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Google startet die nächste Fahrt zum Mond

Von Stefan Paravicini, Frankfurt Börsen-Zeitung, 14.12.2013 Der Internetkonzern Google ist bekannt für seine "Moonshot"-Projekte - ambitionierte Vorhaben, die ähnlich der ersten Mondfahrt die Grenzen des Möglichen ausloten. Das autonome Fahrzeug,...

Google startet die nächste Fahrt zum Mond

Von Stefan Paravicini, FrankfurtDer Internetkonzern Google ist bekannt für seine “Moonshot”-Projekte – ambitionierte Vorhaben, die ähnlich der ersten Mondfahrt die Grenzen des Möglichen ausloten. Das autonome Fahrzeug, an dem der Betreiber der weltweit dominierenden Online-Suchmaschine seit einigen Jahren arbeitet, gehört ebenso in dieses Fach wie die im Herbst gegründete Tochter Calico, die sich langfristig nicht weniger als die Überwindung von Krankheit und Tod vorgenommen hat. Über eine weitere Mondmission hat der Konzern Anfang Dezember berichtet: Unter der Leitung von Google-Urgestein Andy Rubin wollen die Kalifornier Roboter bauen (vgl. BZ vom 5. Dezember).Das Interesse von Internetkonzernen an der Robotik ist nicht neu. Als Amazon im vergangenen Jahr 750 Mill. Dollar für Kiva Systems auf den Tisch legte, war der Hintergrund des Engagements aber leichter zu durchschauen als die Roboterpläne bei Google. Amazon setzt auf KivaDie Technologie von Kiva soll Amazon helfen, ihre Logistik effizienter zu machen. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern vor allem um Zeit, wie Amazon auch mit einem eigenen Moonshot-Projekt deutlich macht: In fünf Jahren sollen Kunden mit Hilfe von Drohnen aus der Luft beliefert werden und ihre Bestellungen innerhalb von 30 Minuten erhalten (vgl. BZ vom 3. Dezember).Google hat in den vergangenen sechs Monaten sieben Unternehmen gekauft, die über Technologie aus dem Umfeld der Robotik verfügen: Schaft, eine Gründung von mehreren japanischen Wissenschaftlern, arbeitet an der Entwicklung von sogenannten humanoiden Robotern, deren Gestalt dem Menschen nachempfunden ist. Das US-Start-up Industrial Perception entwickelt Sichtsysteme sowie mechanische Arme. Auf menschenähnliche Roboter und Arme sind auch Meka und Redwood Robotics spezialisiert. Die Firma Holomni baut Hightech-Räder, die die Androiden mobil machen. Bot & Dolly entwickelt Roboterkameras, wie sie zuletzt beim Film “Gravity” zum Einsatz gekommen sind. Autofuss ist eine Design- und Marketingfirma, die bereits mit Bot & Dolly zusammenarbeitet.Über die gezahlten Kaufpreise macht Google keine Angaben. In den M & A-Listen des Branchendienstes Dealogic, der in diesem Jahr gut zwei Dutzend Robotik-Deals mit einem Gesamtvolumen von gerade einmal 145 Mill. Dollar verzeichnet hat, tauchen die übernommenen Firmen nicht auf (siehe Tabelle und Grafik).Was genau Rubin, der sich bei Google mit der Entwicklung des Betriebssystems Android schon vor Calico unsterblich gemacht hat, mit den eingekauften Technologien vorhat, ist unklar. In einem Interview mit der “New York Times” deutete er an, dass die ersten Einsatzmöglichkeiten für die eigenen Roboter in der Elektronikbranche liegen könnten. Apple investiert MilliardenDas Potenzial dort ist groß: Allein der Elektronikkonzern Apple investiert im laufenden Geschäftsjahr 10,5 Mrd. Dollar in Roboter und Automatisierungstechnik in der Lieferkette. Samsung hat sich Investitionen von 22 Mrd. Dollar vorgenommen.Die Logistikbranche hat Rubin ebenfalls im Blick, schon allein wegen Googles bestehender Aktivitäten im Versand von Waren für Händler wie Target und Walgreen. Möglich, dass er gerade den perfekten Beifahrer für das autonome Fahrzeug zusammenschraubt, die beide zentrale Bestandteile in Googles Logistikkette der Zukunft sein könnten. Doch auch wenn der Konzern über viele Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fahrt zum Mond verfügt, der kommerzielle Einsatz von Robotern des Internetkonzerns ist nach Einschätzung von Rubin noch mindestens fünf Jahre entfernt.Gestandene Roboterhersteller wie der Augsburger MDax-Konzern Kuka, ABB aus der Schweiz oder die japanischen Funac und Yaskawa Motoman, die auf dem insgesamt rund 26 Mrd. Dollar großen Markt für Roboterautomatisierung eine führende Rolle spielen, werden die Aktivitäten von Google trotzdem schon heute aufmerksam verfolgen. Die Branche arbeitet verstärkt an “kollaborativen” Robotern, die mit Menschen zusammenarbeiten können, statt auf einzelne Handgriffe gedrillt zu werden. Auch die Zukäufe von Google, etwa Redwood Robotics, sind auf diesem Gebiet tätig.