Gewinnschub für Tencent
nh Schanghai
Tencent verdient neuerdings vor allem mit Onlinewerbung sowie Fintech- und Cloud-Diensten. Der von Chinas laufender Regulierungskampagne gegenüber Technologiefirmen bereits hart erfasste Internetkonzern lässt die Investoren in Hongkong wissen, dass mit weiteren Pekinger Vorstößen zu rechnen ist, die das Wachstum beeinträchtigen und Anpassungen im Geschäftsmodell erfordern könnten. Zur Erleichterung der Marktteilnehmer wartet Tencent für das zweite Quartal mit einer Gewinnsteigerung auf, die die Erwartungen der Analysten klar übersteigt.
Der weltweit marktführende Anbieter von Onlinespielen (Gaming) und mit Abstand größte Social-Media-Betreiber in China steigerte den Gewinn nach Steuern gegenüber der Vorjahresperiode um knapp 29% auf 42,6 Mrd. Yuan (rd. 5,5 Mrd. Euro) und übertraf die bei gut 31 Mrd. Yuan eingependelte Konsensschätzung deutlich. Dabei spielen kräftige Investmenterträge eine Rolle, die aus der steigenden Marktbewertung von Tencents zahlreichen und weltweit verstreuten Engagements im Techsektor und bei Start-up-Firmen resultieren. So steuerte das Investmentportefeuille von Tencent mehr als 20 Mrd. Yuan zum Quartalsergebnis bei.
Pekinger Anti-Tech-Feldzug
Analysten betonen, dass die von der Pekinger Regulierungskampagne ausgelöste schwere Baisse bei chinesischen Tech-Aktien sich in den kommenden Perioden negativ auf die Beteiligungsgewinne auswirken dürfte. Pekings Feldzug hat nicht zuletzt auch die Tencent-Aktie schwer mitgenommen. Seit Erreichen eines Allzeithochs Ende Januar haben die Titel mehr als 40% eingebüßt (siehe Chart). Tencent spürt Bremseffekte im Kerngeschäft mit Onlinespielen, die unter anderem mit strengeren chinesischen Jugendschutzregeln zusammenhängen, konnte dies aber mit wachsenden Erträgen aus Onlinewerbung auf verschiedenen Social-Media-Kanälen, Videodiensten und Internetservice-Plattformen kompensieren.
Freude macht auch die Fintech-Sparte, wo das an die Messaging-Plattform Wechat anknüpfende Online-Zahlungssystem Wechat Pay Transaktionszuwächse verbucht. Darüber hinaus gilt das Geschäft mit Cloud-Diensten als potenzielle Ertragsperle.
Insgesamt verbucht Tencent ein Wachstum der Erlöse um 20% auf 138,3 Mrd. Yuan und erfüllt damit praktisch exakt die Analystenerwartungen. So hatten die Experten eine Entschleunigung im Gaming-Geschäft vorhergesehen, dessen Wachstum sich zuletzt auf 12% reduzierte. Tencent zeigt sich dabei bemüht, mit zahlreichen neuen Engagements bei Videospielentwicklern ihre Angebotspipeline für die Zukunft abzusichern. Allein in diesem Jahr tätigte Tencent bislang 76 entsprechende Zukäufe im Gaming-Sektor.
Musik-Streaming geschwächt
Weniger Freude macht derzeit das in der separat börsennotierten Tochter Tencent Music Entertainment gebündelte Musikstreaming-Geschäft, nachdem chinesische Regulatoren die Praxis mit exklusiven Lizenzierungsverträgen gegenüber Musikverlagen und Record Labels unterbunden haben. Zuletzt wurde außerdem bekannt, dass Tencent Music ihr geplantes Zweitlisting an der Hongkonger Börse, mit dem man rund 5 Mrd. Dollar an neuem Kapital einzuspielen erhoffte, wegen regulatorischer Unsicherheiten auf unbestimmte Zeit verschieben muss.