Hedgefonds lässt Ströer bluten

Vernichtender Research-Bericht löst Kurssturz aus - MDax-Konzern wehrt sich - Aktionärsschützer wütend

Hedgefonds lässt Ströer bluten

ak/dm Düsseldorf/Frankfurt – Eine vernichtende Analyse des hierzulande weitgehend unbekannten US-Hedgefonds Muddy Waters hat am Donnerstag einen Kurssturz beim Werbevermarkter Ströer ausgelöst. Die Notierung des MDax-Konzerns brach in der Spitze um 30 % ein, ehe sich der Kurs etwas erholte und mit einem Minus von 18 % aus dem Handel ging. Der Marktwert von Ströer fiel um 530 Mill. Euro. Hohe LeerverkaufspositionMuddy Waters ist ein in San Francisco ansässiger aktivistischer Hedgefonds, der nach eigenen Angaben eine Short-Position bei Ströer aufgebaut hat. In einer Mitteilung weist die Gesellschaft selbst auf Interessenkonflikte hin. Die Leerverkaufspositionen bei Ströer waren zuletzt ungewöhnlich hoch. Am Mittwoch waren laut dem Datendienstleister Markit 14,4 % der Aktien, das bedeutet jede dritte handelbare Aktie aus dem Streubesitz von Ströer (rund 45 %), ausgeliehen. Ausgeliehene Aktien werden in der Regel von Leerverkäufern genutzt, um Aktien verkaufen zu können, ohne dass sie ihnen gehören. Im Fall von Ströer ist die Zahl ausgeliehener Titel schon im November markant gestiegen (vgl. Grafik). Die Finanzaufsicht BaFin erklärte auf Anfrage, den Vorgang routinemäßig anzuschauen. Die Vorwürfe, die Muddy Waters erhebt, sind schwer: Das organische Wachstum, Ebitda und Cash-flow-Kennziffern seien nach eigenen Berechnungen signifikant geringer, als Ströer berichte. Der Hedgefonds greift zudem die Corporate Governance bei Ströer scharf an und verweist auf M & A-Geschäfte von Vorstandsmitgliedern mit dem Konzern im Jahr 2012 ganz am Anfang der neu eingeschlagenen Digitalstrategie. “Als Ergebnis (…) erscheint uns der Investment Case von Ströer künstlich aufgebläht”, heißt es in dem 62-seitigen Bericht.Ströer bezeichnete den Bericht als “weit hergeholt” und “verleumderisch”. Der Konzern habe operativ den besten Jahresstart in der Unternehmensgeschichte hingelegt und bestätige die Prognosen für 2016. Ströer prüfe rechtliche Schritte. Auch Analysten und Aktionärsschützer sprangen dem MDax-Konzern bei. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte zu dem Muddy-Waters-Bericht: “Das ist aus meiner Sicht ein klassischer Fall von Marktmanipulation. Wenn wir die BaFin brauchen können, dann jetzt.” Leerverkäufe gehörten nach Meinung der DSW ohnehin verboten. Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe kommentierte: “Das ist Wirecard 2.0.” Ende Februar war der Zahlungsverkehrsdienstleister Opfer einer Attacke von Leerverkäufern geworden; eine dubiose, aber ausführliche Studie mit Betrugsvorwürfen hatte einen Kurssturz zur Folge. Die Parallelen zu Ströer: Die Aktienkurse beider Unternehmen waren zuvor stark gestiegen, so dass sich Verkäufe leichter auslösen ließen.