"Grün allein reicht nicht"

Deutschlands Premiumanbieter geben die Jungen nicht verloren - Innovationskultur auf den Kopf gestellt

"Grün allein reicht nicht"

Es sind Herausforderungen einer anderen Art, denen sich die deutschen Oberklasse-Hersteller stellen müssen. Weltweit können die großen Städte beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur nicht Schritt halten. Braucht es mehrere Hundert Pferdestärken, um im Stau zu stehen? Und wachsen in den Industrieländern mit der Generation Y junge Berufstätige heran, für die der Besitz eines Pkw eher zweitrangig ist? Die Chefs der großen deutschen Premium-Anbieter liefern auf diese Problemfelder durchaus unterschiedliche Antworten.jur München – Diese Fakten hat Rupert Stadler, Chef des Ingolstädter Autobauers Audi, aus dem Effeff parat: “In 20 Jahren leben weltweit zwei Drittel der Menschen in Städten”, sagt der CEO gestern auf einer großen Automobilkonferenz in München. Und wenn schon heute ein Autofahrer in Sao Paulo im Schnitt 23 Tage pro Jahr im Stau steht, wie Stadler berichtet, dann ist das mit Blick auf die künftige Absatzentwicklung am Automarkt als “Herausforderung” noch wohlwollend umschrieben. Am “Scheideweg” stehe die Automobilindustrie, stimmt auch BMW-Vorstandsvorsitzender Norbert Reithofer auf der vom “Handelsblatt” organisierten Veranstaltung, mit ein.Mit Hilfe neuer Angebote wollen die Hersteller die Zukunft mitgestalten, vom Anbieter eines Automobils zum Automobildienstleister werden. Die konkreten Ideen dabei sind vielfältig, von der App, die bei der Parkplatzsuche unterstützen soll, über das Carsharing bis zum Elektroauto, das durch die Städte stromert und die Luft nicht verpestet.Doch haben die Premium-Hersteller auch in den nächsten Jahren weiterhin so viele Kunden? Wachsen mit der als Generation Y betitelten Gruppe nicht junge Menschen heran, die zwar extrem technologieaffin sind, aber auf ein eigenes Auto durchaus verzichten können? Alles halb so wild, so Audi-Chef Stadler. Zwar interessiere sich die Jugend mehr für die Datenautobahn als für die klassische Autobahn, doch vielmehr sei dies der Auftrag, das Auto zum “größten digitalen Gerät” zu machen.”Manche glauben, das Auto verliere an Bedeutung – gerade bei Jüngeren”, sagt auch Daimler-Chef Dieter Zetsche. “Wir erleben aber das Gegenteil: Noch nie gab es so viele junge Leute, die nicht nur einen Mercedes wollen, sondern auch kaufen”, betont der Manager, der dieses Phänomen gerade bei der neuen A-Klasse beobachtet haben will. Mit einem “mutigen und progressiven Design” gewinne man Kunden, die zu großen Teilen von der Konkurrenz kämen und rund zehn Jahre jünger seien als die Durchschnittskunden bei Mercedes. Bei der neuen A-Klasse habe man dafür auch “die Innovationskultur auf den Kopf gestellt”. Während bei Daimler normalerweise neue technische Features erst in die großen Modelle eingebaut würden, habe man dies in diesem Falle umgedreht. Kein Auto für ÄltereDie ältere Kundschaft will Zetsche dabei aber nicht übergehen. Doch: “Ältere Menschen wollen kein Auto für Ältere”, weiß der CEO. Vielmehr sei es wichtig, dass bei allerlei “Spielereien für die Freaks” für die Kundengruppe “young at heart” die Grundfunktionen im Auto einfach und verständlich blieben.BMWs “Antwort auf die speziellen Anforderungen in urbanen Ballungsräumen” sei der neue Elektroflitzer i3, der am 16. November auf den Markt kommt, betont Vorstandschef Reithofer. Während der Preis für das erste serienmäßige Elektroauto von BMW bereits bekannt ist (rund 35 000 Euro), gab Reithofer gestern keine Details zu geplanten Verkaufszahlen preis. Es gelte, “mit innovativen Angeboten Begehrlichkeiten zu wecken und Nachfrage … zu kreieren”, sagte er auch mit Blick auf den E-Mobilitätsmarkt, der hierzulande noch in den Kinderschuhen steckt. “Grün allein reicht nicht. Ein umweltfreundliches Produkt muss auch emotional und cool sein”, so der CEO, der sich auf EU-Ebene Anreize für die beschleunigte Einführung alternativer Antriebe erhofft.