Globaler Markt, nationaler Vorstand
Das Geschäft der deutschen Industrieunternehmen ist schon lange global. In den Vorständen der Konzerne hält die Internationalität indes nur schleppend Einzug.scd Frankfurt – Gender-Diversität steht auch bei deutschen Investoren und Unternehmen seit Jahren auf der Agenda. Mit der Amerikanerin Jennifer Morgan steht erstmals eine Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Dennoch hinken viele deutsche Unternehmen gerade bei der internationalen Diversität ihrer Geschäftsentwicklung noch deutlich hinterher. Martin Schubert von Eric Salmon & Partners spricht diesbezüglich von einem regelrechten Trauerspiel. “Deutsche international agierende Industrieunternehmen erwirtschaften im Schnitt 20 bis 25 % ihrer Erlöse in Asien, über 20 % auf dem amerikanischen Kontinent und den Rest in Europa. Wenn die Unternehmen wollen, dass diese internationale Ausrichtung so weitergeht, müssten sie das auch in ihrer Führung abbilden”, sagt Schubert, der nach seinem Karrierestart bei Bosch über Stationen bei A.T. Kearney und Korn Ferry zu Eric Salmon gewechselt ist.Zuletzt lag der Ausländeranteil im Dax laut Simon-Kucher & Partners zur Jahresmitte zwar immerhin bei 35 % (siehe Grafik). Doch welches Bild zeigt sich, wenn man näher hinschaut? “Reicht es für ein deutsches Unternehmen, wenn Österreicher, Schweizer oder Niederländer im Vorstand vertreten sind, oder braucht es echte Diversität?”, fragt Schubert.Ein klassisches Negativbeispiel sei Volkswagen. Hier fänden sich in der Führung primär weiße Männer aus dem deutschsprachigen Raum. “Da fehlt es dann im Zweifel an kultureller Sensitivität, aber auch juristischem Verständnis”, glaubt Schubert. Der vermeintliche Nachteil kann in Ausnahmefällen allerdings auch hilfreich sein. “Die komplette Umorientierung zur Elektromobilität wie bei VW ist ein enormes Risiko”, befindet er. “So etwas geht oft leichter mit einem weniger diversen Team.” Vorbildlich nennt der Eric-Salmon-Partner den französischen Industriekonzern Schneider Electric, in dessen Vorstand “kaum eine Nationalität doppelt vertreten ist”. Seit dem Jahreswechsel hat sich der Börsenwert des Unternehmens um knapp die Hälfte gesteigert. Auch ABB hob er positiv hervor. Der Schweizer Konzern habe mehrere internationale Manager im Vorstand, unter anderem einen chinesischstämmigen Schweden, der das Fernost-Geschäft verantwortet.”Die Vorstände schieben oft ein Restrukturierungsprojekt nach dem anderen an, was ja auch ihre Aufgabe ist. Wenn es um sie selbst geht, tun sie sich aber schwer”, befindet Schubert. Doppelspitzen einzurichten – wie unlängst bei SAP -, helfe zwar bei der Diversität, mache in der Regel aber keinen Sinn. Allerdings komme es da letztlich sehr auf die einzelnen Personen an. “Wenn eine Frau dabei ist, ist die Chance, dass eine Doppelspitze funktioniert, sicher noch einmal höher”, sagt Schubert. Generell sei es wichtig für Unternehmen, auch offen für externe Talente zu sein, wenn es intern nicht genug internationales Talent gibt.”Wie ist mein Unternehmen generell aufgestellt, wo muss ich Talente stärker fördern?”, seien Fragen die sich jedes Unternehmen stellen sollte, aber längst nicht jedes Unternehmen stelle. Vorbilder seien vor allem im Ausland zu finden – etwa niederländische und Schweizer Unternehmen wie Philips, ABB und Nestlé. In amerikanischen Unternehmen sehe es hingegen ähnlich aus wie in deutschen. Und große chinesische Konzerne stünden noch ganz am Anfang. “Da gibt es allenfalls einen ausländischen Alibi-Vorstand als Aushängeschild.” Aber auch für Deutschland gelte: “Den Ruck, den wir brauchen, sehen wir noch nicht.”