GfK stemmt sich gegen den Preisdruck
– Herr Diedrich, der Konzernumbau bescherte der GfK 2014 einen Umsatz- und Ergebnisrückgang. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Unternehmens in diesem Jahr?Nach Bekanntgabe der vorläufigen Eckdaten 2014 haben wir noch keinen Ausblick für 2015 abgegeben, das kommt planmäßig am 13. März während unserer Bilanzpressekonferenz. Unsere primären Ziele sind, die Marge kontinuierlich zu steigern und auch wieder zu wachsen. Im vergangenen Jahr ist unser Konzernumsatz um 2,9 % geschrumpft. Damit sind wir nicht zufrieden. Wir entwickeln aber unser Portfolio in eine Richtung, die mehr Profitabilität verspricht.- Was machen Sie konkret?Dabei investieren wir verstärkt in margenstärkere Aktivitäten. Wir entwickeln uns weg von lokal orientieren Geschäften hin zu globalen Produkten. Deshalb investieren wir in den Ausbau unseres margenstärkeren Geschäftsfelds Consumer Choices, wo der Schwerpunkt auf regelmäßigen Messungen liegt und haben auch 2014 unser Margenziel erreicht.- In diesem Jahr schalten Sie also den Hebel um auf Umsatz- und Ergebnissteigerung?Ja, das kann man so sagen. Schließlich haben wir uns zum Ziel gesetzt, die operative Marge 2016 auf 14 bis 15 % zu steigern nach 12,3 % im vergangenen Jahr.- Die GfK hatte das mittelfristige Margenziel zwischendurch gekürzt. Ist Ihre Vorgabe konservativ, oder liegen Sie angesichts des hohen Preis- und Wettbewerbsdrucks im Trend?Das war 2013 und im Bereich Consumer Experiences, also im projektorientierten Geschäft, herrscht unverändert ein starker Preisdruck. Deswegen fokussieren wir uns hier auf globale Produkte, wo wir höhere Margen erwirtschaften als im lokalen Geschäft. Eine klare Möglichkeit des Wachstums sehen wir aber im lukrativen Bereich Consumer Choices.- Die GfK steht beim Umsatz im weltweiten Branchenranking auf Platz 5. Hat der Konzern die Top 3 im Visier?Unser Ziel ist nicht in erster Linie eine bestimmte Position im Ranking zu erreichen. Von einer geografisch expansiven Akquisitionsstrategie der Vergangenheit sind wir gewechselt auf eine stärker auf organisches Wachstum fokussierte Strategie.- Der im Wachstum befindliche Konzernbereich Consumer Choices stand zuletzt für 41 % des Umsatzes und 71 % des operativen Ergebnisses, die im Umbau stehende Sparte Consumer Experiences für 59 % der Erlöse und 29 % des Ergebnisses. Wie soll das Verhältnis am Ende stehen?Wir haben für die künftige Aufteilung keine Ziele. Das hängt sicherlich auch von den Marktentwicklungen ab in den jeweiligen Bereichen. Wir rechnen aber damit, dass sich der Trend fortsetzen wird. Das heißt, dass das Wachstum im stärkeren Maße im Bereich Consumer Choices stattfindet als im schwankungsanfälligeren Bereich Consumer Experiences. Damit haben wir innerhalb unseres Portfolios einen Wandel zu margenstärkerem Geschäft. Das Verhältnis wird sich daher weiter in Richtung Consumer Choices ausdehnen.- Wird sich damit auch die regionale Verteilung des Geschäfts ändern?Ja, sicherlich. In den Wachstumsmärkten wie etwa Lateinamerika erwarten wir dank Neuaufträgen stärkere Zuwächse als in den Industrieländern. Die Verträge, die wir vor kurzem in Brasilien und in Saudi-Arabien abgeschlossen haben, werden uns 2015 einen Schub geben.- Welche Rolle hat dabei Asien, insbesondere China und Indien?Auch dort erwarten wir weiteres Wachstum. China und Indien sehen wir positiv. Vom stabilen Wirtschaftswachstum in diesen Ländern werden auch wir profitieren.