauf an Fresenius an seine Anteilseigner. Ein Betrag von 1,7 Mrd. Euro soll auf dem Weg des Aktienrückkaufs mit anschließender Kapitalherabsetzung an die Investoren fließen. Startschuss ist am 16. Oktober, danach haben die Anleger bis 14. November Zeit, um ihre Titel an Rhön zu veräußern.Gleichzeitig mit dem Rückerwerb wird das Grundkapital an die deutliche Verkleinerung des Geschäfts angepasst. Fresenius hat für 3 Mrd. Euro 40 Kliniken von Rhön übernommen, so dass der Konzern aus Bad Neustadt auf zehn Häuser mit rund 1 Mrd. Euro Umsatz geschrumpft ist. Den Aktionären soll über das Prozedere ein kursschonender Ausstieg geboten werden, was über eine Ausschüttung via Sonderdividende nicht gewährleistet wäre. Der Aktienrückkauf ist zudem aus steuerlicher Sicht für die Investoren attraktiver.Mit der Wahl des Rückkaufverfahrens sieht sich Rhön als Pionier hierzulande. So werden jedem Aktionär im Rahmen eines öffentlichen Erwerbsangebots Andienungsrechte angeboten, damit er entsprechend seiner Beteiligungsquote am Rückkauf durch die Gesellschaft teilhaben kann. Für die Andienungsrechte wird ein Börsenhandel eingerichtet. Damit können Anteilseigner ihre Rechte versilbern, wenn sie ihre Aktien nicht abgeben wollen. Sie können aber auch zusätzliche Rechte erwerben, wenn sie sich von mehr Titeln trennen wollen, als es ihnen quotal zusteht. Neues Finanzinstrument”So ein Produkt hat es in Deutschland in der Form noch nicht gegeben”, unterstreicht Rhön-Finanzvorstand Jens-Peter Neumann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ähnliche Finanzinstrumente, allerdings in viel kleinerer Größenordnung, seien in der Schweiz bekannt und vor allem in Skandinavien. Bei Rhön geht es bei der “umgekehrten Kapitalerhöhung” immerhin um knapp die Hälfte des Grundkapitals. AnreizRhön wird für die Zeit des Rückkaufs drei ISIN-Nummern haben: eine für die reguläre Aktie, die zweite für die Andienungsrechte und die dritte für die getenderten Titel. Das Unternehmen wird in den ersten drei des vier Wochen laufenden Angebots wöchentlich eine Wasserstandsmeldung veröffentlichen, wie viele Papiere eingereicht wurden. “Wir wollen einen Anreiz geben, so zügig wie möglich zu tendern”, unterstreicht Neumann. Einmal eingereichte Titel sind nicht mehr zurückkaufbar, so dass die Investoren sofort das Geld einstreichen können und nicht bis zum Ende der Frist warten müssen.Der Angebotspreis setzt sich zusammen aus dem Referenzpreis von 23,54 Euro, der sich aus dem durchschnittlichen Börsenkurs an den drei Handelstagen vor Veröffentlichung des Rückkaufangebots berechnet, also vor dem 29. April dieses Jahres. Ein Aufschlag von bis zu 7 % ist möglich. Rhön hat für die Festlegung dieses Intervalls einerseits vergleichbare Transaktionen angesehen und sich zudem bei den Steuerbehörden rückversichert, um nicht in den Verdacht einer verdeckten Einlagenrückgewähr zu kommen. Diese Überlegungen hätten eine Spanne von 5 bis 10 % ergeben, auf deren Mitte man sich dann festgelegt hat. Damit sollte ein Kompromiss gefunden sein, um die Transaktion für Arbitrage interessant zu machen, ohne in steuerliche Konflikte zu kommen.Die Konditionen will das Unternehmen heute Abend veröffentlichen. Der Aktienkurs – aktuell 23,70 Euro – hat sich auf das vorgegebene Intervall eingespielt. “Der Markt gibt uns das Signal, dass es der richtige Preis ist”, erklärt Neumann. Auf RoadshowDen Rückkauf begleitet das Rhön-Management intensiv mit Roadshows an den wichtigen internationalen Börsenplätzen. Das Unternehmen hat viele Investoren in den USA und abgesehen von den drei strategischen Gesellschaftern vor allem institutionelle Adressen im Gesellschafterkreis. Der Anteil von Privatanlegern wird zwischen 2 und 3 % vermutet. Auch die von Fresenius und dem schwedischen Pensionsfonds Alecta zuletzt platzierten Aktienpakete sollen breit von institutionellen Anlegern aufgenommen worden sein. Auch Hedgefonds sind inzwischen stark investiert.Aus Sicht der institutionellen Investoren wird es entscheidend sein, was die strategischen Paketaktionäre vorhaben, also Firmengründer und Aufsichtsratschef Eugen Münch (12,4 %), der Medizintechnikkonzern B. Braun (gemeldet 15,1 %, auf der Hauptversammlung mit 18 % vertreten) sowie die Klinikkette Asklepios mit ihrem Steuermann Bernard gr. Broermann (5,0 %). Für die außenstehenden Anleger wäre es hilfreich, wenn rasch transparent würde, wer künftig Herr im Hause Rhön ist. Sie werden ihre Aktien nicht andienen, wenn sie in absehbarer Zeit mit einem dann womöglich höheren Übernahmeangebot rechnen können. Ungeklärte Machtverhältnisse werden indes nach den Querelen der Vergangenheit nicht dazu einladen, als Anleger bei Rhön engagiert zu bleiben.Essenziell ist es für die Institutionellen auch, Klarheit über den künftigen Free Float und die Liquidität der Aktie zu erlangen. Zumal daran die weitere Zugehörigkeit der Rhön-Aktie zum MDax hängt.”Es ist unglaublich wichtig für das Unternehmen und das Gelingen des Rückkaufs, dass sich die strategischen Investoren frühzeitig positionieren”, mahnt denn auch Finanzchef Neumann. Das Instrument der handelbaren Andienungsrechte sei ja auch mit dem Ziel gewählt worden, dass die drei strategischen Anleger “miteinander reden und die Guideline für den Markt vorgeben”.Würde das Rückkaufvolumen nicht voll ausgeschöpft, bliebe Rhön auf einem Teil des Geldes sitzen. Einen Plan B dafür gibt es nicht. Es müsste neu überlegt werden, wie die Mittel ausgekehrt werden.