Hightech-Firmen landen im Inland

M & A-Aktivitäten in der Branche ziehen an - Transaktionsvolumen sinkt - Finanzinvestoren häufiger beteiligt

Hightech-Firmen landen im Inland

Deutsches Know-how und vielversprechende Geschäftsideen landen regelmäßig in den Händen ausländischer Investoren, lautet die einhellige Meinung von Politik und Wirtschaft. Steuerliche Erleichterungen für Risikokapitalgeber und ein neues Börsensegment sollen den “Ausverkauf” von jungen Hightech-Unternehmen stoppen. Doch die landen ohnehin meist in den Händen von inländischen Investoren, wie die Transaktionsdaten der vergangenen Jahre zeigen.Von Stefan Paravicini, FrankfurtDeutschland muss den Ausverkauf von jungen Hightech-Unternehmen ins Ausland stoppen, heißt es derzeit unisono in Politik und Industrie, wenn von der Zukunft des Wirtschaftsstandorts die Rede ist. Risikokapitalgeber und Unternehmensgründer müssen dazu steuerlich entlastet werden, lautet eine zentrale Forderung. Ein neuer “Neuer Markt” soll jungen Unternehmen bald den Gang an die Börse erleichtern, wünscht sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Zukunftsträchtige Geschäftsideen aus Deutschland dürfen auf der Suche nach Kapital jedenfalls nicht länger leichte Beute ausländischer Investoren sein, so die einhellige Meinung. Von Ausverkauf keine SpurVon einem Ausverkauf deutscher Hightech-Unternehmen kann zumindest in den Jahren seit 2004 aber keine Rede sein. Eine Auswertung von Transaktionen unter Beteiligung deutscher Firmen aus den Branchen Elektronik, Halbleiter, Software, Hardware, Glasfaserkabel und Netzbetreiber durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat jedenfalls ergeben, dass in diesem Zeitraum fast zwei Drittel der Investoren bei deutschen Hightech-Firmen aus dem Inland stammten. Nicht einmal jeder achte Käufer kam aus dem gelobten Hightech-Land USA (siehe Grafik).”Die oft vorherrschende Meinung, dass deutsches Know-how verstärkt ,ans Ausland’ verkauft wird, bestätigt die vorliegende Analyse nicht”, sagt Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC in Deutschland, auf Anfrage der Börsen-Zeitung. In den vergangenen zehn Jahren sei außerdem die Mehrheit der deutschen Investoren auf der Suche nach attraktiven Hightech-Zielunternehmen in Deutschland fündig geworden. Sieben von zehn ihrer M & A-Transaktionen zielten gemäß der Auswertung von PwC auf eine Beteiligung an einem heimischen Unternehmen. Nur bei 12 % ihrer Deals ging es demnach um eine US-Gesellschaft.Zuletzt hätten die M & A-Aktivitäten am Hightech-Standort Deutschland wieder zugenommen, heißt es in der Studie von PwC, die sich auf Daten von Thomson Reuters und Mergermarket stützt. Geht es im Tempo der ersten neun Monate weiter, rechnen die Analysten im laufenden Turnus mit fast 300 Deals unter Beteiligung von deutschen Hightech-Unternehmen. Das entspräche einem Zuwachs von gut einem Zehntel im Vergleich zum Vorjahr.Das Transaktionsvolumen erwarten die Studienautoren in der Größenordnung von 6 Mrd. Euro und damit deutlich unterhalb des Vorjahreswerts. Der Transaktionswert bleibe in vielen Fällen ganz verborgen, so dass es über die Jahre immer wieder zu erheblichen Diskrepanzen zwischen der Entwicklung von Deals und Deal-Volumen komme, geben die Berater in ihrer Analyse zu bedenken. Abgesehen von einigen wenigen Mega-Deals mit einem Transaktionswert von mehr als einer Milliarde Euro sei die Branche geprägt von kleineren Übernahmen. Trend zur DigitalisierungEinen Grund für die steigende Zahl von Transaktionen sieht PwC im wachsenden Einfluss des Trends zur Digitalisierung von Geschäftsmodellen. Um ihr digitales Geschäft auszubauen, würden deutsche Unternehmen Teile des dazu nötigen Know-hows über Fusionen und Übernahmen zukaufen. Neben diesen strategischen Investments spielten zuletzt auch die Beteiligungen von Finanzinvestoren an deutschen Hightech-Firmen eine zunehmend wichtige Rolle. Im laufenden Jahr werden Beteiligungsgesellschaften bei einem Drittel der Transaktionen ihre Finger im Spiel haben, erwartet PwC. 2004 waren sie gerade an 15 % der M & A-Deals in der deutschen Hightech-Branche beteiligt.Diese Entwicklung könnte freilich auch damit zu tun haben, dass immer mehr deutsche Unternehmen sich mit eigenen Venture-Capital-(VC-)Gesellschaften an jungen Unternehmen beteiligen. Sie wollen Zugang zu neuen Geschäftsideen und Technologien, eine Beteiligung aber nicht gleich auf die eigenen Bücher nehmen. Die Interessen dieser Corporate-VC-Gesellschaften sind dennoch strategisch geprägt. Nur die VC-Gesellschaft des Softwarekonzerns SAP, die mittlerweile als Sapphire Venture firmiert, um die Unabhängigkeit von der Muttergesellschaft zu unterstreichen, ist rein an finanziellen Zielen orientiert.Auch für Unternehmen ohne eigene Venture-Gesellschaft sind Investments in Hightech-Unternehmen derzeit en vogue. An diesem Trend wollen auch Beratungsfirmen wie PwC verdienen. Sie fahnden auch in Deutschland etwa nach Geschäftsideen und möglichen Beteiligungen, die ihre Kunden für das digitale Zeitalter fit machen sollen.