Großkonzerne werden schleppend nachhaltiger
ak Düsseldorf – Die Großkonzerne in den Industrieländern erzielen Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit. Allerdings bewegen sie sich absolut immer noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Das ist die Kernaussage einer Studie von ISS ESG. Seit elf Jahren veröffentlicht der Responsible-Investment-Bereich des Stimmrechtsberaters Institutional Shareholder Services Inc. einen jährlichen Review zur Nachhaltigkeitsleistung internationaler Großunternehmen. Während diese 2013 noch bei mehr als der Hälfte aller betrachteten Konzerne als “schlecht” bewertet wurde, ist die Zahl der wenig nachhaltig wirtschaftenden Gruppen bis 2018 auf rund ein Drittel gesunken. Viele schafften den Sprung ins mittlere Segment, die Zahl der gut oder exzellent eingestuften Unternehmen ist allerdings nur leicht gestiegen.Im Dax gehören Deutsche Telekom, Henkel und SAP zu den am besten bewerteten Unternehmen, die in ihrer Branche jeweils den ersten Platz belegen – allerdings “nur” mit einem guten Rating, da kein Dax-Konzern die Einstufung “exzellent” erreicht. Schlusslicht im deutschen Leitindex ist Wirecard, die in die unterste Kategorie fällt. Laut ISS ESG führen vor allem europäische Konzerne die Nachhaltigkeitsrankings in den einzelnen Branchen an. Zu den Branchen mit den meisten Unternehmen im Prime-Bereich gehören Haushaltsprodukte und Körperpflege, Halbleiter und Elektronik, am seltensten gute Nachhaltigkeitsnoten bekommen Konzerne aus dem Handel, Öl & Gas sowie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie.Doch der allgemeine Trend zu mehr Nachhaltigkeit ist nur die eine Seite: Kritisch merkt ISS an, dass die Zahl der gemeldeten Kontroversen binnen eines Jahres um mehr als 40 % zugenommen hat. Hier geht es um Fälle, in denen Unternehmen gegen ethisch-sozial-ökologische Normen, wie sie zum Beispiel im UN Global Compact verankert sind, verstoßen. Der Anstieg “macht deutlich, dass es eine zunehmende Fehlausrichtung der Unternehmenspraktiken gegenüber den Erwartungen der Investoren und Stakeholder gibt”, schreibt ISS in seinem Bericht. In mehr als der Hälfte (56 %) der schweren Kontroversen ging es um Menschenrechte und Arbeitsrechte. Die höheren Fallzahlen hängen laut ISS vor allem mit einem gestiegenen Bewusstsein für Standards, verbesserten Überwachungsmechanismen und einer entwickelten öffentlichen Diskussionskultur um die Sorgfaltspflicht im Bereich Menschenrechte zusammen. Sie spiegelten zudem den wachsenden Einfluss und die Reichweite sozialer Netze wider, heißt es in der Studie. Ein knappes Viertel der Kontroversen betraf Korruption oder Geldwäsche, etwa 20 % entfielen auf Umweltverschmutzung und klimaschädliches Verhalten.In den nächsten Monaten würden Themen wie Klimawandel, verantwortungsbewusster Konsum und Ressourcennutzung, Datensicherheit und Datenschutz sowie die Me-too-Debatte und Diskriminierung noch mehr als bisher an Bedeutung gewinnen, prognostiziert ISS.”Trotz der positiven Entwicklungen, die der diesjährige ESG Review sichtbar macht, sind wir noch weit von einer wirklich zufriedenstellenden Situation entfernt”, kommentierte Robert Haßler, Managing Director bei ISS ESG.