GASTBEITRAG

Governance-Kodex muss rasch verabschiedet werden

Börsen-Zeitung, 10.5.2019 Die intensive Kritik am Entwurf der Regierungskommission für eine grundlegende Kodex-Überarbeitung hat einige Kommentatoren dazu veranlasst, die Sinnhaftigkeit des Kodex und der Kommission grundsätzlich infrage zu stellen....

Governance-Kodex muss rasch verabschiedet werden

Die intensive Kritik am Entwurf der Regierungskommission für eine grundlegende Kodex-Überarbeitung hat einige Kommentatoren dazu veranlasst, die Sinnhaftigkeit des Kodex und der Kommission grundsätzlich infrage zu stellen. Diese wollen wohl gute Governance für sich persönlich definieren, mit dem Ziel, ohne angemessene Transparenz unangenehme Fragen und Anforderungen von Investoren und anderen Stakeholdern zu vermeiden. Das ist aber gestrig und sollte nicht hingenommen werden.Als Investoren und Primär-Nutzer der Berichterstattung auf Basis des Deutschen Corporate Governance Kodex befürwortet die DVFA Kommission Governance & Stewardship ausdrücklich die Institution des Kodex und seine Verortung bei einer Regierungskommission. Wir legen intensiven Wert auf einen Kodex als selbstregulierendes Instrument für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung und -kontrolle in Deutschland. Das ist weiter dringend nötig, wie zu viele Beispiele auch der jüngsten Vergangenheit gezeigt haben. Die Alternative gesetzlicher Regelungen ist weder für Investoren noch für Emittenten wünschenswert, schon weil Gesetze zu wenig flexibel und bürokratisch belastend wirken. Nur durch einen verbindlichen Kodex ist ein ausreichender Orientierungsrahmen für gute Governance vorhanden.Allerdings muss der neue Kodex breit akzeptiert sein, um seine volle positive Wirkung zu entfalten. Er muss anspruchsvollen Parametern genügen und in der täglichen Praxis der Unternehmensführung, d. h. durch Haltung und Verhalten von Vorstand und Aufsichtsrat nachvollziehbar akzeptiert sein.Die DVFA Kommission Governance & Stewardship hat in ihrer Stellungnahme während des Konsultationsprozesses folgende Merkmale für den neuen Kodex als essenziell herausgestellt: Angemessene, vereinfachte und nachvollziehbare Vergütungssysteme Überzeugende Unabhängigkeit im Aufsichtsrat Transparente Bestellungswege für den Aufsichtsrat mit anspruchsvollen Vorgaben Klare Ausrichtung auf Nachhaltigkeit Keine Beschneidung wesentlicher Aktionärsrechte, vor allem bei Stimmrechten, Kapitalerhöhungen und GroßübernahmenFür gelebte Unternehmensverantwortung und Fortschritte bei guter Unternehmensführung und -kontrolle in Deutschland bedarf es jetzt der baldigen Verabschiedung des neuen Kodex in einer überarbeiteten Fassung, die den Stellungnahmen der Konsultation Rechnung trägt, ohne das Ambitionsniveau abzusenken. Ein so überarbeiteter Kodex sollte nach der bereits im Juni 2017 erfolgten Ankündigung noch vor der Sommerpause erscheinen, um für die Unternehmen 2020 Gültigkeit und damit Anwendung zu haben. Weitere Kritik absehbarEin späteres Datum würde aus Unternehmenssicht erst für 2021 umsetzbar sein, so dass die Kodex-Anwendung erst im Frühjahr 2022 sichtbar werden dürfte. Diesen nahezu Fünfjahreszeitraum seit Ankündigung halten wir für deutlich zu lang und dürfte bei den Kodex-Gegnern zu weiterer Kritik der mangelnden Relevanz führen. Eventuelle, durch die erst im Herbst verabschiedete ARUG-II-Gesetzgebung erforderliche Änderungen sind dann ohne weitere Konsultationsnotwendigkeit in den neuen Kodex einzufügen. Michael Schmidt, Vorsitzender der DVFA Kommission Governance & Stewardship und Christian Strenger, Stellvertretender Vorsitzender der DVFA Kommission Governance & Stewardship