IM BLICKFELD

Gefragter Zwitter

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 12.10.2017 Die Deutsche Wohnen ist dieses Jahr Wiederholungstäter. Die Immobilienunternehmen TAG und LEG setzen darauf ebenso wie CA Immo. Aber auch Symrise, Qiagen, SLM Solutions oder Capital Stage:...

Gefragter Zwitter

Von Walther Becker, FrankfurtDie Deutsche Wohnen ist dieses Jahr Wiederholungstäter. Die Immobilienunternehmen TAG und LEG setzen darauf ebenso wie CA Immo. Aber auch Symrise, Qiagen, SLM Solutions oder Capital Stage: die Wandelanleihe. Die “Convertible Bonds” haben ein Profil, das Eigenschaften von Aktien wie Anleihen aufweist. Sie werden als festverzinsliches Wertpapier ausgegeben, das Anlegern eine regelmäßige Zinszahlung bietet und am Ende der Laufzeit getilgt wird. Zusätzlich erhält der Käufer das Recht. die Papiere in Aktien des emittierenden Unternehmens zu einem vereinbarten Kurs umzutauschen. Steigt der Aktienkurs, gewinnt auch die Wandelanleihe, die das Umtauschrecht verbrieft – und umgekehrt. Doch ist der Wertverlust begrenzt, da Investoren die Papiere bis zur Fälligkeit halten können und sie dann ihr Geld zurückbekommen.”Der europäische Markt ist überschaubar mit einem Emissionsvolumen von etwa 20 Mrd. Euro pro Jahr. 2017 sind es bis Anfang Oktober 16,6 Mrd. Euro gewesen”, beobachtet Susanne Schroeter, die für die Deutsche Bank Emittenten in diesem Instrument berät. Auffällig sei aber, dass nahezu die Hälfte der Transaktionen auf den deutschsprachigen Raum (DACH) entfielen. 2017 seien es 49 %, verglichen mit einem Anteil aller ausstehenden Convertibles von 23 %. Hoch ist der Anteil an Immobilien: Von den neuen Titeln stammen in der DACH-Region 43 % aus Real Estate, verglichen mit 26 % in ganz Europa. Real Estate kommt bei sämtlichen ausstehenden Wandelanleihen in Europa demnach auf einen Anteil von 13 %.Ein wichtiger Spieler ist die Deutsche Wohnen, die im Februar Wandler für 800 Mill. Euro emittierte, um einen ausstehenden Convertible zurückzukaufen – und dies mit einer Kapitalerhöhung um 500 Mill. Euro garnierte. Der alte Convertible war tief im Geld. “Das ist faktisch ein Aktienrückkauf”, sagt Schroeter. Bei einer Dividendenrendite von 2 % und einem Kupon von 0,325 % sei dies eine sehr sinnvolle Operation. Ähnliches Spiel im September: Der Immobilienkonzern setzte mit einer neuen Wandelanleihe auf günstigere Refinanzierung. Mit einer bis 2026 laufenden Wandelschuldverschreibung nahm er 800 Mill. Euro ein. Der Kupon liegt bei 0,6 %, und der Tausch in Aktien lohnt sich, wenn der Kurs der Aktie um 40 % steigt, was Investoren offenbar für möglich halten.Eine Analyse der Deutschen Bank bringt zutage, was nicht unbedingt zu erwarten ist: Seit Anfang 2016 wurden nur 20 % des Volumens fälliger Convertibles tatsächlich auch gewandelt. 66 % wurden in Cash zurückgezahlt und 14 % über Liability Management aus dem Markt genommen. Der Convertible sei ein “extrem flexibles” Instrument zur M & A-Finanzierung, nicht zuletzt da Emissionen ohne Prospekt auskommen.Real-Estate-Unternehmen gäben Wandelanleihen nicht auf Vorrat aus, sie hätten regelmäßig klare Ziele zur Mittelverwendung. Und: “Die Zinswende ist ein wichtiger Aspekt für den Zeitpunkt einer Emission”, sagt die Expertin. Wie zinssensitiv Real-Estate-Aktien reagieren, zeigte sich im Oktober 2016, als nach einer Kursdelle wegen Zinsbefürchtungen das geplante IPO von Officefirst abgeblasen wurde und IVG das Portfolio für 3 Mrd. Euro an Blackstone verkaufte. “Das Risiko besteht darin, dass mit steigenden Zinsen die Finanzierungskosten zunehmen und die Aktienkurse unter Druck geraten”, sagt Schroeter. Angesichts der größtenteils mit einem Aufschlag auf den Nettovermögenswert handelnden Immobilienaktien böten sie Emittenten mit der Wandlungsprämie nochmals eine Zulage auf den Net Asset Value. Gibt es ein Rückkaufangebot für Wandler, die tief im Geld sind, gingen die Fonds darauf ein, da sie neben einem kleinen Incentive einen neuen Convertible mit einem für “Equity-linked”-Investoren ausgewogenerem Profil bekämen.Investoren mögen den Wandler, wenn er auch ein Nischendasein fristet. “Der negative Einfluss steigender Zinsen infolge einer stärkeren Wirtschaft wird mehr als kompensiert von dem positiven Einfluss des Aktienmarktes”, sagt Marc Basselier, der als Senior Portfolio Manager 20 Jahre Erfahrung in der Assetklasse hat und bei Axa Investment Managers Convertible Bonds verantwortet. Basselier managt globale Convertible-Bond-Strategien in Höhe von 1,71 Mrd. Euro Assets. “80 % unserer Returns kommen typischerweise von der Aktienseite”, sagt er. Im bisherigen Jahresverlauf hätten Wandelanleihen mit einer Performance von 6 % Aktien um etwa 1 Prozentpunkt geschlagen. Auch wenn dies zunächst wenig erscheint, ist zu beachten, dass Wandelanleihen im Vergleich zu Aktien ein geringeres Risiko beinhalten. Positiv sei, dass das investierte Kapital stets vom “Bond Floor”, also der Rückzahlung plus Verzinsung, gesichert sei, selbst wenn sich die zugrunde liegende Aktie schlecht entwickle. Die Mittelzuflüsse seien dieses Jahr recht positiv, wobei Convertible Bonds gerade in unsicheren Zeiten “attraktive Features” böten.