Gerresheimer kehrt auf Wachstumskurs zurück
ab Düsseldorf – Mit der Rückkehr auf den Wachstumspfad hat Gerresheimer die Erwartungen des Kapitalmarkts im zweiten Quartal voll erfüllt. Auch aus diesem Grund will sich der Hersteller von Spezialverpackungen für die Pharmaindustrie nicht als reiner Profiteur der Covid-19-Pandemie verstanden wissen. “Es ist eine Supersache mit Covid-19-Vials. Sie werden aber nicht die Wachstumsstory ersetzen”, sagte Vorstandschef Dietmar Siemssen vor der Presse. Gleichwohl sei Gerresheimer auf den Nachfrageansturm nach den Glasampullen (vials) für etwaige Impfstoffe vorbereitet. In den nächsten beiden Jahren würden etwa 2 Milliarden bis 2,5 Milliarden Glasfläschchen für Covid-19-Impfstoffe benötigt, ein Drittel der Nachfrage dürfte bei Gerresheimer landen, schätzt Siemssen.Die Aussicht auf das Zusatzgeschäft hat der Aktie seit Mitte März Rückenwind gegeben. Gestern trotzte der MDax-Wert erneut dem Abwärtssog des Gesamtmarktes. Zum Handelsschluss stand mit 95,10 Euro ein Tagesgewinn von 2,4 % zu Buche. Praktisch alle Hersteller potenzieller Impfstoffe hätten sich Volumina gesichert, es gebe zahlreiche Risikoorders, erläuterte Siemssen. Da aber fraglich sei, ob und wann diese Aufträge abgerufen würden, lasse sich nicht vorhersagen, ob sich das Zusatzgeschäft im Zuge der Pandemie schon im laufenden Turnus in den Zahlen niederschlage.Von daher beließ es Gerresheimer auch bei der für den laufenden Turnus abgegebenen Prognose. Demnach soll der Umsatz im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen und eine Umsatzrendite bezogen auf das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) von 21 % erwirtschaftet werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass im Ergebnis ein positiver Effekt aus der Umstellung auf die neue Leasingbilanzierung von 9 bis 11 Mill. Euro enthalten ist. Für das erste Halbjahr wird eine Marge von 20,3 % gezeigt. Versorgung abgesichertDie Versorgung mit Vorprodukten für den erwarteten Ansturm haben die Düsseldorfer abgesichert. Zudem habe man Glück gehabt, schon 2019 in neue Maschinen in einigen Glaswerken investiert zu haben. Von daher komme es bei den Investitionen – geplant sind 12 % vom Umsatz – nur zu kleineren Verschiebungen. Sollten die Vorbestellungen nicht abgerufen werden, gebe es andere Verwendungsmöglichkeiten, gab Siemssen Entwarnung. Auch mittel- bis langfristig dürfte sich die Pandemie positiv auf das Geschäft auswirken, glaubt Siemssen.Auch ohne Zusatzumsätze aus dem Verkauf von Impfstoffverpackungen hat Gerresheimer den Umsatz im Berichtsquartal um 1,8 % auf 363 Mill. Euro ausgebaut. Organisch entsprach das einem Zuwachs von 4,6 %. Während das Geschäft mit der Pharmaindustrie im Berichtsquartal spürbar anzog, mussten im Geschäft mit aufwendigen Parfümflakons Federn gelassen werden. Hier geht der Vorstand allerdings nur von einer vorübergehenden Abschwächung aus. Das bereinigte Ebitda legte im Zeitraum März bis Mai organisch um fast 7 % auf 84 Mill. Euro zu.Die Abweichung zu den im Zwischenbericht ausgewiesenen Zahlen ist auf einen Sonderertrag (26 Mill. Euro) im Vorjahr im Zusammenhang mit Sensile Medical, dem Hersteller digitaler Mikropumpen, zu sehen. Hier könnte womöglich ein weiterer Sonderertrag winken, verhandelt Gerresheimer doch mit einstigen Geschäftspartnern, die ihre Entwicklungsaufträge stoppten, über Entschädigungszahlungen. Die Gespräche dürften sich allerdings noch drei bis vier Monate hinziehen, sagte Finanzchef Bernd Metzner. Im Geschäftsfeld Advanced Technologies, dem Sensile Medical zugeordnet ist, wird 2020 mit einem Ebitda-Verlust zwischen 10 und 15 Mill. Euro gerechnet.