Siemens Healthineers

Höhenflug hält an

Siemens Healthineers erhöht zum dritten Mal im Geschäftsjahr die Prognose für Umsatz und Gewinn. Der Sondereffekt der Antigen-Tests für Covid-19 läuft aber aus. Varian soll mehr Rendite liefern.

Höhenflug hält an

mic München

„Der Geschäftsverlauf im dritten Quartal war insgesamt außerordentlich positiv für uns.“ Dies erklärte Siemens-Healthi­neers-Vorstandsvorsitzender Bernd Montag in einer Presse-Telefonkonferenz. Rückenwind erhielt der Konzern von dem Boom der Antigen-Schnelltests für Covid-19 und der Erstkonsolidierung des US-Strahlentherapiespezialisten Varian. Außerdem lag im Vergleichsquartal 2020 die ökonomische Talsohle infolge der Pandemie, so dass der Umsatzanstieg besonders deutlich ausfiel.

Von April bis Ende Juni stiegen die Erlöse um 51% auf den Quartals­rekordwert von 5 Mrd. Euro; auf vergleichbarer Basis betrug das Plus 39%. Rund 600 Mill. Euro trugen die Antigen-Tests bei, weitere 591 Mill. Euro brachte die Erstkonsolidierung von Varian (siehe Grafik). Das Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz (Book-to-Bill) lag mit 1,18 trotz des Erlösrekordes so hoch wie in keinem anderen Quartal seit Beginn der Pandemie in Europa.

Healthineers verdoppelte das bereinigte Ebit auf 945 Mill. Euro. Die bereinigte Ebit-Marge betrug 18,8%. Höhere Abschreibungen, Transaktionskosten, Boni und Steuerzahlungen dämpften den Nettogewinn. Er kletterte um 46% auf 191 Mill. Euro und damit halb so schnell wie das operative Ergebnis.

Angesichts des Booms erhöhte Siemens Healthineers zum dritten Mal im Geschäftsjahr 2020/21 die Prognosen für Umsatz und Ergebnis. Die Erlöse sollen nun auf vergleichbarer Basis um 17 bis 19% steigen. In den ersten neun Monaten betrug das Plus 21% auf 12,8 Mrd. Euro. Bisher war ein Anstieg von 14 bis 17% avisiert worden. Für den erhöhten Optimismus sorgt nicht nur das Antigen-Geschäft, das das Umsatzplus in der Labordiagnostik-Sparte Diagnostics auf mehr als 35% (bisheriges Ziel: mehr als 25%) anschwellen lassen soll. Auch in der Sparte für bildgebende Systeme soll es besser als zuletzt erwartet laufen. Imaging werde den Umsatz um mehr als 9% statt mehr als 8% erhöhen.

Das Profitabilitätsziel wurde lediglich leicht hochgesetzt, indem das untere Ende für das bereinigte unverwässerte Ergebnis je Aktie angehoben wurde. Es soll nun zwischen 1,95 und 2,05 Euro landen, nachdem die Untergrenze zuvor 1,90 Euro betragen hatte. Im Vorjahr wurden auf vergleichbarer Basis 1,61 Euro erwirtschaftet, nach neun Monaten 2020/21 stehen 1,49 Euro zu Buche.

Finanzvorstand Jochen Schmitz begründete die Prognoseänderung nicht nur mit dem Erfolg der Schnelltests und dem Imaging-Wachstum, sondern auch mit dem höheren Beitrag­ des Zukaufs Varian. Der Umsatz soll zwischen 1,3 und 1,4 Mrd. Euro (bisher 1,2 bis 1,4 Mrd. Euro) landen. Die bereinigte Ebit-Marge wird 15 bis 17%  betragen und damit deutlich über den bisher anvisierten 12 bis 14% liegen. Ein Fragezeichen setzte Schmitz dagegen hinter das Ziel der Imaging-Sparte, die bereinigte Ebit-Marge um rund 1 Prozentpunkt zu steigern. Zwar erwartet er einen starken­ Geschäftsverlauf im vierten Quartal, doch sei für den kompletten Prozentpunkt ein Rekordquartal von Juli bis Ende September erforderlich.

Höhere Mittelfristziele

Healthineers-Chef Montag kündigte auf Nachfrage an, dass das bisherige Wachstumsziel von mehr als 5% über den Zyklus erhöht werde. Er deutete an, dass dies auf dem Kapitalmarkttag im November geplant ist. Treiber sei auch der Zusammenschluss mit Varian. Für den Einfluss der Pandemie gelte:  Er glaube nicht, dass sich die Zahl der Untersuchungen – ein wichtiger Treiber des Healthineers-Geschäfts – langfristig ändere.

Zumindest vorerst rechnet der Vorstand nicht damit, dass Siemens Healthineers weiterhin vom Boom der Schnelltests profitiert. In den ersten neun Monaten setzte der Konzern mit den Tests, die vor allem an die öffentliche Verwaltung in Deutschland gingen und die nicht in Apotheken verkauft wurden, 920 Mill. Euro um – davon 600 Mill. Euro im dritten Quartal. Im Geschäftsjahr rechnet Healthineers nun mit rund 1 Mrd. Euro Umsatz. Montag begründete das Auslaufen damit, dass die Aufträge der öffentlichen Hand – die häufig für Schulen eingekauft hat – deutlich sänken. Das Preisniveau sei auf einem anderen Level als zu Beginn der Pandemie. Dieser Rückgang sei richtig. Schmitz wies darauf hin, dass zudem das vierte Geschäftsquartal von den Schulferien geprägt sei.

Den Erfolg von Siemens Healthi­neers in Deutschland mit den Schnelltests – der Umsatz der Diag­nostics-Sparte stieg in neun Monaten hierzulande um 116% – begründete Montag mit zwei Entwicklungen. Erstens habe Healthineers sehr früh die regulatorische Genehmigung für die Verbreitung der Tests erhalten, außerdem sei man ein sehr verlässlicher Partner für die Verwaltung gewesen. In der Diagnostics-Sparte strebt Siemens Healthineers eine bereinigte Ebit-Marge im gesamten Geschäftsjahr von mehr als 10% an. Nach neun Monaten waren es 15,2%.

Varian sei ein „exzellenter Start ins Siemens-Healthineers-Team gelungen“, sagte Montag. Von der Erstkonsolidierung am 15. April bis Ende Juni wurden 591 Mill. Euro erlöst, die Marge betrug 16,6%. Normalisiert habe sie 15% betragen, ergänzte Schmitz. Das prozentuale Umsatzwachstum habe organisch im mittleren Zehnerbereich gelegen, 9000 Strahlentherapie-Geräte seien installiert, erklärte Montag.

Die Sparte Diagnostics sei im dritten Quartal ohne Antigen-Test-Sondereffekt wie im Halbjahr solide gewachsen und habe die Marge des Halbjahres gehalten, sagte Schmitz. Die neue Plattform Atellica gewinne großvolumige Ausschreibungen häufiger als kleinere Deals, erklärte Montag.

Siemens Healthineers
Konzernzahlen nach IFRS*

  9 Monate 

in Mill. Euro

2020/21

2019/20

Umsatz

12 83310 584
Forschung/Entwickl.10631002
Vertrieb/Verwaltung1962 1714
Gewinn vor Steuern18081404
Nettoergebnis1280990
Ergebnis je Aktie (Euro)1,160,98
*) Geschäftsjahr endet am 30. September; Vorjahres­zahlen enthalten nicht Varian-Zahlen.Börsen-Zeitung
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