Gute alte Siemens-Schule
Das sauerländische Verkehrstechnikunternehmen Vossloh mit dem Dax-Konzern ThyssenKrupp zu vergleichen, mag auf den ersten Blick vermessen erscheinen. ThyssenKrupp bringt immerhin den 30-fachen Umsatz wie Vossloh auf die Waage. Und doch gibt es zurzeit einige Parallelen, die nicht von der Hand zu weisen sind.Beides sind Unternehmen mit einer langen Historie, die sich im Zuge von Wachstum und Internationalisierung und eventuell auch auf Grund von strategischen Fehlentscheidungen verzettelt haben. Sowohl in Essen als auch in Werdohl sind daher tiefgreifende und schmerzhafte Restrukturierungen angestoßen worden – in beiden Fällen von früheren Siemens-Managern.Heinrich Hiesinger und Hans Martin Schabert haben als Bereichsvorstände bei Siemens einst quasi Stuhl an Stuhl zusammen gearbeitet. Sie haben sich schon in Restrukturierungsfällen beweisen können und haben in München ein gutes Projekt- und vor allem Kostenmanagement gelernt. Bei Vossloh wird jetzt – wie auch schon bei ThyssenKrupp in den vergangenen Jahren – damit begonnen, den Konzern wieder schlank aufzustellen. Alle Bereiche müssen ihre Einsparbeiträge leisten. Mit der Lok-Sparte wird ein bisheriges Kerngeschäft aufgegeben.Schabert gelingt es bei Vossloh zurzeit ebenso wie Hiesinger bei ThyssenKrupp, die Mitarbeiter auf dem schmerzhaften Weg mitzunehmen. Beide setzen nicht nur aufs Zuhören und ein klares Handeln, sondern auch auf eine engere interne Verzahnung der einzelnen Geschäftsfelder und zugleich einen stärkeren gemeinsamen Auftritt nach außen. Bei ThyssenKrupp führte dies zum Slogan “Wir sind ThyssenKrupp”. Bei Vossloh wird nun, in augenfälliger Anlehnung an das über zehn Jahre alte Motto “One Siemens”, die Losung “One Vossloh” ausgerufen.Hiesinger hat vor wenigen Wochen den ersten Gewinn seiner Amtszeit verkünden können. So weit ist Schabert noch lange nicht. Sein Antrittsjahr 2014 wird mit tiefroten Zahlen enden. Drei Jahre nimmt er sich zur Umsetzung seiner neuen Strategie. Das ist eine lange Zeit, und die operativen Zielmargen, die er für 2017 in Aussicht stellt, sind mit 5 % bis 6 % trodem eher enttäuschend – auch wenn sie noch das aktuelle Portfolio abbilden. Für Vossloh-Aktionäre waren in der Vergangenheit nämlich Margen jenseits der 10 % selbstverständlich. Wann wieder Dividende gezahlt wird, steht noch in den Sternen.Hiesinger hat es geschafft, auch die Investoren zu überzeugen. Ob dies auch Schabert mit seiner Radikalkur gelingt, ist noch längst nicht entschieden.