Konjunktur

Großanlagenbau hofft auf Erholung

Der deutsche Großanlagenbau hat im vergangenen Jahr einen Auftragseinbruch von 35% erlitten. Der Umsatz blieb dank des Orderpolsters aus früheren Jahren aber stabil. 2021 soll es wieder bergauf gehen.

Großanlagenbau hofft auf Erholung

hek Frankfurt

Nach dem als „erdrutschartig“ eingestuften Auftragseinbruch im vergangenen Jahr kehrt im deutschen Großanlagenbau Zuversicht zurück. Mehr als 90% der in der entsprechenden Arbeitsgemeinschaft des Maschinenbauverbands VDMA organisierten Unternehmen erwarten steigende oder konstante Bestelleingänge im Jahr 2021, teilt der VDMA mit. Von der Belebung werde sowohl das Neu- als auch das Modernisierungs- und Servicegeschäft profitieren.

Impulse verspricht sich die Branche von der weltwirtschaftlichen Erholung, den Konjunkturprogrammen, einer Entspannung bei den Handelskonflikten und von Technologien für mehr Nachhaltigkeit. Behinderungen entstünden aber durch die Mobilitätseinschränkungen infolge der Corona-Pandemie. Viele Anlagenbauer erwarteten daher einen schrittweisen Aufholprozess, der bis 2023 dauern könne.

Im vergangenen Jahr schrumpften die Bestellungen um 35% auf 11,9 Mrd. Euro. Das Inlandsgeschäft blieb mit minus 9% auf 3,2 Mrd. Euro vergleichsweise stabil, aber die Auslandsnachfrage kollabierte um 42% auf 8,6 Mrd. Euro und erreichte den Angaben zufolge nur noch das Niveau von 1989. Das führte zu einem Personalabbau um ein Zehntel. Ende 2020 beschäftigte der Großanlagenbau in Deutschland und Österreich 48600 Mitarbeiter.

Im Inland stützten Aufträge für Chemieanlagen und für Gas- und Dampfturbinenkraftwerke das Ge­schäft. So kletterten die Bestellungen für thermische Kraftwerke laut VDMA auf den höchsten Stand seit 2014. Heftige Einbußen gab es bei Aufträgen aus der Papier-, der me­tallurgischen und der Baustoff­industrie.

Im Auslandsgeschäft sei lediglich Osteuropa von den global zu verzeichnenden Auftragseinbrüchen ausgenommen. Wichtigster Auslandsmarkt war Russland mit Bestellungen von 1,6 Mrd. Euro, vor allem für Chemie-Großprojekte. Die Nachfrage aus anderen Kernmärkten wie China, USA und Indien sei auf „langjährige Tiefstwerte“ gesunken. Reise- und Kontaktbeschränkungen und Einnahmeausfälle der Kunden hätten zu Verwerfungen im internationalen Projektgeschäft geführt.

Der Preis- und Konsolidierungsdruck nimmt zu, sagt Jürgen Nowicki, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau und CEO von Linde Engineering. Kunden forderten verstärkt niedrige Investitionskosten. Kleine und mittlere Projektgrößen, Ertüchtigungen und Dienstleistungen stünden im Fokus. Überkapazitäten und rückläufige Projekttätigkeit hätten zu hohem Preisdruck geführt. Auch sei das Bedürfnis der Kunden nach Transparenz bei Kosten, Qualität und Baufortschritt gewachsen. Ferninbetriebnahmen, Fernwartung und Fernaudits hätten an Bedeutung gewonnen. Durch digitale Technologien und veränderte Arbeitsabläufe sei die Produktivität während der Pandemie gestiegen.

Technologien zur Einsparung von Energie und Treibhausgasen eröffneten Chancen für den Großanlagenbau, betont Nowicki. Genannt werden Anlagen zur CO2-freien Stromerzeugung, Rauchgasreinigungssysteme, Recyclinganlagen und Technologien für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Auch liefere die Branche Elektrolyseure und Gesamtanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff. Notwendig seien aber verlässliche Rahmenbedingungen für die erneuerbare Stromerzeugung. „Grüner Wasserstoff und der Ausbau der regenerativen Energien bedingen sich gegenseitig“, sagt Nowicki.