Himmel über SAP zieht sich zu

Kunden wechseln rasant von Lizenz- zu Cloud-Software - Renditeschwäche überrascht - Aktienkurs fällt

Himmel über SAP zieht sich zu

Europas größter Softwarekonzern wächst in der Cloud schneller als erwartet, kann aber das Versprechen steigender Margen nicht halten. Der verschobene Umsatzmix drücke auf die operative Umsatzrendite, erklärt Finanzvorstand Luca Mucic. Die Investoren hören das nur ungern und schicken die SAP-Aktie auf Talfahrt.scd Frankfurt – “SAP ist das am schnellsten wachsende Unternehmen unter den großen Cloud-Anbietern im Unternehmenssoftwaremarkt”, stellt CEO Bill McDermott im Zwischenbericht zum dritten Quartal zufrieden fest. Doch der Erfolg in der Datenwolke hat zugleich dafür gesorgt, dass sich der Margenhimmel über SAP zunehmend zugezogen hat. Europas größter Softwarekonzern meldete für die Monate Juli bis September einen Rückgang der um Sonderposten bereinigten operativen Umsatzrendite um 0,4 Prozentpunkte auf 28,9 %. Marktbeobachter hatten laut Thomson Reuters im Schnitt mit einem Anstieg auf gut 30 % gerechnet. Konzernchef McDermott und Finanzvorstand Luca Mucic hatten zu Jahresbeginn für 2018 erstmals seit Jahren eine wieder steigende Marge in Aussicht gestellt.Ursächlich für den unerwarteten Rückgang ist laut Mucic der verschobene Umsatzmix (siehe nebenstehendes Interview). Im dritten Quartal war der Walldorfer Softwarekonzern in der Cloud wieder stärker gewachsen als erwartet. Der Umsatz mit Cloud-Subskriptionen und -Support zog währungsbereinigt um 41 % auf 1,32 Mrd. Euro an. Zugleich schrumpften die Erlöse aus dem margenträchtigen Verkauf von Softwarelizenzen um 8 % auf 937 Mill. Euro. In Summe steigerte SAP den Umsatz währungsbereinigt (Non-IFRS) um ein Zehntel auf 6,17 Mrd. Euro. Dazu trugen neben dem kräftigen Cloud-Wachstum auch erneut anziehende Wartungserlöse (+6 %) und Beratungsumsätze (+12 %) bei.Um das Cloud-Wachstum in den kommenden Quartalen abschätzen zu können, schauen Marktbeobachter meist auf die neuen Cloud-Bookings. Im zweiten Quartal hatten diese mit einem Wachstum von lediglich 24 % noch enttäuscht. Diesmal kam SAP auf 37 % und lässt damit wieder deutlich mehr Wachstum erwarten, auch wenn Mucic nach dem zweiten Quartal noch erklärt hatte, dass die Bookings nur begrenzt aussagefähig seien, weil sogenannte “Pay as You Go”-Aufträge (nicht fixierte Orders) gar nicht darin erfasst würden. Damit bleibt allerdings vor allem ein Upside-Risiko. Schon in den vergangenen Quartalen hatte SAP die Wettbewerber Oracle und Salesforce beim Cloud-Wachstum abgehängt. Mit dem höheren Expansionstempo dürfte sich das kaum verändert haben. Allerdings weist Oracle Cloud-Erlöse nicht mehr separat aus und hat zudem noch ein verschobenes Geschäftsjahr, so dass sich die Vergleichbarkeit schwierig gestaltet. Mucic räumte zudem in Bezug auf Salesforce – dem wichtigsten Wettbewerber bei Software zur Steuerung von Kundenbeziehungen – ein, dass dieser zwar deutlich geringere Wachstumsraten erreiche, dabei aber auch von einer viel höheren Basis komme. Alle Jahresziele angehobenDas Betriebsergebnis schrumpfte trotz des Erlösanstiegs um 6 % auf 1,24 Mrd. Euro. Mucic betont indes, dass die Margen der einzelnen Cloud-Segmente um Währungseffekte bereinigt dennoch gestiegen seien. Im Gesamtjahr erwartet SAP trotz des leichten Rückgangs im dritten Quartal mehr operativen Gewinn. Das Betriebsergebnis soll nun 7,425 Mrd. bis 7,525 Mrd. Euro erreichen. Das sind an beiden Enden der Spanne je 25 Mill. Euro mehr als bislang prognostiziert. Kräftiger angehoben wurden die Erlösprognosen. Im Cloud-Geschäft (Subskriptionen und Support) werden nun 5,15 Mrd. bis 5,25 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Das sind in der Mitte der Spanne 75 Mill. Euro mehr. Der Konzernumsatz soll 25,2 Mrd. bis 25,5 Mrd. Euro erreichen – gut 200 Mill. Euro mehr als bislang avisiert. Der Mittelfristausblick bis 2020 blieb vorerst unverändert. Den Investoren war das auf den ersten Blick offenbar längst nicht genug. Die SAP-Aktie verlor am Donnerstag gut 5,9 % an Wert. Damit war Europas größter Softwarekonzern der zweitschwächste Titel im deutschen Leitindex hinter Heidelberg Cement, die mit einer Gewinnwarnung kurz vor der Zahlenvorlage negativ überrascht hatte. Seit dem Jahreswechsel liegt die SAP-Aktie nun nur noch minimal im Plus.