Handelsriese Otto räumt nach Verlust im Konzern auf

Tochtergesellschaften stehen zur Disposition - Belastungen in Russland, Frankreich und den USA - Mehr Zuversicht für laufendes Jahr

Handelsriese Otto räumt nach Verlust im Konzern auf

ste Hamburg – Nach dem ersten Konzernverlust seit den Anfangsjahren erwägt die 1949 gegründete Hamburger Handels- und Dienstleistungsgruppe Otto den Verkauf einiger Konzerngesellschaften. Vorstandschef Hans-Otto Schrader stellte in der Bilanzpressekonferenz die Veräußerung von sechs bis acht Beteiligungen in den Raum. Die Gesamtstrategie des Unternehmens müsse angesichts eines breiten Portfolios von Handelsmarken, einer starken Position im E-Commerce und bei handelsnahen Dienstleistungen nicht geändert werden. Allerdings will Schrader prüfen, ob alle Gesellschaften im Konzern “nachhaltig gut positioniert” sind. Wo das nicht der Fall sei, könnten Miteigentümer an Bord geholt oder Gesellschaften verkauft werden. Die Otto-Gruppe ist heute mit 123 Unternehmen in mehr als 20 Ländern Europas, Nord- und Südamerikas und Asiens präsent. “Schmerzhafte Erfahrung”Im abgelaufenen Geschäftsjahr rutschte der Konzern vor allem wegen Belastungen in Russland, Frankreich und den USA mit einem Fehlbetrag von 196 (i.V. +194) Mill. Euro in die Verlustzone. Vorstandschef Schrader sprach mit Blick auf den verbuchten Vorsteuerverlust von 125 (i.V. +244) Mill. Euro – dem ersten seit dem Geschäftsjahr 2009/2010 (133 Mill. Euro) – von einer “persönlich schmerzhaften Erfahrung”. Der 58-Jährige, der die Otto-Gruppe seit 2007 führt, zeigte sich bereit, im Falle eines Angebots durch den Aufsichtsrat seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender über 2016 hinaus zu verlängern. “Aber erst einmal muss ich liefern.”Schrader bestritt, dass die Gruppe mit 123 “wesentlichen” Unternehmen, ihrer Vielzahl an strategischen Partnerschaften und Joint Ventures zu groß sei. “Wir könnten auch 200 Firmen steuern.” Von Tafelsilber werde sich die Otto-Gruppe nicht trennen, stellte der scheidende Finanzvorstand Jürgen Schulte-Laggenbeck klar. Schrader hob hervor, dass die Kerngeschäft-Gesellschaften wie Otto, Bonprix, Baur und die Witt-Gruppe, die für knapp 60 % des Gesamtgeschäfts des Konzerns stünden, eine “gute Zukunft” vor sich hätten. Ihre Investitionen könnten sie selbst finanzieren.Probleme bereiteten dem Konzern in Russland der Rubel-Verfall im Zuge der Ukraine-Krise. Die in den Vorjahren wachsende und profitable Russland-Tochter rutschte in die Verlustzone, der Umsatz fiel um 23,5 % auf 400 Mill. Euro. Das Unternehmen fahre nun auf Sicht, sagte Schrader, der auch für 2015 rote Zahlen in Russland in Aussicht stellte. Zumindest in den nächsten zwei bis drei Jahren wolle die Gruppe ihre Position in Russland verteidigen, ein Rückzug komme nicht in Frage.Sorgen bereiten weiterhin die französische 3SI Group, die 2017 in die Gewinnzone zurückkehren soll, die US-Tochter Crate & Barrel, bei der in diesem Jahr der Turnaround erwartet wird, sowie die Marken Sportscheck und My Toys. Der Online-Bezahl-Plattform Yapital, die gemessen an den Nutzerzahlen bislang hinter den Erwartungen blieb, will Schrader durch Verbindung mit einem strategischen Partner, “der Kundenreichweite mitbringt”, in den kommenden Monaten zum Durchbruch verhelfen.Der Otto-Chef kündigte an, die digitale Transformation zu beschleunigen und erneut dreistellige Millionenbeträge in IT, Logistik und den Aufbau neuer Geschäftsmodelle zu investieren. So sollen etwa über eine neu gegründete Gesellschaft Werbeflächen auf den Internetseiten an andere Unternehmen verkauft werden.Anders als vor Jahresfrist traute sich Schrader gestern eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr zu. Die ersten Monate seien gut angelaufen, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Den 2014/2015 nur um 0,5 % auf 12,1 Mrd. Euro gewachsenen Umsatz will der Konzern um 3 % steigern. Unter Berücksichtigung positiver Sondereffekte aus Portfoliomaßnahmen soll das Vorsteuerergebnis 2015/2016 wieder leicht positiv ausfallen.—– Personen Seite 16