- Mit welchen Produkten und Dienstleistungen will die GfK dort wachsen?Im Bereich Consumer Choices, also beispielsweise mit dem Retail-Panel, sind wir in diesen Ländern mit unseren Dienstleistungen gut positioniert. Da China sehr stark auf die Binnennachfrage setzt, werden wir uns dort noch deutlicher auf dieses Themengebiet ausrichten. Und wir wollen dort den digitalen Bereich ausbauen.- Wer sind Ihre stärksten Wettbewerber in diesen Wachstumsmärkten?Es sind überwiegend die international agierenden Anbieter, die wie wir über die dafür notwendige Kompetenz und die Technologie verfügen.- Hält der Preisdruck in der Branche weiter an?Wir müssen die Entwicklung abwarten. Es gibt eine Reihe neuer Wettbewerber, die in den Markt drängen. Diese Newcomer sind sehr internetbasiert mit teilweise unterschiedlicher Qualität. Man muss sehen, wie Kunden die Priorität setzen zwischen Schnelligkeit, niedrigen Kosten und qualitativ hochwertigen Diensten. Wir arbeiten daran, unsere Kosten im Projektgeschäft weiter zu senken, in dem wir verstärkt plattformbasierte Services auf einem höheren Qualitätsniveau anbieten. Im eher langfristigen Consumer-Choices-Geschäft bauen wir hingegen unsere gute Marktstellung weiter aus.- Hohe Firmenwertabschreibungen bescherten dem Konzern infolge des Umbauprozesses 2013 einen Nettoverlust von 42 Mill. Euro. Gibt es weiteren Wertberichtigungsbedarf, der für den Abschluss 2014 relevant sein könnte?Die Goodwill-Position in unserer Bilanz infolge früherer Akquisitionen ist immer noch beträchtlich. Ende September waren es noch über 800 Mill. Euro. Sie stammen aus der Expansionszeit nach dem Börsengang und mit diesen Zukäufen ist GfK zur Nummer 5 in der Welt geworden. Aber das Geschäft wandelt sich, die Ausrichtung verändert sich. Insofern müssen wir uns regelmäßig anschauen, wie werthaltig der Goodwill ist. Und bei dieser Prüfung spielen viele Faktoren eine Rolle, zum Beispiel die Zukunftserwartungen, aber auch die Wechselkurse. Deshalb erfolgt eine Prüfung jedes Jahr im Rahmen des Jahresabschlusses und wir sind noch mitten drin. Ich kann deshalb hierzu noch keine konkrete Aussage machen. Wir sind heute ein disziplinierter Käufer geworden.- Bei der GfK ist es schon fast Tradition, stärker wachsen zu wollen als der Markt. Das streben Sie auch für 2015 und 2016 an. Wie ist diese Aussage vor dem Hintergrund einer nachlassenden Dynamik in der Branche zu gewichten?In der Tat wächst der Markt nicht mehr so dynamisch wie zu Beginn dieses Jahrtausends. Wir sind gut aufgestellt. Insofern werden wir ein gutes Wachstum hinbekommen.- Der Umbauprozess von GfK läuft seit drei Jahren. Wann ist die Transformation abgeschlossen?Der Umbau von GfK ist sehr weit vorangeschritten. Wir haben viel erreicht, so zum Beispiel bei der Matrixorganisation und der Vereinheitlichung von Methoden, Prozessen und Tools. Etwa 80 % haben wir geschafft, rund 20 % sind noch zu erledigen. Das bezieht sich auf die Dinge, die man sich vor drei Jahren vorgenommen hat. Eine Transformation ist aber eigentlich nie abgeschlossen. Denn die Anforderungen des Marktes ändern sich. Man muss also ständig prüfen, ob man richtig positioniert ist.- Können Sie die durch den Umbau erreichten Kostensynergien beziffern?Wir sehen es an unserer Margenentwicklung. Insofern haben wir auf dieser Seite einiges erreicht. Die Marge im Bereich Consumer Experiences haben wir trotz eines Umsatzrückgangs von 6,6 auf 7 % gesteigert. Vor Sondereffekten ist es sogar 1 Prozentpunkt.