Hohe Risiken für Air-Berlin-Käufer

Zwischen Vertragsunterschrift und kartellrechtlicher Freigabe darf der Erwerber nur zahlen

Hohe Risiken für Air-Berlin-Käufer

Heute endet die Frist, in der Interessenten Angebote für die insolvente Air Berlin oder Teile von ihr abgeben können. Die Anzeichen mehren sich, dass der Verkaufsprozess schwierig sein wird. Denn auf mögliche Käufer kommen zunächst vermutlich hohe Kosten für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebes zu.Von Lisa Schmelzer, FrankfurtDie Liste derer, die heute tatsächlich ein bindendes Angebot für Air Berlin oder Teile der insolventen Fluglinie abgeben, könnte sehr kurz ausfallen. Denn der vorab an die Investoren ausgegebene Prozessbrief, in dem unter anderem der weitere Verfahrensablauf festgelegt wurde, enthält dem Vernehmen nach einige Details, die manchen Interessenten abgeschreckt haben könnten. Knackpunkt sei, dass vorgesehen ist, dass der Erwerber von Air Berlin das wirtschaftliche Risiko trägt, sobald die Übernahmeverträge unterzeichnet sind, ist in Branchenkreisen zu hören. Diese Vertragsunterzeichnung soll bisherigen Planungen nach bis Ende Oktober erfolgt sein. Damit kommt auf einen Käufer eine monatelange Durststrecke zu, in der er zwar Betriebsmittel zur Verfügung stellen muss, das Unternehmen – oder Teile davon – aber nicht einer Restrukturierung unterziehen kann, um die derzeit eingeflogenen Verluste einzugrenzen. Denn bis zur kartellrechtlichen Freigabe dürften mindestens drei Monate ins Land gehen, und so lange gilt wohl das sogenannte Vollzugsverbot – der Betrieb wird also mehr oder weniger in der bisherigen Form fortgeführt, vermutlich vom derzeitigen Insolvenzverwalter Frank Kebekus.Deshalb treibt Investoren die Frage um, wie in dieser Zwischenzeit die Liquidität von Air Berlin sichergestellt werden kann. In Branchenkreisen wird davon ausgegangen, dass ein Käufer dafür mit Zusatzkosten von um die 100 Mill. Euro rechnen muss. Denn die Mittel aus dem Kredit über 150 Mill. Euro, für den die Bundesregierung gebürgt hat, dürften spätestens im November aufgebraucht sein. Erwerber müssen bei der Kalkulation für ihren Kaufpreis dieses Risiko also einpreisen, was den Interessentenkreis eingrenzen könnte.Selbst von der Lufthansa, die als aussichtsreicher Kandidat für die Übernahme eines großen Teils der Air Berlin gilt und zudem finanzstark ist, wird heute vermutlich noch kein bindendes Angebot in Berlin eingehen. Zu viele Fragen seien noch unbeantwortet, heißt es in Unternehmenskreisen. So ist es neben der Liquiditätssicherung für die Verantwortlichen der größten deutschen Airline entscheidend, was mit den Start- und Landerechten der Air Berlin geschieht. Werden Unternehmensteile übernommen, gehen diese sogenannten Slots an den neuen Eigentümer über, aber was passiert, wenn nur einzelne Flugzeuge den Leasingnehmer wechseln? Eine Möglichkeit, über die wohl nachgedacht wird, ist, diese Flieger in einem der nicht von der Insolvenz betroffenen Teile der Air Berlin zu bündeln, also etwa bei der Luftfahrtgesellschaft Walter, die Air Berlin erst im Juni übernommen hat. Diesen Teilbetrieb könnte dann Lufthansa kaufen, inklusive der dort angehängten Slots sowie einiger Mitarbeiter. Lauda hilft CondorWeil trotz der vielen offenen Fragen die Zeit drängt, wird wohl spätestens Anfang übernächster Woche vom Aufsichtsrat der Air Berlin entschieden, mit welchen Interessenten weiter verhandelt wird, um aus unverbindlichen Angeboten verbindliche Verträge zu machen. Allerdings dürfte es dem Insolvenzverwalter vermutlich nicht gelingen, für sämtliche Teile der Air Berlin Käufer zu finden. “Die teuren LTU-Piloten will keiner haben”, heißt es in Branchenkreisen. Die nicht zu verkaufenden Reste der Fluggesellschaft müssten dann vermutlich sehr zeitnah den Betrieb einstellen.In Sachen Air Berlin verbündet haben sich unterdessen der Reisekonzern Thomas Cook und der ehemalige Besitzer der Air-Berlin-Tochter Niki, Niki Lauda. Offiziell bestätigt wurde das allerdings nur vom Ex-Rennfahrer. Bei Thomas Cook war nur zu hören, man prüfe alle Optionen. Grund für das neue Bündnis dürfte auch der Finanzmittelbedarf sein, der bei dem Zukauf in Berlin auf den Reisekonzern zukommt. Zwar hatte man sich in jüngster Vergangenheit stets zuversichtlich gezeigt, die notwendigen Mittel aufbringen zu können, dies dürfte aber angesichts der Verschuldung des Konzerns beileibe kein Selbstläufer sein. Auch bei der Flugtochter Condor läuft nach den Verlusten des Vorjahres derzeit ein Restrukturierungsprogramm. Den Deal mit Air Berlin dennoch zu stemmen dürfte mit Hilfe eines zusätzlichen Geldgebers – Lauda – leichter fallen.Lauda will an einem Konsortium mit Thomas Cook und Condor 51 % der Anteile halten, wie er dem “Kurier” sagte. Dem Blatt zufolge wollen Lauda und seine Partner neben der von Lauda selbst gegründeten Air-Berlin-Tochter Niki zusätzlich 17 Maschinen von Air Berlin übernehmen. Geplant ist demnach, ausschließlich touristische Ziele auf der Kurz- und Mittelstrecke anzufliegen.—– Personen Seite 16