Gegenwind für BASF-Aufsichtsrat

Ein Drittel des vertretenen Kapitals stimmt gegen Wahl des ehemaligen CEO Kurt Bock ins Kontrollgremium

Gegenwind für BASF-Aufsichtsrat

Eine lange Tradition im Chemiekonzern BASF stößt auf Kritik der Aktionäre. Den gewohnten Wechsel vom Vorstandsvorsitz an die Aufsichtsratsspitze wollen zahlreiche Anteilseigner nicht mehr unterstützen. Auf der Hauptversammlung votierten zwei Drittel der Aktionäre gegen den Vorschlag der Verwaltung. swa Frankfurt – Der ehemalige BASF-Vorstandschef Kurt Bock ist neuer Aufsichtsratsvorsitzender des Chemiekonzerns. Der Manager kann das Amt jedoch nicht mit durchschlagendem Rückhalt der Aktionäre antreten. Auf der virtuell abgehaltenen Hauptversammlung erhielt Bock bei einer Präsenz von 49,51 % nur die Zustimmung von 67,29 % des vertretenen Kapitals. Bock folgt nach der gesetzlich verordneten zweijährigen Karenzzeit auf den langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Hambrecht. Der 73-Jährige verabschiedete sich nach 44 Dienstjahren mit den berührenden Worten: “Mein Leben war BASF.” Auf Applaus für sein Lebenswerk musste er in der Online-Hauptversammlung verzichten.Schon vor dem Aktionärstreffen war Kritik an der geplanten Wahl von Bock geäußert worden. Die Fondsgesellschaft Union Investment hatte angekündigt, mit Nein stimmen zu wollen. Nach ihren Richtlinien ist mit der Wahl von Bock das Gremium nicht mehr ausreichend mit unabhängigen Mitgliedern besetzt. Der deutsche Arm des Stimmrechtsberaters Glass Lewis, Ivox, hatte die Nominierung als “sehr kritisch” bezeichnet und auf den “Automatismus” verwiesen, dass ehemalige Vorstandschefs in den Aufsichtsratsvorsitz wechseln. Bayer hat in diesem Jahr das erste Mal mit dieser Tradition gebrochen. Glass Lewis hat sich anders als die deutsche Tochter Ivox für Bock ausgesprochen, ebenso der Proxy Advisor ISS sowie die Fondsgesellschaften DWS und Deka.Mit Blick auf die Auswirkungen der Coronakrise rechnet BASF-Chef Martin Brudermüller nicht mit einer raschen Erholung. Der Manager schließt nach wie vor einen Verlust im zweiten Quartal nicht aus. BASF verfolge ein striktes Working-Capital-Management und stärke das Kostenbewusstsein im Konzern, betont der CEO. Investitionsprojekte würden überprüft, “ohne die langfristigen Wachstumsziele aus dem Blick zu verlieren”. Die von Solvay übernommenen Aktivitäten werden laut Brudermüller 2020 einen positiven Beitrag zu Umsatz und Ebitda vor Sondereinflüssen beisteuern. Die Diversifizierung im Portfolio helfe dabei, die Volatilität zu verringern. Nicht alle Geschäfte seien von der Pandemie betroffen. BASF werde aber immer konjunkturabhängig bleiben, weil dies auch auf die wichtigen Kundengruppen zutreffe.Das Management lege den Fokus weiterhin auf organisches Wachstum, kleinere und mittelgroße Akquisitionen seien nicht ausgeschlossen, mehrere Milliarden schwere Zukäufe indes nicht geplant. Investitionsschwerpunkte seien derzeit der Ausbau in Asien sowie Batteriematerialien. Aktivisten im BlickDass BASF ins Visier aktivistischer Aktionäre kommen oder Ziel einer feindlichen Übernahme werden könnte, schließt Brudermüller mit Blick auf den gesunkenen Börsenwert nicht aus. Darauf bereite man sich vor und beobachte die Szenerie genau. Um eine ungewollte Einflussnahme zu verhindern, sei der Konzern bemüht, “die beste Performance in jedem Marktumfeld” sicherzustellen, damit der Unternehmenswert “korrekt” abgebildet werde. Gestern legte die Aktie um 1,9 % auf 54,01 Euro zu, womit der Dax-Konzern knapp 50 Mrd. Euro auf die Waage bringt.Aus dem Verkauf von Bauchemie und Pigmentgeschäft rechnet sich BASF nach den Worten von CFO Hans-Ulrich Engel im zweiten Halbjahr “erhebliche Zuflüsse” aus, was der Liquidität zugutekomme. Im weiteren Jahresverlauf seien deshalb keine weiteren Anleihen mehr geplant. Das ursprünglich im zweiten Halbjahr vorgesehene IPO der Wintershall Dea werde “voraussichtlich verschoben”. Das ändere nichts an den Plänen der BASF, ihre Beteiligung an dem Öl- und Gasunternehmen sukzessive zu reduzieren. – Wertberichtigt Seite 8