Gegenwind für Bayer
Ein Teil des Glyphosat-Vergleichs, auf den sich Bayer vor nicht einmal zwei Wochen mit US-Klägeranwälten geeinigt hat, gerät ins Wanken. Denn das US-Gericht, das die Vereinbarung zur Beilegung künftiger Klagen absegnen muss, zeigt sich skeptisch. Die Aktie gab in der Spitze um über 7 % nach.ab Düsseldorf – Der kürzlich von Bayer vorgestellte Vergleich zur Beilegung der gegen Monsanto gerichteten Glyphosat-Klagen stößt in Teilen auf Widerstand. Der zuständige US-Richter Vince Chhabria, welcher der Vereinbarung zum Umgang mit künftigen Klagen zustimmen muss, äußerte Zweifel an der geplanten Lösung. Das Gericht sei skeptisch, was die Angemessenheit und Fairness des vorgeschlagenen Vergleichs betreffe, und tendiere dazu, die Vereinbarung abzulehnen, erklärte der Richter.Bayer, die sich die Klagen mit der Übernahme von Monsanto einfing, hatte sich am 24. Juni mit den führenden Klägeranwaltskanzleien in den USA auf einen milliardenschweren Vergleich verständigt. Das komplexe Settlement umfasst zwei Teile: zum einen die außergerichtliche Beilegung der laufenden Verfahren – es geht um 125 000 Klagen, der Vergleich erstreckt sich zunächst auf 75 % dieser Verfahren – und zum anderen um einen Mechanismus zur Beilegung möglicher künftiger Klagen. Dieser zweite Teil bedurfte der Zustimmung des Gerichts. Der Vergleich könnte Bayer bis zu 10,9 Mrd. Dollar kosten, wobei 1,25 Mrd. Dollar für die Beilegung künftiger Klagen reserviert sind.Für den Part der künftigen Klagen soll eine Gruppe potenzieller künftiger Kläger und ein unabhängiges Wissenschaftsgremium eingerichtet werden. Letzteres soll klären, ob das glyphosathaltige Herbizid Roundup Lymphdrüsenkrebs verursachen kann und falls ja, ab welchen Verwendungsdosen.Für Bayer, die von der Sicherheit von Glyphosat überzeugt ist, war dabei entscheidend, dass die Frage der Kausalität nicht länger in Gerichtssälen, sondern von Wissenschaftlern beantwortet wird.Genau an diesem Punkt hakt der Richter nun ein und stellt in Frage, ob es rechtmäßig sei, die Entscheidung über die grundsätzliche Kausalität von der Wissenschaft und nicht von Gerichten beurteilen zu lassen. Zudem sei nicht erkennbar, warum potenzielle Kläger an die Entscheidung des Wissenschaftsgremiums gebunden sein sollten, wenn es möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt andere Erkenntnisse gebe.Bis das Gremium zu einer Entscheidung gelange, dürften aber ohnehin Jahre vergehen. Bis dahin, so die Vereinbarung, dürften mögliche Kläger, die dem Class Settlement beigetreten seien, keine Ansprüche geltend machen. Hier erschließt sich dem Richter nicht, warum mögliche Kläger überhaupt ein Interesse daran haben sollten, dieser Art von Sammelklage beizutreten. Gemäß der Vereinbarung wären beide Parteien an die Entscheidung des Expertengremiums gebunden.Basierend auf dem bisherigen Vorschlag neige das Gericht jedenfalls dazu, die Zustimmung zu dem vorgeschlagenen Vergleich zu verweigern, erklärte Chhabria. Bayer nehme die Einwände ernst und werde dazu bei der auf den 24. Juli terminierten vorläufigen Anhörung Stellung beziehen, teilten die Leverkusener mit.Die skeptischen Äußerungen des Gerichts schlugen an der Börse am Dienstag hohe Wellen. Der Dax-Wert brach um 4,9 % auf 63,75 Euro ein. Damit sind die Kursgewinne nach Bekanntwerden des Vergleichs, welche die Aktie bis auf 72,60 Euro hatten steigen lassen, mehr als aufgezehrt.