Großfusion der Autobahnbetreiber

Hochtief und Atlantia besiegeln Milliardenkauf von Abertis - Benetton-Familie wird Hochtief-Großaktionär

Großfusion der Autobahnbetreiber

Die 18 Mrd. Euro schwere Übernahme von Spaniens Autobahnbetreiber Abertis ist unter Dach und Fach. Hochtief teilt sich das Unternehmen mit dem italienischen Mautstraßenkonzern Atlantia, hinter dem die Modedynastie Benetton steht. Die Italiener werden im Zuge des Deals auch Großaktionär bei Hochtief.cru Düsseldorf – Der Widerstand der spanischen Regierung war am Anfang groß. Doch ein Jahr nach dem Beginn der Offerte ist die 18 Mrd. Euro schwere Übernahme des spanischen Mautstraßen-Betreibers Abertis in trockenen Tüchern. Um ein teures Bieterrennen zu vermeiden, ziehen Italiens Autobahnkonzern Atlantia, der mit dem Einsturz der Autostrade-Brücke in Genua zu kämpfen hat und hinter dem die Modedynastie Benetton steht, und der deutsche Baukonzern Hochtief den Deal über ein gemeinsames Konsortium durch.Durch den Deal, bei dem J.P. Morgan als Berater für Hochtief fungiert, steigt Atlantia zum größten Autobahnbetreiber der Welt auf. Es handelt sich um die größte Übernahme in Kontinentaleuropa im Jahr 2018.Die neue Holding-Gesellschaft, an der Atlantia mit 50 % plus 1 Aktie, die spanische Hochtief-Mutter ACS mit 30 % und der Essener Baukonzern mit 20 % minus 1 Aktie beteiligt sind, habe knapp 99 % der Abertis-Aktien übernommen, teilten Atlantia und Hochtief am Montag mit. Atlantia hatte ursprünglich allein für das spanische Unternehmen geboten, das auch Hochtief und ACS ins Visier genommen hatten. Nun schmieden die Unternehmen ein Bündnis, darauf hatten sie sich im März 2018 geeinigt.Dazu ist die italienische Atlantia auch bei Hochtief eingestiegen. Die Italiener übernahmen nach eigenen Angaben knapp 24 % der Hochtief-Aktien von ACS, die zu rund der Hälfte aus einer Kapitalerhöhung bei Hochtief um rund 10 % stammen, deren neue Aktien nur von ACS gezeichnet wurden. Dafür habe Atlantia 143,04 Euro je Hochtief-Anteilsschein gezahlt und insgesamt rund 2,4 Mrd. Euro aufgebracht. Ein Hochtief-Sprecher wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob ein Vertreter von Atlantia in den Hochtief-Aufsichtsrat einziehen könnte. Aktienkurs steigtDer Kurs der im MDax notierten Hochtief-Aktie reagierte am Montag mit einem Plus von zeitweise 2 % auf 131,50 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich damit seit Anfang 2015 verdoppelt auf 8,5 Mrd. Euro. Der Anteil von ACS an Hochtief ist durch die Kapitalerhöhung von 72 % auf 50,4 % gesunken. Der Streubesitz liegt bei 26 %.Hochtief finanziert den Eigenkapitalanteil von 1,4 Mrd. Euro für die Abertis-Übernahme durch verfügbare Mittel und die Kapitalerhöhung. Das hatte Hochtief-Vorstandschef Marcelino Fernández Verdes bereits auf der Hochtief-Hauptversammlung angekündigt.Die neue Abertis-Gruppe habe eine weltweit führende Position im Bau-, Infrastruktur- und Konzessionsgeschäft inne, hatte ACS-Chef Florentino Perez gesagt, der auch Präsident des Fußballclubs Real Madrid ist. Sie kann damit nach Aufträgen zum Bau von Autobahnen, Brücken oder Bahnstrecken mit einem Volumen von global 200 Mrd. Euro greifen und diese später auch betreiben. Die 2003 gegründete Abertis verwaltet mehr als 8600 Kilometer Mautstraßen weltweit. Allein in Spanien sind es knapp 1600 Kilometer, mehr als 60 % der dortigen Mautstraßen.Die von der Benetton-Familie kontrollierte Atlantia war jüngst unter Druck der italienischen Regierung geraten, nachdem eine von der Tochter Autostrade betriebene Brücke in der italienischen Hafenstadt Genua eingestürzt war. Bei dem Unglück waren 43 Menschen ums Leben gekommen.Die Ratingagentur Moody’s hat die Bonitätsnote von Atlantia wegen der Abertis-Übernahme, die den Schuldenberg auf rund 35 Mrd. Euro erhöht, von “Baa2” um einen Notch auf “Baa3” gesenkt. Auch die politischen Risiken in Italien spielen dabei eine Rolle. Der neuen rechtspopulistischen Regierung in Rom war die Atlantia-Eigentümerfamilie stets ein Dorn im Auge: Sie verdächtigte die Benettons der Kumpanei mit der Links-Regierung Matteo Renzis, die die Autobahnlizenz für die Atlantia-Tochter Autostrade verlängert hatte. 7 Mrd. Euro EigenkapitalDie neue Holding für den Abertis-Konzern, der zwischenzeitlich die Börsennotierung eingestellt hat, wird mit 7 Mrd. Euro Eigenkapital ausgestattet. Hinzu kommen 10 Mrd. Euro an Krediten. Die operative Führung kommt den Planungen zufolge Atlantia zu, die einen Vorstandschef benennen soll. Wegen des Brückeneinsturzes in Genua könnte es nun ein spanischer Manager werden.