Hängepartie für Lufthansa

Politik uneinig - Staatshilfen und Stellenabbau schließen sich in der Branche nicht aus

Hängepartie für Lufthansa

Die Rettung der Deutschen Lufthansa gerät immer mehr zur Hängepartie. Zum einen sind sich die Regierungsparteien nicht einig über die geeigneten Mittel, zum anderen klemmt die Genehmigung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) noch immer in Brüssel. Auch Streit um Stellenstreichungen belastet die Gespräche.hei Frankfurt – Die Verhandlungen über ein Rettungspaket für die Deutsche Lufthansa ziehen sich länger hin als andernorts in der Branche. So haben Frankreich und die Niederlande binnen weniger Wochen insgesamt ein Paket von gut 10 Mrd. Euro an Staatshilfe für Air France-KLM geschnürt, das binnen Tagen von der EU-Kommission gebilligt wurde. Auch eine Reihe anderer Carrier hat bereits Liquiditätshilfen erhalten.Bei der Lufthansa ist die Sache indes kompliziert. Zum einen liegen die Regierungsparteien nach wie vor über Kreuz, was die Instrumente einer Rettungsaktion betrifft. Die Rede ist von einem Mix aus einem KfW-Kredit über 3,5 Mrd. Euro, einer stillen Beteiligung über 5,5 Mrd. Euro und einer direkten Eigenkapitalspritze. Dabei war vom federführenden Finanzministerium eine Sperrminorität von 25 % plus eine Aktie angedacht, die der Staat möglichst günstig mit Hilfe eines Kapitalschnitts erwerben sollte (vgl. BZ vom 8. Mai).Allerdings erfordert ein Kapitalschnitt einen Hauptversammlungsbeschluss, und dafür könnte die Zeit knapp werden. Außerdem sträubt sich die CDU/CSU nach wie vor gegen eine substanzielle Staatsbeteiligung an der Lufthansa. Als Kompromiss zeichnete sich ein Einstieg mit 10 % ab – dafür wäre kein HV-Beschluss nötig, gegebenenfalls flankiert von einer Wandelanleihe, die das temporäre Engagement des Staates absichern könnte. Vom politischen Gerangel abgesehen ist allerdings die Ausgestaltung des WSF, der als Vehikel für die staatlichen Rettungsaktionen aufgesetzt wurde, nach fast zwei Monaten noch immer Gegenstand der Beratungen mit Brüssel. Jedoch hieß es in Regierungskreisen, dies betreffe die Rettungsbemühungen um die Lufthansa kaum. Stützungsfälle dieser Größenordnung werden von der EU ohnehin im Einzelfall geprüft.Nicht zuletzt belasten auch Restrukturierungspläne der Lufthansa die Rettungsgespräche. Konzernchef Carsten Spohr rechnet mit einer nur sehr langsamen Erholung des Luftverkehrs nach der Coronakrise und einem dauerhaft niedrigeren Verkehrsaufkommen, etwa bei Geschäftsreisen. Er will daher die Kapazitäten im Konzern anpassen. 10 000 Stellen müssten wegfallen, wenn 100 Flugzeuge dauerhaft aus dem Verkehr gezogen werden. Konkrete Restrukturierungsschritte hat die Fluggesellschaft schon bei Brussels Airlines und Austrian Airlines (AUA) angekündigt. Bei der Brüsseler Konzerntochter ist der Abbau von 1 000 Stellen, entsprechend einem Viertel der Belegschaft, geplant. AUA soll 1 200 Arbeitsplätze streichen. Die Ankündigungen haben in den Ländern Entsetzen ausgelöst und auch die dortige Politik alarmiert. So ließ Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Regierung über 767 Mill. Euro Staatshilfe für die AUA entscheiden soll, “klare Interessen” durchblicken. Wien sei im Luftverkehr ein “wichtiges Drehkreuz”. Die Regierung in Brüssel erwartet einen Plan, der sich auf “profitables Wachstum, ökologische Verantwortung und Beschäftigung” konzentriert.Indes war insbesondere der Flughafen Wien in der jüngsten Vergangenheit das “wohl größte Schlachtfeld der Billigflieger in Europa”, wie die Lufthansa verlauten lässt. Überkapazitäten und massiver Preisdruck setzen allen dortigen Playern zu und machen Restrukturierungen bei AUA unabwendbar. Auch Brussels hatte schon vor der Coronakrise mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen.Unterdessen zeigt eine ganze Reihe von Stützungsaktionen in der Reise- und Luftverkehrsbranche, dass Staatshilfen auch mit Arbeitsplatzabbau einhergehen, hierzulande namentlich bei der Tui. Noch nichts verlautet ist bisher offiziell über einen konkreten Stellenabbau von Air-France-KLM, für die bisher das größte Rettungspaket geschnürt wurde. Ebenso wenig Konkretes gibt es von der ewig notleidenden Alitalia, in die der italienische Staat erneut 3,5 Mrd. Euro pumpt.EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sorgt sich indes über Wettbewerbsverzerrungen durch die Hilfspakete einzelner Staaten, konkrete Schritte nannte sie aber noch nicht.