Google schiebt EU den schwarzen Peter zu
Von Sebastian Schmid, Frankfurt
Google will in Zukunft darauf verzichten, für die Personalisierung von Werbung Nutzern quer durchs Netz zu folgen. Gestartet wurde die Neuausrichtung bereits 2020, als im Web-Browser Chrome die Auslistung sogenannter Cookies von Drittanbietern wie Datenhändlern oder Werbefirmen eingeleitet wurde, mit denen die Aktivitäten auf verschiedenen Websites nachverfolgt werden können. Jetzt kündigte Google an, man werde auch keine alternativen Methoden zum Tracking von Nutzern entwickeln oder einsetzen.
Google will den Nutzern also weniger auf den Keks gehen und den lästige Datensaugern im Netz den Stecker ziehen. Was nach einem Fortschritt im Bereich Datenschutz klingt, könnte derweil auch dazu dienen, das Machtungleichgewicht im Netz zu verstärken. Denn während etwa Medienunternehmen von Cookies abhängig sind, um mehr über ihre Nutzer zu erfahren und gezielte Werbung zu ermöglichen, hat Google eine Reihe anderer Wege, wie etwas über die Nutzer in Erfahrung gebracht werden kann. Das Unternehmen ist nicht nur Entwickler des Browsers Chrome und des Smartphone-Betriebssystems Android. Auch viele Autohersteller setzen mittlerweile auf Infotainment von Google. Hinzu kommen die smarten Lautsprecher „Nest“, die aus Nutzerverhalten und -interessen lernen.
Entsprechend harsch fällt nun die Kritik des deutschen Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) aus. „Jetzt bewahrheitet sich, wovor kleinere digitale Unternehmen seit Jahren gewarnt haben: dass Google aufgrund seiner Marktmacht nicht mehr auf Cookies angewiesen ist“, hieß es in einer Stellungnahme. Der BDZV fordert ein Eingreifen der EU-Kommission. Diese steht nun vor dem Dilemma, dass sie einerseits die Marktmacht der US-Techriesen begrenzen und andererseits den Datenschutz hochhalten will, auf den Google verweist. Den schwarzen Peter hat der Internetriese erfolgreich der EU zugeschoben.