Gut genug ist manchmal besser als perfekt

Anlagenbauer plädieren für mehr Mut zu Mittelmaß

Gut genug ist manchmal besser als perfekt

ds Mannheim – Deutsche Ingenieurskunst gilt als unübertroffen, doch zu viel des Guten schadet. Die deutschen Hersteller von Großanlagen, die sich starker Konkurrenz von Koreanern, Chinesen oder Indern ausgesetzt sehen, sollten mitunter mehr Mut zum Mittelmaß haben. Zu diesem Schluss kam Dieter Rosenthal, Mitglied der Geschäftsführung des Düsseldorfer Hütten- und Walzwerktechnik-Anlagenbauers SMS, auf dem Engineering Summit in Mannheim, auf dem sich rund 300 Branchenexperten am Dienstag und Mittwoch trafen. Die letzten 10 Prozent tun weh”Unsere Ingenieure neigen zur Perfektion. 80 bis 90 % erreicht man in einer vernünftigen Zeit, die letzten 10 % tun weh. Wir müssen manchmal das Risiko eingehen, auf die letzten 10 % zu verzichten”, sagte Rosenthal. Das sei nötig, um in Märkten wie China vorzudringen. Laut Rosenthal ist der High-End-Anlagenmarkt in der Volksrepublik zu 95 % in ausländischer Hand, während die Chinesen den Low-End-Markt im Heimatland zu 97 % kontrollieren. Bei Mittelklasseanlagen in China kämen chinesische Anbieter wie Baosteel, Cisdi oder Wisdri aber schon auf einen Marktanteil von zwei Dritteln in der Volksrepublik.Um mit solchen Anbietern zu konkurrieren, müsse man die Anlagen für Schwellenländer anders konzipieren, so Rosenthal, und dabei auch lokale Beschäftigte bei der Projektplanung einbinden. So habe SMS beispielsweise eine Anlage zum Verzinken von Blech, die in Deutschland für rund 60 Mill. Euro verkauft werde, so verändert, dass sie in Indien für 30 Mill. Euro angeboten werden konnte und für kleine indische Firmen sogar nur für 12 Mill. Euro. Vor allem bei der Automatisierung, für die hierzulande hohe Standards gelten, müsse man abspecken. “Was man in Deutschland noch als Handarbeit empfindet, gilt in Indien schon als Automatisierung”, sagte Rosenthal.Solche Anpassungen nach unten hätten natürlich Grenzen, räumte der SMS-Vorstand ein. “Wir werden niemals Kostenführer.” Punkten könnten deutsche Anlagenbauer im Service oder mit Hilfe beim Betreiben der Anlage. “Viele Kunden haben keine Prozesskompetenz mehr”, sagte Rosenthal. Da liege es nahe, solchen Kunden künftig “Kochbücher für die Herstellung von Produkten zu liefern”. Pluspunkt UmweltschutzReüssieren könne das auf Umweltschutz bedachte Deutschland auf den Weltmärkten auch mit emissionsarmen Anlagen. Rosenthal: “Für Anlagen mit einem grünen Schild dran sehe ich in China großes Potenzial.”