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Genfer Automobilsalon: Es ist angerichtet

Von Peter Olsen, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.3.2014 Für die Autoschau am Genfer See ist eigentlich alles schön angerichtet. Die Zutaten passen, die Gäste haben wieder Appetit - wenn da nicht die stimmungstötende Schlechtwetterfront aus dem Osten...

Genfer Automobilsalon: Es ist angerichtet

Von Peter Olsen, FrankfurtFür die Autoschau am Genfer See ist eigentlich alles schön angerichtet. Die Zutaten passen, die Gäste haben wieder Appetit – wenn da nicht die stimmungstötende Schlechtwetterfront aus dem Osten wäre.In Westeuropa zeichnet sich eine moderate Erholung der Automärkte ab, die Hersteller haben ihre Modellpaletten modernisiert und ausgeweitet, die kommunikative Elektronik nimmt zunehmend Platz im vernetzten Auto ein – und just jetzt spitzt sich zwischen der Ukraine und Russland die politische Lage dermaßen zu, dass dies auch die Geschäfte der Automobilbauer beeinträchtigen könnte.Dabei war der russische Markt zuletzt ohnehin schon kein Quell überschäumender Freude. Vor wenigen Jahren hatten viele Beobachter vorausgesagt, dass er den von Stagnation gekennzeichneten deutschen Markt als größten europäischen Automarkt überholen würde. Es kam bekanntlich anders, und ob die noch verhalten optimistischen Prognosen (siehe Grafik) Bestand haben können, hängt natürlich davon ab, wie schnell und mit welchem Ergebnis sich die Krim-Krise erledigt.Dunkle Wolken also über dem Genfer Automobilsalon, der nach zwei vorgeschalteten Pressetagen offiziell am 6. März seine Tore öffnet und dann bis 16. März die Besucher in seinen Hallen empfängt. Stand die IAA Pkw in Frankfurt im vergangenen September noch stark unter dem Eindruck der Elektroantriebe und wurde Anfang des Jahres in Detroit auf der dortigen Motorshow die endgültige Rückkehr der drei amerikanischen Hersteller in den Kreis der global ernst zu nehmenden Wettbewerber zelebriert, so soll Genf für die Branche vor allem die Rückkehr zur Normalität belegen. Die eher kleine, aber feine Messe in der Schweiz, die über keine eigene Automobilindustrie mehr verfügt, kann also durchaus richtungsweisend sein. Ein paar PS mehr?Es dürfen wieder ein paar PS mehr als notwendig sein. Nach all der Vernunft mit alternativen, aber für das gemeine Publikum kaum erschwinglichen Antrieben zeigen die Konzerne jetzt, dass sie weiter an herkömmlicher Technik feilen, ohne die in einigen Jahren drohende Absenkung der CO2-Ziele in Europa aus dem Blick zu verlieren.Dennoch scheint der große Hype um die Elektromobilität verschwunden. Die Anbieter leistungsstarker und vergleichsweise schwerer Fahrzeuge brauchen zwar die Beimischung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben dringend, um die ab 2020 vorgeschriebenen durchschnittlich 95 g CO2 je Kilometer über Mehrfachanrechnung überhaupt zu erreichen. Aber bis 2020 sind es noch ein paar Jährchen, und bis dahin lässt sich mit optimierter konventioneller Technik – und mit Fahrzeugen der Premiumklasse – das Konto noch gut auffüllen, denn die letztlich unvermeidlichen Investitionen in die alternativen Antriebe gehen ins Geld.Zudem scheint noch immer nicht ausgemacht, welche Elektrotechnik das Rennen macht. Renault und BMW setzten auf batteriegespeiste Elektroautos, auch mit einem konventionellen Motor als Reichweitenverlängerer ergänzt, Volkswagen bietet praktisch alles, misst aber dem Plug-in-Hybrid für den Übergang die besten Chancen bei. Und Technik-Enthusiasten glauben weiter an den Wasserstoff und den massenhaften Einsatz der Brennstoffzelle.”Die Feierlaune ist längst verflogen” resümierte jüngt Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research die aktuelle Situation bei den “Alternativen”. Die Elektromobilitätspläne der früheren Bundesregierung seien ohnehin so gut wie Makulatur. Die 1 Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2020, von Kanzlerin Angela Merkel gebetmühlenhaft wiederholt, seien unerreichbar.Zwar sehen immerhin vier von fünf Befragten in technologischen Neuerungen im Fahrzeugbau grundsätzlich ein Kaufargument, hat jetzt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC festgestellt. Dabei gehe es aber vor allem darum, den Treibstoffverbrauch weiter zu senken (79 %), Unfälle zu vermeiden (47 %) oder die Umweltbelastung zu verringern (43 %). Derzeit halten nur 9 % ein besseres Infotainment im Pkw wie vernetzte Informationssysteme oder die Integration sozialer Medien für kaufentscheidend.Bei der Internetanbindung und der Integration von Smartphones ins Infotainment will aber kein Fahrzeughersteller von der Konkurrenz überholt werden. So will der US-Konzern Apple sein iPhone mit dem Projekt CarPlay in die Autos bringen. Entsprechende Vereinbarungen wurden mit Mercedes, Volvo und Ferrari geschlossen, hieß es. In Genf führt die Daimler-Marke die Integration des iPhone-Betriebssystems iOS im Bordcomputer der neuen C-Klasse vor. Bei allem darf die Fahrsicherheit aber nicht leiden.Bis sich das “automatische Fahren” etabliert, dürften noch 20 Jahre ins Land gehen, glauben von KPMG Befragte. 31 % sind heute sogar so skeptisch, dass sie eine breite Umsetzung der Technik nicht erwarten. Auch Bosch als einer der führenden Kfz-Zulieferer rechnet mit dem voll automatisierten Fahren erst in der Mitte des nächsten Jahrzehnts. Mit Fahrerassistenz aber will Bosch schon 2016 mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz machen, sagte der für die Kraftfahrzeugtechnik zuständige Geschäftsführer, Wolf-Henning Scheider.