Google unterliegt in wegweisendem Monopolprozess
Google verliert wegweisenden Monopolprozess
Gericht kritisiert Unterdrückung des Wettbewerbs am Suchmaschinenmarkt – Tech-Riesen müssen um Ausgang mehrerer Kartellverfahren bangen
xaw New York
Das US-Justizministerium hat im Kampf gegen die Marktmacht von Big Tech einen bedeutenden Sieg errungen. So urteilte ein Bundesgericht in Washington am Montag auf eine Klage der Behörde hin, dass Google ihre Vormachtstellung am Suchmaschinenmarkt mit illegalen Methoden aufrechterhalten hat. Die Alphabet-Tochter sei „eine Monopolistin und habe als solche gehandelt“, schrieb der zuständige Richter Amit Mehta in seiner lang erwarteten 276-seitigen Entscheidungsbegründung.
Milliarden für Browser-Betreiber
Dabei stimmte er dem Argument des Justizministeriums zu, gemäß dem Google Milliarden an Betreiber von Webbrowsern und Smartphone-Entwickler gezahlt habe, um die eigene Suchmaschine zur Default-Anwendung zu machen. Die Praxis stelle eine unrechtmäßige Unterdrückung des Wettbewerbs dar, betonte Richter Mehta. Somit habe Alphabet auch ihre Dominanz im digitalen Werbegeschäft gewahrt. Der Konzern hatte dagegengehalten, Nutzern stehe es jederzeit frei, ihre Hauptsuchmaschine zu wechseln.
Das Justizministerium hatte die Klage 2020 während der Präsidentschaft Donald Trumps verfasst, unter seinem Nachfolger Joe Biden zog der Kartellregulator im September 2023 vor Gericht. Die zehnwöchigen Verhandlungen im vergangenen Jahr, während derer auch Branchenköpfe wie Microsoft-Chef Satya Nadella aussagten, sollten nur die Frage klären, ob Google gegen Recht verstoßen hat. Ein separater Prozess soll nun ermitteln, welche Maßnahmen nötig sind, um den Wettbewerb am Suchmaschinenmarkt zu stärken.
US-Justizminister Merrick Garland bejubelte nach der Entscheidung des Gerichts einen „historischen Sieg für das amerikanische Volk“. Google äußerte sich zunächst nicht zu dem Urteil, das Analysten in ersten Reaktionen zumindest als „wegweisend“ bezeichneten. Es könne das erste Glied in einer Kette bilden, gehen das US-Justizministerium und der zweite große Kartellregulator der Vereinigten Staaten, die Wettbewerbsbehörde FTC, doch mit zahlreichen Klagen gegen Technologieriesen vor. Sowohl Amazon als auch Apple und Meta Platforms müssen sich dabei gegen Vorwürfe unrechtmäßigen Vorgehens verteidigen.
Im vergangenen September nahm die FTC Amazon wegen einer mutmaßlich illegalen Monopolstellung Klage ins Visier. Der Regulator wirft dem Konzern vor, er missbrauche seine Marktmacht, um Preise künstlich hoch zu halten und Händler an die Plattform zu fesseln.
Zerschlagung angedeutet
Die FTC strebt eine Anordnung an, nach der Amazon die angeblich unlauteren Geschäftspraktiken unterlassen müsste. In der Klageschrift heißt es zudem, die Behörde könne „strukturelle Erleichterungen“ verfolgen – diese Formulierung deutet häufig auf eine angestrebte Zerschlagung von Konzernen hin. Unterdessen beschuldigt die FTC Meta Platforms, die Facebook-Mutter, durch Übernahmen potenzieller Rivalen wie des Messaging-Dienstes Whatsapp oder der Foto- und Videoplattform Instagram unrechtmäßig versucht zu haben, Wettbewerb zu umgehen.
Zugleich versucht sich die Behörde daran, Merger im Tech-Sektor zu blockieren. Auch die Partnerschaften von Alphabet, Microsoft und Amazon mit Start-ups wie der ChatGPT-Entwicklerin OpenAI oder deren Konkurrentin Anthropic sind in den Fokus gerückt. Investoren befürchten auch dabei lange Rechtsstreitigkeiten. „Das könnte heißen, dass andere, ähnlich strukturierte Deals sich als wesentlich schwieriger realisierbar erweisen, weil der regulatorische Fokus sich so stark geschärft hat“, betont Karen Kharmandarian, Chief Investment Officer der Natixis-Tochter Thematics Asset Management.
Innovationskraft in Gefahr
Dies habe Folgen für die Innovationsfähigkeit der Tech-Riesen. Neue Entwicklungen seien zuletzt vor allem durch junge Unternehmen getrieben und weniger durch die Giganten der Branche. Deren Entwicklungsfähigkeit werde dadurch gehemmt, dass Fehlschläge sich negativ auf ihre Markenimages auswirken und nur äußerst schwer kontrollierbare finanzielle Risiken nach sich ziehen könnten.
Gerade deshalb gelten Übernahmen als zentral für die Bemühungen der Großkonzerne, ihre Innovationskraft zu stärken. Google scheiterte zuletzt an der Übernahme des Cybersecurity-Start-ups Wiz, die das Cloud-Geschäft des Konzerns beflügeln sollte. Alphabet-Investmentchefin Ruth Porat versuchte deshalb, die Anleger zu beruhigen. Alphabet sehe starke Chancen, das Cloud-Geschäft organisch auszubauen.
Ausgaben explodieren
„Nichtsdestotrotz suchen wir immer nach guten Gelegenheiten, das Portfolio zu diversifizieren, und werden dies auch weiterhin tun, wenn wir dafür die richtige Kombination an Faktoren finden“, sagte Porat zuletzt in einer Medienschalte. Die Investitionsausgaben von Big Tech sind im abgelaufenen Jahresviertel massiv in die Höhe geschossen, nachdem sie bereits im vergangenen Jahr 18% der Kapitalaufwendungen im S&P 500 ausmachten. Anleger fürchten, dass die Konzerne sich damit zu einseitig positionieren.