Glücklich wie deutsche Firmen in Frankreich
wü Paris – Sie sind die engsten Partner innerhalb der Europäischen Union, und sie sind auch in der Wirtschaft wichtige Partner. So ist die Bundesrepublik der zweitgrößte ausländische Investor in Frankreich nach den USA.Rund 2 500 deutsche Unternehmen sind mit Tochtergesellschaften in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone präsent, wo sie rund 320 000 Mitarbeiter beschäftigen und laut Schätzungen der Banque de France auf einen Kapitalstock von 63,4 Mrd. Euro kommen. Wie es den deutschen Unternehmen in Frankreich geht und wie sie ihre Aussichten beurteilen, hat eine gerade veröffentlichte Studie untersucht, die die deutsch-französische Industrie- und Handelskammer (AHK Frankreich) zusammen mit EY alle zwei Jahre durchführt. Dafür hat sie in der Zeit von Juni bis August Chefs von deutschen Firmen befragt, die in Frankreich investiert haben.Obwohl sie wie die gesamte Wirtschaft unter der Coronavirus-Krise leiden, schauen sie weiterhin zuversichtlich in die Zukunft, lautet die vielleicht wichtigste Erkenntnis. “Das war für uns eine Überraschung, dass es Frankreich gelungen ist, trotz der Gelbwesten und der Proteste gegen die Rentenreform als Standort attraktiv zu bleiben”, sagte AHK-Frankreich-Generaldirektor Patrick Brandmaier der Börsen-Zeitung. Der Optimismus halte trotz der Krise an.”Deutsche Unternehmen halten die Stärken des französischen Standortes für intakt. Dazu gehören die Marktgröße, die Qualität der Infrastruktur, das Ausbildungsniveau der Ingenieure, die Innovationskraft und die Kreativität.” Vertiefung der ReformenBis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat sich die Zufriedenheit der befragten Unternehmen stetig verbessert. So bezeichneten 92 % von ihnen ihre Umsätze vor der Krise als gut oder zufriedenstellend.Das waren 5 % mehr als vor zwei Jahren. Gleichzeitig erwartete mehr als ein Drittel eine Umsatzsteigerung begleitet von der Erhöhung der Mitarbeiterzahl und der Investitionssumme.Der vielleicht wichtigste Grund für die steigende Zufriedenheit ist die “Business First”-Politik der Regierung von Präsident Emmanuel Macron. Die befragten Unternehmenschefs haben auch jetzt nach Ausbruch der Coronakrise weiter das Gefühl, dass sie ihnen Gehör schenkt.Gleichzeitig hätten die seit einigen Jahren in Angriff genommenen Reformen Wirkung gezeigt, heißt es in der Studie. Dennoch seien zahlreiche Unternehmenschefs der Ansicht, sie müssten beschleunigt und vertieft werden.”Grundlegend werden Reformen gewünscht, die Einfluss auf den Standort, auf die Wettbewerbsfähigkeit haben”, sagt AHK-Frankreich-Generaldirektor Brandmaier. Ein Beispiel dafür seien die Produktionskosten, die die Regierung nun im Rahmen des 100 Mrd. Euro schweren Konjunkturpaketes versprochen hat zu senken.Sie will dafür die Produktionsabgaben um 20 Mrd. Euro verringern. Deutsche Unternehmen wünschen laut Brandmaier auch, dass die begonnenen Reformen des Rentensystems und der Arbeitslosenversicherung weiter fortgeführt werden. Die Arbeitslosenversicherung müsse effizienter und günstiger werden, um für Unternehmen eine Kostenentlastung zu bringen, so Brandmaier. Deutsche Unternehmen plädieren zudem für einen stärkeren Abbau der in Frankreich sehr hohen Regularien und der Bürokratie, die noch weit größer als in Deutschland ist. Sie hoffen auch auf eine Steuerharmonisierung zwischen den beiden Ländern. Risikofaktor LiquiditätDerzeit hat jedoch vor allem die Bewältigung der Coronavirus-Krise Vorrang. Sie hat die deutschen Unternehmen in Frankreich hart getroffen, je nach Branche unterschiedlich stark. 17 % der befragten Firmen mussten während der strengen Ausgangssperre im Frühjahr ihre Aktivitäten einstellen, weil für sie Telearbeit von zu Hause aus nicht möglich war. Während gerade einmal 10 % der Unternehmen davon ausgehen, dass ihr Umsatz 2020 im Vergleich zu 2019 unverändert bleiben wird, erwarten 46 %, dass er um weniger als 20 % einbricht. 44 % dagegen rechnen mit Umsatzeinbrüchen von mehr als 20 %.Obwohl die Regierung schnell Kurzarbeitsprogramme und Hilfen zur Verfügung gestellt hat, haben 20 % der in Frankreich ansässigen deutschen Unternehmen eigenen Angaben zufolge Liquiditätsprobleme. AHK-Frankreich-Generaldirektor Brandmaier sieht in der mangelnden Liquidität derzeit das größte Risiko für kleine und mittelgroße Betriebe. Trotz der Krise will jeder dritte Unternehmenschef in diesem Jahr an seinen Plänen festhalten, mehr Mitarbeiter einzustellen oder mehr zu investieren. Einig sind sich die Befragten jedoch darin, dass die Erholung erst 2022 und nicht vorher einsetzen dürfte. Die Aussichten für 2022 bis 2024 beurteilen sie dann wieder besser. So äußerten sich 45 % optimistisch für ihr Unternehmen in dieser Zeit. Die Investitionen dürften dann wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen.