Vormachtstellung am Suchmaschinenmarkt

Google unterliegt in wegweisendem Monopolprozess

Google hat ihre Dominanz im Suchmaschinenmarkt nach Urteil eines US-Bundesgerichts mit illegalen Praktiken gesichert. Nun muss auch die Big-Tech-Konkurrenz um den Ausgang potenziell folgenreicher Kartellklagen bangen.

Google unterliegt in wegweisendem Monopolprozess

Google verliert wegweisenden Monopolprozess

xaw New York

Das US-Justizministerium hat im Kampf gegen die Marktmacht von Big Tech einen bedeutenden Sieg errungen. So urteilte ein Bundesgericht in Washington am Montag auf eine Klage der Behörde hin, dass Google ihre Vormachtstellung am Suchmaschinenmarkt mit illegalen Methoden aufrecht erhalten hat. Die Alphabet-Tochter sei „eine Monopolistin und habe als solche gehandelt“, schrieb der zuständige Richter Amit Mehta in seiner lang erwarteten, 276-seitigen Entscheidungsbegründung.

Alphabet-CEO Sundar Pichai im vergangenen Oktober vor dem Gerichtsgebäude in Washington. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jose Luis Magana.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jose Luis Magana

Dabei gab er dem zentralen Argument des Justizministeriums recht, gemäß dem Google Milliarden an Betreiber von Webbrowsern wie Mozilla Firefox und Smartphone-Entwickler gezahlt habe, um die eigene Suchmaschine zur Default-Anwendung zu machen – nach Berichten der „New York Times“ flossen 2021 zu diesem Zweck 18 Mrd. Dollar an Apple als Entwicklerin des iPhone und des Safari-Browsers. Die Praxis stelle eine unrechtmäßige Unterdrückung des Wettbewerbs dar, betonte Richter Mehta. Somit habe Alphabet auch ihre Dominanz im digitale Werbegeschäft gewahrt. Der Konzern hatte dagegen gehalten, Nutzern stünde es jederzeit frei, ihre Haupt-Suchmaschine zu wechseln, die Änderung der entsprechende Einstellung lasse sich einfach vornehmen.

Das Justizministerium hatte die Klage 2020 während der Präsidentschaft Donald Trumps verfasst, unter seinem Nachfolger Joe Biden zog der Kartellregulator dann im September 2023 vor Gericht. Die zehnwöchigen Verhandlungen im vergangenen Jahr, während denen auch Branchenköpfe wie Microsoft-Chef Satya Nadella aussagten, sollten nur die Frage klären, ob Google gegen geltendes Wettbewerbsrecht verstoßen hat. Ein separater Prozess soll nun ermitteln, welche Maßnahmen nötig sind, um den Wettbewerb am Suchmaschinenmarkt zu stärken.

Auch Microsoft-CEO Satya Nadella sagte im Kartellprozess gegen Google aus. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon.

US-Justizminister Merrick Garland bejubelte nach der Entscheidung des Gerichts einen „historischen Sieg für das amerikanische Volk“. Google äußerte sich zunächst nicht zu dem Urteil, das Analysten in ersten Reaktionen zumindest als „wegweisend“ bezeichneten. Es könne das erste Glied in einer Kette bilden, gehen das US-Justizministerium und der zweite große Kartellregulator der Vereinigten Staaten, die Wettbewerbsbehörde FTC, doch mit zahlreichen Klagen gegen Technologieriesen vor. Sowohl Amazon als auch Apple und Meta Platforms müssen sich dabei gegen Vorwürfe unrechtmäßigen Vorgehens verteidigen.

Auch Amazon im Visier

Im vergangenen September nahm die FTC Amazon wegen einer mutmaßlich illegalen Monopolstellung Klage ins Visier. Der Regulator wirft dem E-Commerce-Giganten vor, dieser missbrauche seine Marktmacht, um Preise künstlich hoch zu halten und Händler an die eigene Plattform zu fesseln.

Die FTC strebt eine gerichtliche Anordnung an, gemäß derer Amazon die angeblich unlauteren Geschäftspraktiken unterlassen müsste. In der Klageschrift heißt es zudem, die Behörde könne „strukturelle Erleichterungen“ verfolgen – diese Formulierung deutet häufig auf eine angestrebte Zerschlagung von Konzernen hin. Unterdessen beschuldigt die FTC Meta Platforms, die Facebook-Mutter durch Übernahmen potenzieller Rivalen wie des Messaging-Dienstes Whatsapp oder der Foto- und Videoplattform Instagram unrechtmäßig versucht, den Wettbewerb zu umgehen.

Die FTC geht hart gegen die Marktmacht von Big Tech vor. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon.

Zugleich versucht sich die Behörde wiederholt daran, Merger im Tech-Sektor zu blockieren. Auch die Partnerschaften von Alphabet, Microsoft und Amazon mit Start-ups wie der ChatGPT-Entwicklerin OpenAI oder deren Konkurrentin Anthropic sind in den Fokus gerückt. Investoren befürchten auch dabei lange Rechtsstreitigkeiten. „Das könnte heißen, dass andere, ähnlich strukturierte Deals sich als wesentlich schwieriger realisierbar erweisen, weil der regulatorische Fokus sich so stark geschärft hat“, betonte Karen Kharmandarian, Chairman und Chief Investment Officer der Natixis-Tochter Thematics Asset Management, zuletzt gegenüber der Börsen-Zeitung.

Innovationskraft in Gefahr

Dies habe Folgen für die Innovationsfähigkeit der Tech-Riesen. Neue Entwicklungen seien zuletzt vor allem durch junge Unternehmen getrieben und weniger durch die Giganten der Branche. Deren Entwicklungsfähigkeit werde dadurch gehemmt, dass Schwächen und Fehlschläge sich stark negativ auf ihre Markenimages auswirken und somit nur äußerst schwer kontrollierbare finanzielle Risiken nach sich ziehen könnten.

Gerade deshalb gelten Übernahmen als zentral für die Bemühungen der Großkonzerne, ihre Innovationskraft zu stärken. Google scheiterte zuletzt an der Übernahme des Cybersecurity-Startups Wiz, die das Cloud-Geschäft des Konzerns beflügeln sollte. Das junge Unternehmen strebt mittelfristig stattdessen einen Börsengang an. Alphabet-Investmentchefin Ruth Porat versuchte deshalb zuletzt, die Anleger zu beruhigen. Alphabet sehe starke Chancen, das Cloud-Geschäft organisch auszubauen.

Alphabet-Investmentchefin Ruth Porat sucht Investoren zu beschwichtigen. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Michael Brochstein.

„Nichtsdestotrotz suchen wir immer nach guten Gelegenheiten, das Portfolio zu diversifizieren, und werden dies auch weiterhin tun, wenn wir dafür die richtige Kombination an Faktoren finden“, sagte Porat in einer Medienschalte rund um die jüngste Quartalsveröffentlichung des Konzerns. Die Investitionsausgaben von Big Tech sind im abgelaufenen Jahresviertel noch einmal massiv in die Höhe geschossen, nachdem sie bereits im vergangenen Jahr 18% der Kapitalaufwendungen im S&P 500 ausmachten. Anleger fürchten, dass die Konzerne sich damit zu einseitig positionieren.

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