Hellofresh schluckt Factor75
hek Frankfurt – Der Kochboxversender Hellofresh baut das Geschäft in seinem wichtigsten Markt USA mit einer Übernahme aus. Das Berliner Unternehmen kauft für bis zu 277 Mill. Dollar den Anbieter von fertigen Mahlzeiten Factor75, der im laufenden Jahr rund 100 Mill. Dollar Umsatz erreicht. Hellofresh gehe den nächsten Schritt in seiner US-Wachstumsstrategie und baue Führungsposition und Absatzmarkt aus, teilt der Konzern mit.Die Transaktion ist als Bardeal angelegt, dessen Vollzug in den nächsten Monaten erwartet wird. Dann werden 177 Mill. Dollar Kaufpreis fällig. Die restlichen 100 Mill. Dollar entfallen auf eine erfolgsabhängige Preiskomponente, die nur bei Erreichen festgelegter Finanzkennzahlen ausgezahlt wird, und das Anreizprogramm für das Management. Für den ergebnisabhängigen Teil übernimmt Hellofresh nach eigenen Angaben eine Garantie.Factor75 ist auf fertige, frische Mahlzeiten spezialisiert, die der Kunde in der Mikrowelle oder im Backofen aufwärmen kann. Anders als bei den Kochboxen, welche die abgemessenen Zutaten und das Rezept für ein Gericht enthalten, erübrigt sich das Kochen. Factor75 stehe für “ausgewogene Ernährung und guten Geschmack in Restaurantqualität”, versichert Hellofresh. Die Akquisition schaffe Synergien sowohl in der Lieferkette als auch im operativen Geschäft. Die in Batavia (Illinois) ansässige Factor75 wurde 2013 gegründet.Hellofresh profitiert derzeit massiv von der Corona-Pandemie, weil viele Menschen vermehrt zu Hause essen. In den ersten neun Monaten wurde der Umsatz auf 2,64 Mrd. Euro verdoppelt. Mit 1,49 Mrd. Euro entfiel davon mehr als die Hälfte auf den US-Markt, wo Hellofresh mit der kriselnden Blue Apron konkurriert. Insgesamt ist der im MDax notierte Konzern in 14 Ländern vertreten. Er sieht sich sowohl in den USA als auch weltweit als Marktführer. Für das Gesamtjahr stellt das Management eine Verdoppelung des Umsatzes auf Basis konstanter Wechselkurse in Aussicht. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wird jetzt bei 12 % der Erlöse angesiedelt.Die sogenannten Ready-to-eat-Angebote bezeichnet Hellofresh als aufstrebendes Geschäft, das in den kommenden Jahren zu einer Milliarden-Dollar-Kategorie heranwachsen könne. Eine zusätzliche Produktionsstätte, deren Inbetriebnahme ansteht, erweitere die Kapazität erheblich, so dass künftig Mahlzeiten im Wert von über 500 Mill. Dollar produziert werden könnten. Analysten skeptischDennoch konnte Hellofresh an der Börse keine Pluspunkte sammeln. Die Aktie gab am Montag im Handelsverlauf 3 % nach. Dazu trug eine skeptische Studie von J.P. Morgan bei. Die US-Bank hält es für zunehmend schwierig, die Zahl der Stammkunden weiter nennenswert zu steigern. Rothschild & Co. hat Factor als Finanzberater in dem Deal unterstützt, während Kirkland & Ellis in Rechtsfragen zur Seite steht. Für Hellofresh arbeitet die Kanzlei Sullivan & Cromwell.