- Wie wirkt sich die Euro-Schwäche bzw. Dollar-Stärke auf die GfK aus?Die Entwicklung von Dollar und Pfund hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2014 infolge der Umrechnungseffekte positiv auf unseren Umsatz ausgewirkt nach deutlichen Wechselkursbelastungen im ersten Halbjahr. Der positive Trend hat sich 2014 fortgesetzt, so dass die Währungseffekte im Gesamtjahr mit nur noch minus 0,9 % ins Gewicht fielen. Im ersten Quartal waren wir noch bei minus 3,1 %. Insofern wird sich die Situation 2015 für uns weiter verbessern, solange die Stärke des Dollar und des Pfund anhält. Das überkompensiert die Belastungen aus der Rubel-Abwertung deutlich.- Wie sichern Sie sich gegen Wechselkursrisiken ab?Wir verfolgen eine konservative Strategie. Wenn nötig, hedgen wir das Transaktionsrisiko. Wir versuchen aber im Allgemeinen, eine natürliche Hedgingpolitik zu fahren. Das schaffen wir zum großen Teil, in dem wir die Erträge dort erwirtschaften, wo auch die Kosten entstehen. Zudem sichern wir uns zusätzlich ab mit Krediten in den jeweiligen Währungen und vertraglichen Anpassungsklauseln. Währungsspekulationen machen wir nicht.- Wollen Sie als neuer Finanzvorstand wegen der fortschreitenden Internationalisierung des Geschäfts und der Investorengruppe die Dividendenstrategie ändern?Unsere Dividendenpolitik ist, 25 bis 35 % des Konzernnettogewinns an die Aktionäre auszuschütten. Dieser Level ist sinnvoll und befriedigt die Bedürfnisse unserer Aktionäre.- Bleibt die Dividende der GfK für 2014 mindestens konstant?In den vergangenen drei Jahren ist die Dividende mit 0,65 Euro je Aktie konstant geblieben. Das ergab eine gewisse Kontinuität, obwohl der Konzerngewinn Schwankungen unterlag.- Gewinn- und Umsatzwarnungen infolge des Konzernumbaus trübten zuletzt das Bild der GfK bei den Anlegern. Sind die Zeiten der Marktenttäuschungen vorbei?Die GfK-Aktie notiert derzeit bei über 36 Euro nach rund 40 Euro Anfang 2014. Nach den negativen Überraschungen, als der Kurs zeitweise auf bis zu 30 Euro absackte, hat sich der Kurs inzwischen wieder etwas erholt. Wir werden kontinuierlich weiter an positiven Ergebnissen arbeiten. Das wird sich im Aktienkurs widerspiegeln.- Der GfK Verein hat mit einem Anteil von 56,4 % eine dominante Stellung. Ist das noch zeitgemäß vor den Hintergrund der wachsenden Internationalisierung des Unternehmens?Der GfK Verein ist ein Aktionär, auf den wir uns verlassen können. Unser Großaktionär unterstützt uns bei unserer strategischen Ausrichtung. Sicherlich führt ein Aktionär mit einem hohen Anteil am Grundkapital dazu, dass die Liquidität des Titels am Markt relativ gering ist.- Hindert Letzteres einen Einstieg mancher institutioneller Investoren bei der GfK?Institutionelle Investoren halten 38,5 % des Grundkapitals. Wir haben genug institutionelle Anleger, die wir ansprechen können. Außerhalb der Börse finden sich größere Plattformen, auf denen ein großes Handelsvolumen abgetragen wird. Andere Investoren halten sich zurück, weil ein GfK-Engagement nicht deren hausinternen Vorgaben zur Marktliquidität entspricht. Das beschränkt uns aber nicht in unseren Möglichkeiten. Die Scheu des Marktes vor einem großen Aktionär ist nicht mehr vorhanden.