Google sucht in Regulierungsdebatte die Offensive
Von Stefan Paravicini, New YorkDrei Wochen ist es her, dass der Internetkonzern Google bei einer Anhörung vor dem US-Kongress zu den Geschäftspraktiken und dem Umgang mit Nutzerdaten in der Branche nur durch einen leeren Stuhl vertreten war. Denn Larry Page, Mitgründer und CEO der Konzernmutter Alphabet, folgte der Einladung der Gesetzgeber ebenso wenig wie Google-Chef Sundar Pichai, der stattdessen den Chefjustiziar Kent Walker in die Hauptstadt entsandte. Das wiederum reichte den Abgeordneten in Washington nicht, weshalb der für Google reservierte Stuhl neben Twitter-Chef Jack Dorsey und Facebook-Spitzenmanagerin Sheryl Sandberg verwaist blieb. Das hat Alphabet nach Einschätzung von Beobachtern einiges politisches Kapital gekostet, in das der Konzern in den vergangenen Jahren viel Geld investiert hat (siehe Grafik).In den vergangenen Tagen ist Alphabet erkennbar bemüht, im Austausch mit dem Gesetzgeber wieder in die Offensive zu kommen. Am Montag teilte Google-Chef Pichai mit, dass er sich noch in dieser Woche mit Abgeordneten in Washington treffen werde. “Ich freue mich darauf, Mitglieder beider Parteien zu treffen, ein breites Feld von Fragen zu beantworten und unseren Zugang zu erklären”, teilte Pichai mit. Diese Treffen seien die Fortsetzung einer langen Tradition des Austauschs von Google mit dem Kongress, die allein in diesem Jahr die Teilnahme an sieben Anhörungen vor dem Kongress beinhalte, betonte der CEO. Neuer Chief Privacy OfficerEbenfalls am Montag hat Google den Juristen Keith Enright zum Chief Privacy Officer befördert und einen Vorschlag für die künftige Regulierung des Umgangs mit Daten auf Bundesebene vorgestellt. “Mehr als jemals zuvor, seit ich in diesem Feld arbeite, gibt es jetzt ein echtes Momentum, um die grundlegenden Regeln für Datenschutz zu entwickeln”, erklärte Enright, der heute in Washington erwartet wird, wo er zusammen mit Vertretern von Unternehmen wie Amazon, AT&T und Twitter vor einem Ausschuss des US-Senats aussagt.Eine gute Gesprächsbasis mit den Gesetzgebern in Washington könnte für Google und andere Technologiekonzerne in den nächsten Monaten Gold wert sein, da der politische Druck aus Washington auf die Branche spürbar zunimmt. Erst am Freitag machte die Meldung die Runde, dass das Weiße Haus an einem präsidialen Erlass arbeitet, mit dem US-Präsident Donald Trump die Wettbewerbshüter des US-Justizministeriums auf Google und Facebook ansetzen will. In den vergangenen Wochen hatte Trump die Konzerne kritisiert, liberale Inhalte gegenüber konservativen politischen Ansichten zu bevorzugen. Gestern traf sich Justizminister Jeff Sessions wie angekündigt mit US-Staatsanwälten, um über den Umgang mit Technologiekonzernen und möglichen Wettbewerbsverstößen zu beraten. Eine am Montag vorgestellte Studie des Shorenstein Center on Media, Politics and Public Policy der Harvard Universität und des Thinktank New America spricht sich für schärfere Regulierung der Konzerne und ihrem Umgang mit Daten aus.—– Wertberichtigt Seite 6