Erleichterungen für M&A

London will Übernahmerecht entschärfen

Die britische Regierung will das Übernahmerecht lockern, das der nationalen Sicherheit Vorrang gibt. Ein entsprechender Konsultationsprozess ist bereits unterwegs. Wirtschaftsverbände applaudieren.

London will Übernahmerecht entschärfen

London will Übernahmerecht entschärfen

Meldepflichten und Branchenfokus auf dem Prüfstand

hip London

Die britische Regierung will das neue Übernahmerecht entschärfen, das die Sicherheitsinteressen des Landes betont und erst Anfang vergangenen Jahres in Kraft trat. "Wir können für die Welt von morgen keine Regulierung von gestern haben", sagte der stellvertretende Premierminister Oliver Dowden der "Financial Times". Es gehe darum, die "administrative Belastung" für die betroffenen Firmen zu reduzieren, heißt es in der Bekanntmachung einer von ihm angestoßenen Konsultation. Man wolle sicherstellen, dass der Prozess "so reibungslos und effizient wie möglich" verlaufe. Das Ausmaß der Meldepflichten werde ebenso thematisiert wie die Branchen, die sich der besonderen Aufmerksamkeit der Aufsicht erfreuen. Rund 93% der eingegangenen Pflichtmitteilungen blieben der Regierung zufolge folgenlos.

China im Visier

Das bestehende Recht war eine Reaktion der Regierung von Boris Johnson auf Übernahmen durch Unternehmen aus der Volksrepublik China. Peking hatte sich öffentlich darüber beklagt, auf diese Weise ins Visier genommen zu werden. Bislang wurden dem "Telegraph" zufolge 17 Transaktionen mit Hilfe des Gesetzes blockiert, darunter der Verkauf eines ehemaligen Infineon-Halbleiterwerks an die Wingtech-Tochter Nexperia. An mehr als der Hälfte der Deals seien chinesische Parteien beteiligt gewesen. Kwasi Kwarteng ließ als Wirtschaftsminister den Einstieg des französischen Milliardärs Patrick Drahi (Altice) beim Telekomkonzern BT unter die Lupe nehmen. Nach der Entscheidung für den Austritt aus der EU hatten niedrige Bewertungen und eine schwache Währung britische Unternehmen attraktiv für Firmenjäger aus aller Welt gemacht.

"Exzessive Bürokratie"

Wirtschaftsverbände begrüßten das Vorhaben, den National Security & Investment Act auf den Prüfstand zu stellen. Zu viele "völlig akzeptable" Deals von Unternehmen aus verbündeten Ländern seien durch "exzessive Bürokratie" und langwierige Verfahren behindert worden, sagte Stephen Phipson, der Chef der Lobby Make UK. Das könne dazu führen, dass wichtige Transaktionen mit ausländischen Käufern am Ende nicht zustande kommen. Die Prozesse müssten effizienter werden, forderte er.

Dauerbrenner im politischen Diskurs

Das Thema ist im politischen Diskurs in Großbritannien ein Dauerbrenner. Als der Süßwarenproduzent Cadbury von Kraft Foods geschluckt wurde, revidierten die Amerikaner ihre Zusage, ein Werk in Somerset weiterzubetreiben. Aus diesem Grund rückte der Erhalt der Pharma-Forschungsstandorte auf der Insel in den Fokus, als Pfizer AstraZeneca übernehmen wollte. Der Kauf des Chipdesigners Arm Holdings durch den Finanzinvestor Softbank sorgte für eine Debatte über den Ausverkauf britischer Hightech-Unternehmen, die bis heute anhält.

Schon Vince Cable wollte handeln

Schon der Liberaldemokrat Vince Cable wollte als Wirtschaftsminister David Camerons das Übernahmerecht verschärfen, um nationale Interessen und kritische Infrastruktur zu schützen. Es ermöglichte der Regierung nur einzuschreiten, wenn ein Deal eine Gefahr für Pressevielfalt, nationale Sicherheit oder Finanzstabilität darstellt – und auch das nur in Fällen, über die nicht ohnehin in Brüssel entschieden wurde.

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