Hellas-Krise "sicher nicht alleiniger Grund" für IPO-Absage von Ado
Von Ulli Gericke, BerlinDer geplante Börsengang des Berliner Wohnungsvermieters Ado Properties war von Anfang an ehrgeizig. Ein teuer – nach Meinung der meisten Beobachter: zu teuer – eingekauftes Portfolio, das mit erhofft gewaltigen Mietsteigerungen refinanziert werden sollte, sorgte von Beginn an für Aufmerksamkeit (vgl. BZ vom 3. Juni). Kein Wunder, dass Helmut Kurz, der Leiter Immobilienaktien beim Bankhaus Ellwanger & Geiger, die gestern von Ado genannte Griechenland-Krise als Begründung für die Verschiebung ihres IPO als “ganz sicher nicht den alleinigen Grund” akzeptierte. Die Bewertung der neuen Aktien sei mit 20 bis 25 Euro “stolz” gewesen, was mit einer Berlin-Prämie gerechtfertigt worden sei. Denn Ado ist ausschließlich in der scheinbar boomenden Kapitale tätig. Das klingt für ausländische Investoren vielversprechend – erwarten diese doch bei dem Wort Hauptstadt immer mehr, als Berlin in der Lage ist zu liefern.Generell gesehen wird es dagegen “langsam wieder interessant, in Immobilienaktien einzusteigen”, urteilt André Remke, Immobilienanalyst bei der Baader Bank. Nachdem Anleger in den vergangenen Monaten ihre teils satten Gewinne aus dem Vorjahr, als der Immobilienindex EPRA Germany um etwa 30 % hoch geschnellt war, mitgenommen hatten, böten sich nunmehr wieder Chancen. Dabei empfehlen Remke wie Kurz eher Investments in Gewerbeimmobilien-AGs als in Wohnungsvermieter, da bei Ersteren das Aufholpotenzial höher sei. Der Aktienkurs notiert also niedriger als der Nettovermögenswert NAV (Net Asset Value), während es bei Wohnimmobilien-AGs eher umgekehrt sei.Bei Gewerbeimmobilien sind auch die Renditen höher – allerdings auch das Risiko nicht vermieteter Flächen. Solange jedoch noch der Euro, das Öl und die Zinsen niedrig seien, sollte sich die Gefahr einer deutlichen Konjunkturabschwächung hierzulande, und damit drohende höhere Leerstände bei Büros in engen Grenzen halten, ist Kurz zuversichtlich.Zudem gelte für alle Immobilien-AGs, dass die Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich profitabler geworden seien, betont Remke. Zugleich hätten sich die Unternehmen mit Refinanzierungen die günstigen Zinsen für die nächsten Jahre gesichert, womit sie die Verschuldung im Griff hätten. Fundamental dürften Zinserhöhungen somit zumindest kurz- und mittelfristig keine Auswirkungen auf die Branche haben. “Nicht gerade billig”Genauso wenig wie die Hellas-Krise fundamentale Folgen für den hiesigen Immobilienmarkt haben dürfte, ist Frank Pörschke überzeugt, der Deutschland-Chef des Immobilienmaklers JLL Jones Lang LaSalle. Da überall auf der Welt mehr Kapital Anlage sucht und die Anlagealternativen wegen der niedrigen Zinsen wenig rentierlich seien, blieben Immobilien sehr attraktiv. “All das spricht dafür, dass die Nachfrage nach Immobilien – gerade in einem stabilen Land wie Deutschland – hoch bleiben wird.” Und damit auch die Nachfrage nach Aktien von Immobilienwerten – auch nach denen von Börsenkandidaten wie Ado, sollte man meinen. Wobei generell gilt, dass die Preise – und zwar egal ob direkt für Immobilien oder indirekt für Immobilien-Aktien oder -Fonds – seit geraumer Zeit “nicht gerade billig sind”, urteilt Thomas Beyerle, Head of Research beim Immobiliendienstleister Catella. “Ab 2 Prozent tut’s weh”Gleichwohl ist seit etwa Jahresbeginn “die Unsicherheit einfach da”, beobachtet Remke. Mit den ersten, ganz vorsichtigen Zinserhöhungen kommen die von Pörschke beschworenen Alternativen wieder zurück – und die Stimmung dreht mehrheitlich in Richtung Abwarten. Das kritische Zinsniveau, ab dem Anleger “den Rückwärtsgang einlegen” und Immobilien wieder in Bundesanleihen tauschen, sieht Kurz hierzulande bei 1,5 bis 2 % für zehnjährige Bundespapiere – “ab 2 % wird’s wehtun”, ist sich der Ellwanger-Experte sicher.