Hella beugt sich der Realität

Erstmals seit mehr als zehn Jahren Umsatzrückgang erwartet - Düstere Aussichten für Automarkt

Hella beugt sich der Realität

Der auf Licht und Elektronik spezialisierte Autozulieferer Hella hält für den laufenden Turnus erstmals seit mehr als zehn Jahren einen Umsatzrückgang für möglich. Es gebe keine Anzeichen für eine Markterholung. Die Aussagen kamen am Kapitalmarkt nicht gut an. Der MDax-Wert verlor in der Spitze 7 %. ab Düsseldorf – “Es zeichnen sich keinerlei Verbesserungen in der kurzfristigen Marktentwicklung und der kurzfristigen Situation in der weltweiten Automobilindustrie ab.” Mit diesen Worten setzte Hella-Chef Rolf Breidenbach den Ton für die Aussichten im neuen Turnus. An der Börse avanciert Hella mit einem Verlust von 6,6 % auf 38,60 Euro zum größten Verlierer im MDax.Während die Marktforscher von IHS für den laufenden Turnus mit einem Rückgang in der weltweiten Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen von 1,3 % ausgeht, malt Hella ein deutlich düstereres Bild: “Wir glauben, dass die Produktion um 5 bis 6 % zurückgeht”, sagte Breidenbach. Anders als IHS, die für das vierte Quartal 2019 von einer Markterholung ausgehe, mache Hella keine Anzeichen für eine Markterholung aus. Von daher bleibt Hella mit dem Ausblick für den im Mai angelaufenen Turnus auch lieber auf der vorsichtigen Seite.Der Umsatz wird in einer Range von 6,5 bis 7 Mrd. Euro gesehen, nach vergleichbar 6,8 Mrd. Euro im Vorjahr. Es wäre der erste Umsatzrückgang seit mehr als zehn Jahren. Insbesondere das erste Geschäftshalbjahr wird als anspruchsvoll bezeichnet, war es im Vorjahr doch zu massiven Vorzieheffekten wegen des neuen Abgastestverfahrens WLTP gekommen.Aber auch jenseits des konjunkturellen Abschwungs und der Verunsicherung durch den Handelskonflikt glaubt Hella nicht an die Rückkehr zu den Wachstumsraten der Vergangenheit. “Die Sonderkonjunktur in China ist vorbei, wir müssen uns auf ein deutlich geringeres Wachstum einstellen”, mahnte der Hella-Chef. Mittelfristig werde der Automobilmarkt in China zwar wieder wachsen – seit Jahresbeginn ging die Autoproduktion im Reich der Mitte um 18 % zurück -, aber wohl eher mit geringen einstelligen Wachstumsraten. Die Märkte in den Industrieländern seien dagegen weitgehend gesättigt. Gleichwohl zahlt sich nach Einschätzung von Breidenbach die Spezialisierung von Hella auf Lichtkonzepte und Elektronik, die Zukunftsthemen in der Automobilindustrie, aus. Selbst wenn das Zeitalter des völlig autonomen Fahrens noch nicht angebrochen sei, profitiere Hella mit Anwendungen auf dem Weg dorthin.Die negative Branchenentwicklung wird sich nach Einschätzung von Hella insbesondere auch im operativen Ergebnis niederschlagen. Für den neuen Turnus rechnen die Lippstädter mit einem deutlichen Margenrückgang auf 6,5 bis 7,5 %. Im Geschäftsjahr 2018/19 war die Umsatzrendite bezogen auf das um Portfolio- und Umstrukturierungseffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern noch leicht auf 8,4 (i.V. 8,3) % gestiegen. Keine Abstriche in F&EKurzfristig will Hella auf die düsteren Marktaussichten mit konsequentem Kostenmanagement sowie der Optimierung des Standortportfolios reagieren. Mittel- und langfristig sieht sich Hella jedoch in guter Position, um den Branchenwandel mitzugestalten. Das reicht von der Markteinführung automobiler Zukunftstechnologien über den Ausbau des Partnernetzwerks bis hin zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.Abstriche an Zukunftsinvestitionen – sowohl was Forschung und Entwicklung als auch Sachanlageinvestitionen betrifft – will Breidenbach nicht machen. Beides zusammen kostet alljährlich zwischen 1,1 und 1,3 Mrd. Euro. Die hohe F&E-Quote, die im vorigen Jahr auf 8,8 % stieg, ist Analysten schon länger ein Dorn im Auge. Dem hält Breidenbach entgegen, dass es weniger auf die Höhe der Quote ankomme. “Am Ende muss das Ebit stimmen”, sagt er. Bislang ist Hella mit dieser Strategie gut gefahren, lassen sich mit neuen, innovativen Produkten doch auch höhere Preise am Markt erzielen.Die Eckdaten für den abgelaufenen Turnus hatte Hella Ende Juli veröffentlicht und dabei auch die Ausschüttung einer Sonderdividende von 2,30 Euro je Aktie annonciert. Konkret wird der Buchgewinn aus dem Verkauf des Großhandelsgeschäfts. Das sei angesichts der starken Bilanz – die Eigenkapitalquote stieg zum Bilanzstichtag auf 46,3 %, zudem verfügte der Autozulieferer zugleich über eine Nettokassenposition – angemessen.