- Sie planen, das Investitionsbudget für 2015 auf 140 Mill. Euro zu steigern nach 110 Mill. Euro im Vorjahr, was vor allem um 40 Mill. auf 50 Mil. Euro erhöhte Mittel für Zukäufe zurückzuführen ist. Widerspricht diese Summe für Akquisitionen nicht der auf organisches Wachstum ausgerichteten GfK-Strategie?Wir planen auch für 2015 einen Großteil der Investitionen für das organische Wachstum, wenngleich die dafür vorgesehene Summe mit 60 Mill. Euro um 10 Mill. etwas geringer ausfällt als 2014. Insofern bleibt dieser Posten auf einem hohen Niveau im Vergleich zu früheren Zeiten. Um organisch zu wachsen, werden wir in den kommenden Jahren weiterhin in den Ausbau der IT investieren. Die für Mergers & Acquisitions budgetierte Summe werden wir sicherlich nicht in der Höhe ausschöpfen. Insofern ist noch offen, ob die Gesamtsumme der Investitionen 2015 tatsächlich steigt. Die Zielrichtung bleibt organisches Wachstum.- Worin setzen Sie den Schwerpunkt für Zukäufe, wenn sich Gelegenheiten ergeben sollten?Nach einer jahrelangen Einkaufstour ist die GfK mittlerweile ausreichend geografisch breit gestreut. Eine Verbreiterung durch Akquisitionen ist deshalb nicht mehr notwendig. Insofern läge der Schwerpunkt bei technologischen Lücken, die wir mit Zukäufen schließen könnten.- Wie bewerten Sie die Passivseite der GfK-Konzernbilanz?Wir verfügen über eine sehr solide finanzielle Struktur. Wir haben mit 270 Mill. Euro einen sehr hohen Kreditrahmen, den wir nicht ausgeschöpft haben. Deshalb sehe ich auf dieser Seite keine Risiken. Wir haben großes Potenzial, den Kreditrahmen noch weiter auszubauen, wenn es nötig wäre. Wir erwirtschaften genügend Cash-flow, um die Kredite zu tilgen.- Nutzen Sie das Zinstief, um die Schuldenstruktur zu optimieren?Wir haben eine Anleihe von 200 Mill. Euro, die im April 2016 ausläuft. Wir überlegen, ob wir diese Mittel noch benötigen und welches Finanzierungsvehikel für uns das Beste ist. Offen ist, ob dies über eine neue Bondemission geschieht oder beispielsweise über ein Schuldscheindarlehen. In den Gesprächen mit den Banken wird sich zeigen, was für uns das Günstigste ist. Der Bond ist mit einem Kupon von 5 % versehen und ich erwarte einen deutlich niedrigeren Zinssatz und eine entsprechende Ersparnis für das Unternehmen.- Braucht die GfK ein externes Rating?Offiziell sind wir zwar nicht geratet, wir halten aber die Kriterien für Investment Grade ein. Die Banken sehen uns als Investment Grade. Insofern dürfte es keine Probleme geben, eine sehr gute Anschlussfinanzierung hinzubekommen.- Wird die GfK ein zunehmend IT-getriebenes Unternehmen?Die GfK wird kein IT-Unternehmen. Die technologische Komponente wird aber bei uns wichtiger. Dazu trägt die Digitalisierung bei.- Werden soziale Netzwerke wie Facebook die künftigen Konkurrenten der GfK?Wenn man das Beispiel Google nimmt, gibt es Situationen, in denen wir Wettbewerber sind und Situationen, bei denen wir zusammen als Partner agieren. Wir erbringen Leistungen für Google, Google ist also unser Kunde. Diese bauen wir aus. Es wird interessant sein, zu beobachten, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln.- Wie tragfähig ist das Geschäftsmodell der GfK vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung?Wir sind gut aufgestellt. Wir investieren in die richtigen Gebiete, die zukunftsträchtig sind. Insofern habe ich keine Zweifel, dass wir auch in der Zukunft gut aufgestellt sind.- Strebt die GfK mehr in das klassische Beratungsgeschäft, um auf diese Weise die Margen zu steigern?Wir bauen auf dem Fundament unserer Daten weiter auf. Ins Beratungsgeschäft streben wir explizit zwar nicht, aber das Thema Beratung spielt bei unseren Dienstleistungen künftig eine stärkere Rolle. Unsere Kunden erwarten nicht nur Daten, sondern auch Analysen und den Blick nach vorne.—-Das Interview führten Claus Döring und Stefan Kroneck.