Rio Tinto und Glencore

Geplatzte Fusion bringt Fantasie in den Rohstoffsektor

Die offenbar früh beendeten Fusionsgespräche zwischen Rio Tinto und Glencore haben Leben in die Übernahmefantasien im Bergbausektor gebracht. Vor allem Unternehmen mit Kupfer- und Lithiumreserven sind heiß begehrt.

Geplatzte Fusion bringt Fantasie in den Rohstoffsektor

Geplatzte Fusion bringt Fantasie in den Rohstoffsektor

Gespräche der Bergbauriesen Rio Tinto und Glencore ohne Erfolg – Jagd auf Kupfer- und Lithiumreserven

md Frankfurt

Durch die offenbar frühzeitig beendeten Fusionsgespräche zwischen Vertretern der beiden Rohstoffriesen Rio Tinto und Glencore sind die Konsolidierungsfantasien in der Branche nicht etwa verflogen, sondern haben sich im Gegenteil sogar spürbar belebt. Am Donnerstagabend hatte Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, dass die britisch-australische Gruppe und der in der Schweiz ansässige Konzern einen Zusammenschluss ausloten. Es sei aber nicht klar, ob die Gespräche derzeit noch laufen. Am Freitagmorgen wurde bekannt, dass die Verhandlungen, die zwischen Oktober und Ende Dezember stattgefunden haben sollen, zu keinem Ergebnis geführt hätten und deshalb beendet worden seien.

Gemäß der „Financial Times“ hätten die Sondierungen zwischen Rio Tinto und Glencore nach der gescheiterten Übernahme der britisch-südafrikanischen Anglo American durch die australische BHP Group begonnen. Allein der Versuch einer solchen Transaktion, bei der der weltgrößte Bergbaukonzern nach einem der größten Rivalen gegriffen hatte, habe die Wettbewerber zum Überdenken ihrer strategischen Optionen bewogen.

Zahlreiche Herausforderungen

Die Bergbauindustrie steht vor zahlreichen Herausforderungen, darunter volatile Rohstoffpreise und wachsende regulatorische Anforderungen, etwa strengere Umweltauflagen. Ein Zusammenschluss könnte Branchenvertretern wie Rio Tinto und Glencore helfen, ihre Ressourcen zu bündeln und dadurch effizienter auf diese Herausforderungen zu reagieren. Zudem könnten Synergien in der Logistik, im Vertrieb sowie in Forschung und Entwicklung gehoben werden. Das könnte zu einem Wettbewerbsvorteil führen.

Kupferminen von Rio Tinto in sicheren Regionen

Darüber hinaus ist ein Rennen darüber entbrannt, wer für die Energiewende und die Dekarbonisierung am besten gerüstet ist. Unter anderem geht es um die Marktposition bei Lithium und Kupfer. Sowohl Rio Tinto als auch Glencore betreiben große Kupferminen, doch liegen Rios Minen u.a. in Chile und Peru, die als sichere Regionen gelten. Glencores große Kupfermine liegt in der Demokratischen Republik Kongo; das Land gilt seit vielen Jahren als großer Unruheherd, in dem gewalttätige Auseinandersetzungen diverser Gruppierungen an der Tagesordnung sind. Kupfer spielt jedoch eine große Rolle in der Dekarbonisierung und für die Energiewende, da es in vielen Technologien – von Elektrofahrzeugen bis hin zu erneuerbaren Energien – zur Anwendung kommt.

Rio Tinto hat auch einen bedeutenden Schritt in die Lithiumindustrie gemacht: Mit der geplanten Übernahme von Arcadium Lithium für 6,7 Mrd. Dollar sichern sich die Australier eine Position unter den drei größten Lithiumproduzenten weltweit. Diese strategische Akquisition, die Mitte 2025 abgeschlossen werden soll, eröffnet Rio Tinto neue Möglichkeiten in einem Markt, der von der steigenden Nachfrage nach Lithium für Elektrofahrzeuge und Energiespeicherlösungen geprägt ist.

Kohlegeschäft von Glencore gilt als Belastung

Allerdings macht Rio Tinto immer noch einen großen Teil seiner Gewinne mit Eisenerz, und Glencore ist noch stark im Geschäft mit Kohle engagiert. Der Eisenerzpreis steht und fällt vor allem mit dem Stahlverbrauch in China, das wirtschaftlich nicht mehr so stark wächst wie früher. Kohle verliert als Energieträger mit dem weltweiten Ausbau erneuerbarer Energien tendenziell an Bedeutung.

Anleger hatten in ersten Reaktionen auf die Meldung über die Fusionsgespräche Glencore (Marktwert: 55 Mrd. Euro) als klaren Gewinner eines Zusammenschlusses identifiziert. Doch zog auch der Kurs von Rio Tinto (102 Mrd. Euro) an.

Konsortium fordert Ende des Doppel-Listings

Gesellschaftsrechtlich bildet die britische Rio Tinto plc (75 Mrd. Euro) gemeinsam mit der australischen Rio Tinto Limited (27 Mrd. Euro) die Rio Tinto Group, die über ein Dual-Listing sowohl in London als auch in Sydney börsennotiert ist.

Die Unternehmensstruktur von Rio Tinto steht im Fokus eines Konsortiums, das von Palliser Capital angeführt wird. Der aktivistische Investor mit Sitz in Großbritannien und mehr als 100 andere Aktionäre fordern eine unabhängige Überprüfung des Doppel-Listings, um eine Konsolidierung in Australien zu erreichen. Ziel sei es, weiteren Wertverlust zu verhindern, der durch die aktuelle Struktur verursacht werde.

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