Leerverkäufer

Grifols wehrt sich gegen Angriff von Gotham City

Das Ibex-Unternehmen Grifols aus Katalonien will rechtlich gegen den US-Fonds Gotham City Research vorgehen, dessen Bericht einen einmaligen Kurssturz auslöste. Die Madrider Börsenaufsicht will der Sache nachgehen.

Grifols wehrt sich gegen Angriff von Gotham City

Grifols wehrt sich gegen Angriff von Gotham City

Spanischer Pharmakonzern stürzt nach Anschuldigung des Leerverkäufers wegen Bilanztricks an der Börse ab

ths Madrid

Der spanische Pharmakonzern Grifols hat rechtliche Schritte gegen den US-Investor Gotham City Research angekündigt, nachdem ein Bericht des auf Leerverkäufe spezialisierten Anlegers am Dienstag einen Kurssturz der Aktien auslöste. Die Analysten der Firma aus New York hatten auf 60 Seiten dem Unternehmen Bilanzfälschung zur Vertuschung seiner Schuldenquote angelastet und die Aktien für wertlos erklärt.

Daraufhin stürzte der Kurs des Ibex35-Konzerns an der Madrider Börse zeitweise um mehr als 40% und schloss schließlich mit einem Minus von 26% gegenüber Vortag, ein Verlust von mehr als 2 Mrd. Euro an Marktwert. Gotham City hat mit der Operation ein gutes Geschäft gemacht. Die Firma erklärte der spanischen Börsenaufsicht CNMV am Mittwoch, dass man die Shorts von 0,57% des Kapitals von Grifols wieder auf 0,06% reduziert habe. Der 2012 gegründete Hedgefonds aus den USA ist spezialisiert auf ausführliche Studien unbekannter Schwächen von Marktteilnehmern, die er bekannt gibt und durch Leerverkäufe zu Geld macht.

Grifols, das mit Blutplasma Medikamente herstellt und 2022 die deutsche Biotest AG übernahm, klagt nun wegen des „bedeutenden finanziellen und Image-Schadens“, wie auch der „Verunsicherung bei Patienten und Blutspendern“. Am Mittwoch erholte sich der Aktienkurs wieder und der Pharmakonzern war Tagessieger am Ibex35 mit einem Plus von 12%. Denn einige Analysten bezeichneten die Vorwürfe von Gotham City als übertrieben. Viele der fragwürdigen Bilanzierungspraktiken seien bekannt gewesen. „Obwohl wir sogar mit einigen Punkten im Bericht einverstanden sein können, scheint uns dieser insgesamt ungenau, übertrieben und in vielen Argument extrem, abgesehen davon, dass der Autor als Leerverkäufer ein Interesse hat“, kritisierte der Madrider Broker Renta 4.

Gotham City zielt in der Studie auf die Beziehung zwischen Grifols und anderen Firmen ab, insbesondere Scranton, einem Finanzvehikel mit Sitz in den Niederlanden, über das die Gründerfamilie namens Grifols 8,6% des Kapitals des Pharmakonzerns kontrolliert. Grifols erwarb 2018 zwei Unternehmen, Haema und BPC, die unmittelbar danach für 469 Mill. Euro an Scranton weiterverkauft wurden. Jedoch werden die Gewinne der beiden Akquisitionen in der Bilanz von Grifols ausgewiesen. Dadurch sinkt die Ratio von Betriebsgewinn (Ebitda) auf Verschuldung. Der Konzern aus Katalonien verteidigt sich mit dem Argument, dass man eine Kaufoption auf beide Unternehmen zu einem festgelegten Preis habe und effektiv die Kontrolle ausüben würde.

Der Bericht von Gotham City hinterfragt auch andere Verflechtungen mit Tochterunternehmen. Schließlich stellt der Investor die Unabhängigkeit des CEO Thomas Glanzmann in Zweifel. Der Schwede hatte letztes Jahr zusätzlich zum Vorsitz des Aufsichtsrats die Geschäftsleitung von Víctor und Raimón Grifols übernommen. Der Rückzug der Gründerfamilie aus der Konzernführung war eine Forderung der Anleger. Das einstige Vorzeigeunternehmen, das im Bereich Blutplasma zu den Weltmarktführern zählt, war rasch gewachsen und hatte sich dabei hoch verschuldet. Die Pandemie brachte das Geschäft ins Schwanken. Mit dem Vorstandsumbau und einem Sparprogramm hatte man zuletzt das Vertrauen der Anleger wiedergewonnen.

Dass der Bericht von Gotham City so großen Einfluss an der Börse hatte, liegt auch an der Vorgeschichte des Hedge Fonds. Dieser hat schon mehrfach Unternehmen, wie den britischen IT-Berater Quindell, ins Wanken gebracht. In Spanien trieb ein Bericht der Amerikaner 2014 das Telekomunternehmen Gowex in die Pleite. Die Marktaufsicht CNMV sah keinen Grund, an den Bilanzen von Grifols zu zweifeln. Man habe aber das Unternehmen kontaktiert „mit dem Ziel die Situation zu klären“, sagte der Vorsitzende der CNMV, Rodrigo Buenaventura. Grifols selbst hat für Donnerstag einen Call mit Analysten einberufen.

Wertberichtigt Seite 2
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