SANKTIONEN

Gefährliche Bedrängnis

Schon jetzt sind die Auswirkungen der bisher zaghaften Sanktionen gegen Russland auf die deutsche Exportindustrie gravierend. Nicht wegen der Einreiseverbote für einige Dutzend Russen und prorussische Ukrainer in die EU samt Kontosperren oder der...

Gefährliche Bedrängnis

Schon jetzt sind die Auswirkungen der bisher zaghaften Sanktionen gegen Russland auf die deutsche Exportindustrie gravierend. Nicht wegen der Einreiseverbote für einige Dutzend Russen und prorussische Ukrainer in die EU samt Kontosperren oder der Untersagung von Geschäften für bislang nur eine Handvoll Unternehmen und Institutionen aus Russland, sondern weil allein die Diskussion über härtere Sanktionen – etwa Im- und Exportverbote für ganze Branchen – dazu führt, dass sich langjährige russische Kunden von ihren deutschen Geschäftspartnern abwenden.Während politische Börsen kurze Beine haben und die jüngste Konsolidierung am Aktienmarkt schnell überwunden sein könnte, dürfte die Umorientierung russischer Abnehmer deutscher Maschinen, Autos oder Elektronik in Richtung Südostasien, insbesondere China, langfristige Folgen haben. Wer lässt sich schon eine kostspielige Fertigungsanlage liefern, wenn nicht sicher ist, ob kurz- und mittelfristig die Verschleißteile ersetzt werden können? Steht die Anlage aus Fernost aber erst einmal in einer Fabrik zwischen Murmansk und Wladiwostok, sind deutsche Unternehmen für lange Zeit abgemeldet.Am härtesten trifft die Entwicklung die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer. Ihre Produkte machen mit einem Volumen von 8 Mrd. Euro ein Viertel der deutschen Exporte nach Russland aus. Es folgt die Automobil- und Zuliefererindustrie. Dennoch stellt sich der Branchenverband VDMA hinter die Sanktionen: “Das Primat der Politik steht außer Frage.”Tatsächlich geht es um mehr als um Handels- und Unternehmensbilanzen. Es geht um die Achtung von Völkerrecht und Menschenrechten. Daher hat die EU mit der Verhängung ernst zu nehmender Wirtschaftssanktionen richtig gehandelt. Die 28 Mitgliedstaaten haben sich auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, dessen Kernstück der erschwerte Zugang zu den EU-Finanzmärkten für russische Banken ist. Ihnen wird unter anderem der Handel mit Anleihen in der EU verboten; das erhöht die Finanzierungskosten der als angeschlagen geltenden russischen Wirtschaft.Mit den Sanktionen soll Russlands Präsident Wladimir Putin dazu gebracht werden, die Unterstützung der prorussischen Separatisten in der Ostukraine einzustellen. Ob das gelingt, ist fraglich. In seiner Interview-Biografie warnt er indirekt davor, eine latent gefährliche Person in die Enge zu treiben. Das geschieht gerade, und die Bedrängnis ist für beide Seiten gefährlich. Eine Rezession in Russland könnte das kleinste Problem sein.