Herr Zuckerberg sucht das Glück
Das soziale Netzwerk Facebook hat eine verbesserte Suchfunktion für die Mitglieder der größten Internetgemeinde vorgestellt. Doch auch Microsoft, Apple und Amazon versuchen, der Suchmaschine von Google Werbekunden auf dem größten Anzeigenmarkt im Internet abspenstig zu machen.Von Stefan Paravicini, Frankfurt “Ist Facebook jetzt doch noch nützlich geworden?”, fragte Farhad Manjoo, Autor des Magazins “Slate”, in der Nacht zum Mittwoch auf der Internetseite der Online-Publikation. Kurz zuvor hatte Mark Zuckerberg, Gründer und CEO von Facebook, am Firmensitz in Menlo Park, Kalifornien, eine Suchfunktion für das soziale Netzwerk vorgestellt, mit der die gut eine Milliarde Mitglieder der größten Internetgemeinde gezielter durch die Inhalte stöbern können, die sie und ihre Freunde in den acht Jahren seit der Gründung von Facebook auf ihre Profilseiten geladen, kommentiert und mit anderen Inhalten verknüpft haben.Zunächst stehe die neue Funktion “Graph Search” allerdings nur einigen Tausend Nutzern zu Verfügung, sagte Zuckerberg, der mit Facebook im Mai vergangenen Jahres an der Börse gestartet war und seither nach neuen Erlösquellen sucht, um die bislang wenig verwöhnten Anleger trotz Versäumnissen bei der Strategie für mobile Endgeräte wieder zuversichtlich zu stimmen. Suchen die Nutzer nach Inhalten, die in den mehrheitlich unstrukturierten Daten auf den Seiten des sozialen Netzwerks nicht zu finden sind, übernimmt Bing, die Suchmaschine des Softwareherstellers Microsoft, die Anfrage. Graph Search begnüge sich ganz auf die Inhalte innerhalb des sozialen Netzwerks . Der Heilige GralVom Nutzen für die Facebook-Gemeinde einmal abgesehen ist unstrittig, dass Facebook mit einer verbesserten Suchfunktion ein erhebliches Erlöspotenzial anbohrt. Der Anzeigenmarkt rund um die Internetsuche ist mit rund 50 Mrd. Dollar der größte Online-Werbemarkt. Aktuell wird er von Google dominiert, die weltweit zwei Drittel des Marktes beherrscht. In den USA und Europa, wo die wohl bekannteste Suchmaschine gut drei Viertel bzw. fast vier Fünftel der Einnahmen für sich verbuchen kann, hat das bereits die Wettbewerbsbehörden auf den Plan gerufen. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia will noch im Frühjahr über ein mögliches Verfahren gegen den Konzern entscheiden.Hinter Google suchen bisher Microsoft mit Bing und der Internetpionier Yahoo (“Yet Another Hierarchical Officious Oracle”) den Anschluss bei der Internetrecherche. Mit Facebook wagt sich ein neuer Spieler auf das Gebiet der Internetsuche, den “Heiligen Gral der Internetunternehmen”, wie es Patrick Riley ausdrückt, Gründer des Suchspezialisten Ark, der zuletzt auch von Facebook umworben wurde. “Jeder will den ultimativen persönlichen Assistenten”, sagt Riley. “Stell ihm irgendeine Frage, und er gibt dir die richtige Antwort.” Facebook habe dabei den Vorteil, die über Jahre aufgehäuften, teils sehr persönlichen Daten ihrer Gemeinde nutzen zu können. “Kein anderes Unternehmen hat diese Art von sozialen Daten.” Auch Google nicht, deren Börsenwert sich nach der Ankündigung von Facebook trotzdem kaum bewegte und ungefähr beim Vierfachen der Marktkapitalisierung von Facebook liegt (siehe Tabelle).Das soziale Netzwerk ist übrigens nicht der einzige Wettbewerber, der sich in den vergangenen Monaten tiefer in das von Google dominierte Terrain vorgewagt hat. Auch Apple , der wertvollste unter den Konzernen, die im (mobilen) Internet mit ihren Diensten dominieren, versucht etwa mit Siri (Speech Interpretation and Recognition Interface) auf den Mobiltelefonen aus dem eigenen Haus, Google möglichst viele Suchanfragen abspenstig zu machen. Dass die jüngste Version des iPhone zugunsten eigener, wenn auch noch nicht ganz ausgereifter Angebote auf den Kartendienst von Google verzichtet, passt da ins Bild.Amazon, die einmal als Online-Buchhandlung gestartet ist und mittlerweile so gut wie alles im Internet verkauft, ist der Suchmaschine von Google vor allem mit Blick auf Werbekunden ebenfalls zu einem ernsten Rivalen erwachsen. “Google weiß, wonach Du im Internet suchst, Amazon weiß, was Du über das Internet gekauft hast”, bringt es Marcus Wohlsen im Online-Magazin “Wired” auf den Punkt. Für Anzeigenkunden ist die zweite Information im Zweifel von größerem Interesse. Denn auch die Lotsenfunktion hat Google zum Teil an Amazon verloren. Nach Angaben des Marktforschers Forrester beginnt fast ein Drittel der Online-Käufer in den USA ihre Suche mittlerweile auf den Seiten des gelernten Buchhändlers. Alle gegen alleDer Kampf um die Anzeigenkunden rund um die Internetrecherche ist nur eines der Gefechte, die die Giganten (siehe Grafik) untereinander austragen. Ob bei Betriebssystemen für Smartphones und Tabletrechner, beim Angebot von eigenen mobilen Endgeräten und der Entwicklung von Plattformen, die Entwickler, Konsumenten und Werbekunden anziehen – auf allen Gebieten geraten die fünf Konzerne auf die abgesteckten Claims der anderen. Jüngstes Beispiel ist der Streit von Apple und Amazon um den Begriff “App Store”, in dem ein US-Gericht die Parteien erst am Montag zu einer neuen Verhandlungsrunde verdonnert hat.