IM GESPRÄCH: JOCHEN RUETZ

"Für weitere Akquisitionen bereit"

Der IT-Dienstleister GFT zählt sich bei Banken und Versicherungen zu den Top Ten - CFO hat für Zukäufe Europa und Südamerika im Blick

"Für weitere Akquisitionen bereit"

Von Gerhard Bläske, StuttgartDer schwäbische IT-Dienstleister GFT Technologies hat nach einer deutlichen Wachstumsbeschleunigung im dritten Quartal seine Ertragsprognose für das Gesamtjahr angehoben. Finanzvorstand Jochen Ruetz ist auch für 2014 “sehr positiv gestimmt”, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Man sei “für weitere Akquisitionen bereit”. Bis 2015 soll der Umsatz auf 400 (2012: 238) Mill. Euro steigen und das Ergebnis vor Steuern eine Rendite von mehr als 6 % erreichen. Der Aktienkurs des an der Frankfurter Börse im Prime Standard gelisteten Werts ist in den letzten Monaten explodiert. Binnen zwölf Monaten hat sich der Wert des Unternehmens auf 175 Mill. Euro mehr als verdoppelt.Der Umsatz im dritten Quartal wuchs um 22 bzw. bereinigt um 9 % auf 71,2 (i. V. 58,2) Mill. Euro. Zwischen Januar und September erhöhten sich die bereinigten Erlöse um 6 % auf 185,4 Mill. Euro und das Ergebnis vor Steuern um 44 % auf 11,2 Mill. Euro. Für das Gesamtjahr rechnet Ruetz nun mit einem Vorsteuerergebnis von 16 (bisher: 15) Mill. Euro, einem Umsatz von 260 Mill. Euro und einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 19 (13,4) Mill. Euro. Kursziel erhöhtAnalysten von Hauck & Aufhäuser hoben das Kursziel von 4,80 auf 7,80 Euro an, Warburg von 6,80 auf 7,40 Euro. Die Unternehmenszahlen übertrafen die Erwartungen, so die Analysten. Der gute Ruf, die hohe Kundenloyalität und die starke Position speziell in der Finanzindustrie ebneten den Weg für weiteres Wachstum, glaubt Warburg. Am Mittwoch ging die Aktie bei 6,67 Euro aus dem Handel.Wachstumstreiber bei GFT ist der auf IT-Lösungen für den Finanzsektor spezialisierte Unternehmensbereich IT Solutions, der fast zwei Drittel zum Umsatz beisteuert und wo die Erlöse im dritten Quartal organisch um 31 % auf 49 Mill. Euro wuchsen. Man profitiere hier von der Auslagerung der IT in vielen Instituten. Impulse gingen auch von der Umstellung auf das Zahlungssystem Sepa und der aktuellen Sicherheitsdiskussion, “die die Banken umtreibt”, aus, sagt Ruetz.Ganz generell sei die zunehmende Regulierung für GFT neben neuen Applikationen um das Thema Risikocontrolling “ein Hauptwachstumstreiber”, denn die Kunden müssten diese Themen in der IT umsetzen. Dabei komme der GFT zugute, dass “wir sehr fokussiert auf den Finanzbereich sind”, meint Ruetz. “Bei Banken und Versicherungen gehören wir in Europa zu den Top Ten.”Zu den Kunden zählen die großen Investmentbanken in London wie HSBC, Barclays oder RBS, aber auch Finanzinstitute anderer Länder wie Axa, Deutsche Bank oder Santander. Großbritannien ist im Geschäftsfeld IT Solutions der wichtigste Markt, auch wenn Deutschland mit einem Umsatzanteil von 33 % an den Gesamterlösen größter Einzelmarkt vor Großbritannien mit 23 (16) % und Frankreich mit 16 (18) % ist. IT wie ItalianitàAuch die Übernahme von zunächst 80 % der italienischen Sempla für knapp 20 Mill. Euro brachte GFT nach vorn. “Mit Sempla haben wir nun einen lokalen Footprint in Italien”, wo das Unternehmen bisher kaum präsent war. “Das bringt uns Skalenerträge auf allen Ebenen, was zur Steigerung der Kosteneffizienz beiträgt”, sagt Ruetz, der auch auf Cross-Selling-Effekte hofft.Weniger gut lief zuletzt das zweite Geschäftsfeld Emagine. Vermittelt werden dabei freiberufliche IT-Spezialisten. Die Gründe dafür seien “hausgemacht”. Nach einer Neuordnung und dem Umbau dieses nicht sehr margenstarken Geschäfts, in dem Ruetz mit einer Rendite von 2 % schon zufrieden wäre, erwartet er hier 2014 wieder eine positive Entwicklung.Das Thema Personal treibt Ruetz generell um. Denn der demografische Wandel treffe zunächst Deutschland, dann auch alle anderen Industrieländer. “Schwäbisch und Hochdeutsch zu sprechen reicht nicht. Der langfristige Trend ist nicht aufzuhalten. Wir müssen Entwicklungsleistungen zunehmend international einkaufen”, fügt er hinzu.GFT hat damit frühzeitig angefangen. Die Hälfte der 2 000 Mitarbeiter ist in Spanien tätig, wo die Beschäftigtenzahl binnen drei Monaten um 160 gewachsen ist. Es sind in erster Linie Mitarbeiter in der Entwicklung. “Das spanische IT-Wissen in den Banken ist nicht schlechter als in Deutschland. Aber die Kosten sind nur halb so hoch”, erklärt Ruetz. “Durch den Ausbau heben wir Economies of Scale.” Spanien beliefert London. Ausgebaut wurde zuletzt auch das noch kostengünstigere Standbein Brasilien, wo die Lohnkosten im Vergleich zu Deutschland nur bei 20 bis 25 % lägen. Wichtig ist für die GFT der lokale brasilianische Markt, aber auch New York, wo das Unternehmen seit 2008 tätig ist und das von Brasilien beliefert wird. Der US-Umsatz hat einen zweistelligen Millionenbetrag erreicht und soll nachhaltig organisch wachsen.Ruetz schließt auch weitere Zukäufe nicht aus, wobei man sich aber “auf Europa konzentriert”. Vielleicht käme auch Südamerika in Frage. SchuldscheindarlehenGFT ist seit 1999 an der Börse und wird zu 28,5 % vom Vorstandsvorsitzenden Ulrich Dietz, zu 9,7 % von Maria Dietz und zu 5 % von Markus Kerber kontrolliert. Der Streubesitz liegt bei 57,2 %, die Eigenkapitalquote sank zuletzt auf 47 (57) %. Für eine Aufnahme etwa in den TecDax sei man “bei der Marktkapitalisierung derzeit noch zu weit weg”. Ziel sei eher nachhaltiges Wachstum. “Aber wenn wir in einen Index aufgenommen würden, wäre das natürlich interessant für uns”, sagt Ruetz.Die erste Tranche der Sempla-Übernahme wurde “aus der Kriegskasse finanziert”, die noch immer gefüllt sei. Doch der CFO will im vierten Quartal ein Schuldscheindarlehen in Höhe von ca. 20 Mill. Euro aufnehmen, “an dessen konkreter Ausgestaltung wir gerade arbeiten”.Für das kommende Jahr ist Ruetz auch wegen der erfolgten Restrukturierung im Beratungsgeschäft sowie der erstmals vollständigen Konsolidierung von Sempla optimistisch.